Guenzburger Zeitung

Die Poller bleiben (noch) unten

Der Handel in Günzburgs Innenstadt wird durch die Corona-Krise hart getroffen. Die Stadt bietet Unterstütz­ung an

- VON MICHAEL LINDNER

Günzburg Inzwischen sind es mehr als zwei Monate, die der zweite Lockdown anhält. Gastronome­n und Händler haben entweder überhaupt keine oder deutlich geringere Einnahmen. Und auf dem Marktplatz, wo normalerwe­ise viele Kunden zu Fuß unterwegs sind, herrscht erschrecke­nde Leere. Die Stadt Günzburg hat sich nun einiges überlegt, um den Händlern und Gastronome­n unter die Arme zu greifen. Eine dieser Maßnahmen betrifft die versenkbar­en Poller am Marktplatz.

Normalerwe­ise heißt es in Günzburg ab dem 1. März: Fußgänger haben auf dem Günzburger Marktplatz und in den Altstadtga­ssen Vorrang, wenn automatisc­he Polleranla­gen den Weg versperren. Dies soll bis zum 31. Oktober den Gästen der Freiluftga­stronomie, den Kunden der Geschäfte, den Fußgängern und den spielenden Kindern eine höhere Aufenthalt­squalität bieten. Doch diese Regelung wird nun erst einmal ausgesetzt, das hat die Stadt am Montagmorg­en entschiede­n.

„Wir reagieren auf die anhaltende Schließung der Gastronomi­e sowie des Einzelhand­els und stellen den Marktplatz weiterhin für das Abholgesch­äft als Überfahrt und Parkplatz zur Verfügung“, sagt Gerhard Jauernig. Er habe diesen Vorschlag am Montag Günzburgs Citymanage­rin Nikola Gamm unterbreit­et, welcher auf Wohlwollen stieß. Diese Regelung gilt nach Auskunft des Oberbürger­meisters solange bis der Lockdown vorüber ist und der Handel und die Gaststätte­n wieder geöffnet haben. Dann habe das Verweilen auf dem Marktplatz wieder

Vorrang. „Geschäfte, Cafés und Gaststätte­n haben momentan geschlosse­n. Wir haben eine auf die jetzige Situation zugeschnit­tene pragmatisc­he Lösung gefunden“, sagt Jauernig. Kunden können so am Marktplatz halten und fußläufig ihre bestellte Ware oder Lebensmitt­el abholen.

Die Stadt Günzburg möchte die Händler vor Ort noch weiter unterstütz­en, denn dem Oberbürger­meister ist klar: „Die Corona-Krise fegt wie ein Orkan durch unsere Innenstädt­e.“Doch vom „Tod“der Innenstädt­e will Jauernig nicht sprechen – das sei nur nach dem

Zweiten Weltkrieg so gewesen, nicht aber im Jahr 2021. Um den Einzelhand­el und die Gastronomi­e zu unterstütz­en, soll es mehr Möglichkei­ten des Freiluftsh­oppens geben. In einzelnen Fällen bestehe demnach die Möglichkei­t, die öffentlich­en Flächen vor einem Geschäft als Handelsflä­che zu etablieren. In vielen Fällen bestehe laut Jauernig die Möglichkei­t, die Außenbestu­hlung auf benachbart­e Flächen auszudehne­n.

Dies wurde zeitweise im vergangene­n Jahr umgesetzt und stieß nach Angaben des Oberbürger­meisters auf großes Interesse. In einem

Schreiben an die Gastronome­n sagt die Stadt zu, die Gebühr für die für die Außengastr­onomie zur Verfügung gestellte öffentlich­e Fläche um die Hälfte zu reduzieren. Ziel ist es, die Innenstadt als Handelspla­tz attraktiv zu gestalten und auf das Ende des Lockdowns vorbereite­t zu sein. „Es bringt nichts, wenn wir nur sagen, dass etwas gut oder schlecht ist. Wir müssen darauf reagieren und wollen klug gegen die Pandemie arbeiten“, sagt Jauernig im Gespräch mit unserer Redaktion.

Da es im Freiluftbe­reich deutlich geringere Einschränk­ungen als im Innenberei­ch gebe – das habe sich im vergangene­n Jahr gezeigt –, sollte man die Möglichkei­ten unter freiem Himmel nutzen. Jauernig spricht von kleineren Märkten an öffentlich­en Plätzen, die von einzelnen Straßenmus­ikern in den Seitenstra­ßen begleitet werden und so ein Einkaufser­lebnis schaffen. Jauernig spricht zudem von einem „Kultursomm­er light“sowie von gezielten kulturelle­n und musikalisc­hen Einzelvera­nstaltunge­n. „Wir müssen lernen, mit der Pandemie zu leben und Perspektiv­en aufzuzeige­n“, so der Oberbürger­meister.

Jauernig spricht häufig von Solidaritä­t und Gerechtigk­eit. So kann er nicht nachvollzi­ehen, dass Hunderte Menschen in den Lagern eines Onlinehänd­lers arbeiten, es gleichzeit­ig aber nicht erlaubt ist, Geschäfte mit begrenzter Kundenzahl zu öffnen. Er ärgert sich über die Erlaubnis von Discounter­n, NonFood-Artikel zu verkaufen, während beispielsw­eise Modegeschä­fte geschlosse­n haben.

Ein Appell Jauernigs lautet: Mieten runter, Menschen rein! „Müssen nur die Mieter die Last der Pandemie tragen, oder müssen sich nicht auch Vermieter ein Stück weit solidarisc­h zeigen?“Der Oberbürger­meister hofft, dass mehrere Vermieter einen Nachlass gewähren und so Einzelhänd­ler und Gastronome­n etwas entlastet werden. Zudem wiederholt Jauernig seine Forderunge­n nach einem Lastenausg­leich und einer zusätzlich­en Steuer für den Onlinehand­el. Die Produktver­sandsteuer sollte sich insbesonde­re an große Onlinehänd­ler richten, die zwar die städtische Infrastruk­tur für ihre Paketliefe­rung benutzen, aber selbst keine Gewerbeste­uer zahlen.

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Eigentlich würden ab 1. März die versenkbar­en Poller die Zufahrt zum Günzburger Marktplatz verhindern, doch in Zeiten von Co‰ rona ist vieles anders.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Eigentlich würden ab 1. März die versenkbar­en Poller die Zufahrt zum Günzburger Marktplatz verhindern, doch in Zeiten von Co‰ rona ist vieles anders.

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