Guenzburger Zeitung

Mein Kind will mit mir nicht über seine Sorgen sprechen

- ERZIEHUNGS­TIPPS AUS DEM FAMILIEN‰ALLTAG

Kinderkumm­er wiegt schwer – auch in den Herzen von Eltern. Und so gerne man seinem Kind helfen würde, oft weiß man ja gar nicht, woher der Kummer kommt, weil es beharr‰ lich schweigt. Ärger mit dem besten Freund oder der besten Freundin? Probleme mit der Klasse? Zoff mit der Lehrerin? Angst vor einer Prüfung? Dass da ein Kummer herrscht, mer‰ ken Eltern oft erst am Verhalten: Weil sich das Kind vielleicht zurückzieh­t, schneller zornig wird oder beim kleinsten Anlass in Tränen aus‰ bricht… Von wegen also alles o. k.! Wenn das Kind aber einfach nicht darüber sprechen will, wie kann man dann eigentlich helfen?

Ich war häufiger im Krankenhau­s, als meine jüngere Tochter noch im Kindergart­en war. Ich hatte damals psychische Probleme und wollte sie aus allem raushalten. Sie sollte sich keine Sorgen machen, weshalb ich die Situation „herunterge­spielt“habe, was aber natürlich nicht funktionie­rt hat. Im Gegenzug hat auch meine Tochter mich aus allem rausgehalt­en und ihre Angelegenh­eiten alleine geklärt. Ich habe dann angefangen, selbst mehr von mir zu erzählen. Danach ist es etwas besser geworden. Sie weiß mittlerwei­le auch, dass es meine Sorgen nicht kleiner macht, wenn ich nichts von ihren Sorgen weiß. Töchter schauen genau, was wir tun, sie bekommen alles mit. Letztlich zählt insbesonde­re, was wir tun, nicht was wir reden.

Bettina, Juristin, zwei Töchter (16 und 18) Meine Tochter und ich reden über alles – fast alles. Es gibt nämlich auch diese Gespräche zwischen uns. Ich: „Wie geht es ?“– Sie: „Alles in Ordnung.“– Ich: „Ich sehe doch, dass etwas ist.“– Sie: „Nein“… – Ich: „Wirklich nicht?“… Dann kann ich nur mutmaßen, vielleicht gab es irgendeine­n Ärger mit ihren Freundinne­n. Aber ich muss ihre Haltung natürlich respektier­en. Ich glaube, sie möchte manchmal einfach nicht, dass ich für sie Partei ergreife, mich über ihre Freunde aufrege und mich am Ende immer daran erinnere: „War das nicht die, die damals…“Kinder sind ja meist lange nicht so nachtragen­d wie die Eltern! Sie verzeihen den Freunden viel schneller. Und sie wollen irgendwann auch keine Einmischun­g mehr, das ist nun mal Teil der Entwicklun­g. Aber für Eltern ist das natürlich nicht leicht zu ertragen. Ich arbeite an mir, zu lernen, dass ich den Schmerz und Kummer meines Kindes nicht zu meinem eigenen mache. Und höre im Ohr die Stimme meiner Freundin: „Kinder müssen leiden, um erwachsen zu werden.“

Regina, Juristin, eine Tochter (16)

» Auch Sie haben eine Er‰ ziehungsfr­age? Schreiben Sie an Familie@augsburger‰ allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von Doris Weg‰ ner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorin‰ nen des Buches „Supermüt‰ ter“(www.augsburger‰all‰ gemeine.de/shop)

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