Warum Ursberg für das DominikusRingeisenWerk wichtig bleibt
Geistlicher Direktor Walter Merkt erklärt, in welcher Form sich die Einrichtung in Zukunft entwickeln wird
Herr Merkt, Sie haben in den letzten 17 Jahren das Dominikus-RingeisenWerk (DRW) als Geistlicher Direktor geleitet und tragen bis zum Ende des Jahres Verantwortung für mehr als 4500 Mitarbeiter und nahezu 5000 Menschen mit besonderen Lebensherausforderungen. Was war für Sie im Rückblick ein Erlebnis, das Ihnen prägend in Erinnerung blieb?
Walter Merkt: Erlebnisse gibt es viele, die mir in Erinnerung bleiben. Das Besondere im Dominikus-Ringeisen-Werk sind aber die Menschen. Zum einen die Menschen mit Behinderungen, die eine ganz besondere Kultur des Miteinanders und Zusammenlebens entwickelt haben und pflegen. Es ist ein sehr gutes Beispiel, wie eine Gemeinschaft leben und zum Wohl des Einzelnen beitragen kann, indem jeder Rücksicht auf den anderen nimmt, so gut er kann. Zum anderen ist es die Haltung, die viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prägt. Sie wissen, dass sie für Menschen, die Hilfe und Unterstützung benötigen, da sind. Sie sind bestrebt, dass es diesen Menschen gut geht. Sie erkennen, im Helfen und Geben werde ich selbst beschenkt.
Das DRW erfuhr und erfährt gerade in jüngerer Zeit einen beträchtlichen Wandel. War früher Ursberg der zentrale Mittelpunkt, so erhöht sich heute die Zahl der Außenstellen stark. Es gibt immer mehr neue Standorte auch in größerer Entfernung. Beispiele dafür finden sich in Krumbach, aber auch in Mindelheim, Vöhringen und Augsburg. Was bewegt das DRW zu dieser Entwicklung?
Merkt: Sie bemerkten richtig, dass auch in größerer Entfernung von Ursberg neue Einrichtungen entstanden sind. So sind es zum Beispiel circa 300 Kilometer bis zu unseren Einrichtungen in Aschaffenburg (Unterfranken) und nicht viel weniger zu unseren Häusern in Kochel am See (Oberbayern). Die ganze Landschaft der Unterstützungsangebote für Menschen mit Behinderungen hat sich gewandelt. Waren es früher allein große Zentren, in die von weit her Menschen mit Behinderungen ziehen mussten, so gibt es heute eine Vielzahl von Möglichkeiten auch heimatnah Hilfen zu erhalten. Mussten früher die Menschen zu den Hilfsangeboten kommen, so kommt heute die Hilfe zu den Menschen. Damit verliert Ursberg als Lebensort und geschützter Raum keineswegs an Bedeutung. Das Gegenteil ist der Fall. Dies zeigen die Anfragen.
Auch wenn Ursberg die Verwaltungszentrale mit Schulen und Werkstätten bleibt, verringert sich damit denn die Zahl der in Ursberg betreuten Menschen?
Merkt: In den letzten 15 Jahren hat sich die Zahl der Menschen, die im
Dominikus-Ringeisen-Werk Ursberg wohnen und arbeiten, nicht wesentlich verringert. Die Vielzahl der Angebote hat sich gesteigert. Erwähnen darf ich hier besonders den ambulanten Bereich. In Ursberg gibt es eine große Anzahl verschiedener Einrichtungen. Es wird immer deutlicher, dass so eine große Vielzahl kostbar ist und eine besondere Lebenswelt für Menschen mit Behinderungen möglich macht.
Wie steht es nach der Schließung der Landwirtschaft und zuletzt der Bäckerei um die Zukunft von Gastwirtschaft und Brauerei sowie Gärtnerei und Klosterladen?
Merkt: Die Gastwirtschaft und Brauerei sind ein Angebot der St.
Josefskongregation. Ich gehe davon aus, dass die Schwestern diese Gesellschaft weiterführen, zumal die Wirtschaft einen ausgezeichneten Ruf in der ganzen Umgebung genießt.
Das Dominikus-Ringeisen-Werk war zu früherer Zeit weitgehend ein Selbstversorger mit einer bedeutenden Landwirtschaft und ausgedehnten Stallungen sowie einer Metzgerei und einer Bäckerei. Alle diese Bereiche dienten der eigenen Versorgung und wurden von den Schwestern selbst ausgeübt. Mit dem Rückzug der Schwestern wurden diese Bereiche Zug für Zug aufgegeben, weil sie durch andere besser und auskömmlicher geführt werden. Die Gärtnerei und der
Klosterladen werden auch in Zukunft vom Dominikus-RingeisenWerk betrieben, da dort Menschen mit Behinderungen attraktive Arbeitsmöglichkeiten erhalten. Verändert hat sich in letzter Zeit auch vieles in der Leitungsetage, verursacht durch den Rückgang der Schwestern bei der St. Josefskongregation. Sie zeigen sich dankbar, dass Diözesanbischof Meier mit Domvikar Martin Riß wieder einen Priester als Nachfolger von Ihnen bestimmt hat. Was wünschen Sie ihm zu seiner neuen Tätigkeit? Merkt: Ich wünsche Herrn Domvikar Riß Gottes Segen, Gottes Heiligen Geist und die Offenheit und das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ich dankbar erfahren durfte. Ich empfinde das Dominikus-Ringeisen-Werk als ein großes Team mit großartigen Menschen, die wissen, dass ihr Tun einen Sinn hat und die damit ein Ziel haben, an dem jeder mitwirken kann.
Sie selbst übernehmen beim diözesanen Caritasverband das Amt des Vorsitzenden. Bleibt Ihr privater Wohnbereich wie bisher Ursberg oder werden Sie künftig in Augsburg „residieren“? Merkt: Erlauben Sie, dass ich Sie in diesem Fall korrigiere. Der Caritasverband ist ein eingetragener Verein, bei dem die vielen unterschiedlichen karitativen Einrichtungen in der Diözese Augsburg Mitglied sind und der in eigener Verantwortung eine Vielzahl an Angeboten und Hilfen bietet.
Neben dem Caritasdirektor Domkapitular Dr. Andreas Magg, der die Tätigkeiten des Caritasverbands verantwortet und diesem vorsteht, gibt es eine Delegiertenversammlung mit Mitgliedern aus allen karitativen Bereichen der Diözese Augsburg und daneben den Caritasrat, der die Funktion eines Aufsichtsrates wahrnimmt. Der Bischof von Augsburg hat mich beauftragt, als Ruheständler den Caritasrat zu leiten. Ich freue mich über dieses Vertrauen, das mir entgegengebracht wird.
Interview: Hans Bosch