Guenzburger Zeitung

Man möchte Vater diese Spieler sein

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger‰allgemeine.de

Giovanni Trapattoni verdankt die Welt ihr Wissen darüber, was ein Trainer ist: „Ein Trainer ist nicht ein Idiot. Ich bin müde, Vater diese Spieler, eh, verteidige immer diese Spieler. Habe immer die Schulde über diese Spieler.“Kurz und gut: Ein Trainer ist ein armes, hoch bezahltes Schwein. Mag er sich als Vater der Spieler fühlen, so ist er nicht einmal deren Onkel. Und wenn es auf dem Platz nicht läuft, ist er auch bald nicht mehr ihr Trainer. Die Sätze des ehemaligen Bayern-Trainers Trapattoni aus dem Jahr 1998 sind als „Wutrede“in die deutsche Geschichte eingegange­n.

Umso interessan­ter, dass Leverkusen­s Trainer Peter Bosz vergangene Woche ganz allein die „Schulde über seine Spieler“nach dem 3:4 in der Europa League gegen Young Boys Bern auf sich geladen hat. Mit dieser Last ist er gen Augsburg gezogen. Das schöne am Fußball ist ja, dass man „die Schulde“, so schnell man sie sich aufgeladen hat, auch wieder loswerden kann. Dafür allerdings sollte man eine Niederlage mit einem Sieg tilgen. Am besten mit einem überzeugen­den, nicht mit einem Unentschie­den in allerletzt­er Sekunde, das dem Präsidente­n und Manager vorher 90 Minuten lang plus den vier Minuten Nachspielz­eit den Angstschwe­iß auf die Stirn treibt. Das sind nicht die Leverkusen­er Ansprüche. Schließlic­h war Bayer vor kurzem noch erster Bayern-Jäger.

Und Augsburg? Dort hatte Stefan Reuter unter der Woche ein bemerkensw­ertes Interview in dieser Zeitung gegeben, in dem er trotz der bedrängten Situation und beharrlich­en Nachfragen­s kein Jota von Heiko Herrlich abrücken mochte. Vielleicht führt der HerrlichWe­g, auch wenn er oft nicht schön anzusehen ist, mit solcher Rückendeck­ung direkt zum Klassenerh­alt. Der Punkt gegen Bayer hat geholfen. Nächste Woche drei gegen Mainz sind wichtiger. Die 05er sind von den Abgeschrie­benen auferstand­en, seit Bo Svensson dort auf der Bank sitzt. Der Däne ist eines der wenigen Beispiele, wo sich ein Trainerwec­hsel in schier aussichtsl­oser Lage bezahlt gemacht hat. Das 2:1 gegen Gladbach in der Woche des angekündig­ten MarcoRose-Abgangs nach Dortmund könnte für die Borussia der Beginn einer von vielen Talfahrten sein, den solche Rochaden auslösen. Man darf getrost einen Euro darauf wetten, dass Rose das Saisonende in Gladbach nicht erlebt. Die Borussia tendiert schon jetzt gegen Mittelfeld – und sollte doch eigentlich die Champions-League-Ränge anvisieren. Dort, wo Leipzig, Wolfsburg und Frankfurt stehen. Ja, Frankfurt. Der famose Bezwinger schwächeln­der Bayern, die momentan beste Mannschaft der Liga. So schwungvol­l und erfrischen­d, wie die Eintracht spielt, möchte man „Vater diese Spieler“sein.

 ??  ?? G. Trapattoni
G. Trapattoni
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany