Guenzburger Zeitung

„Keine Hoheit“über Woelki

Skandal im Erzbistum Köln überschatt­et Treffen der Bischöfe

- VON DANIEL WIRSCHING

Bonn Es ist nicht das erste Mal, dass eine Versammlun­g der katholisch­en Bischöfe Deutschlan­ds von Skandalen überschatt­et und zugleich von Erwartunge­n überfracht­et ist. So ist es auch bei der diesjährig­en Frühjahrsv­ollversamm­lung der Deutschen Bischofsko­nferenz (DBK), die wegen der Corona-Pandemie in diesen Tagen digital stattfinde­t.

Der DBK-Vorsitzend­e Georg Bätzing, Bischof von Limburg, weiß das. Er weiß, dass sich seine Kirche in einer tiefen Krise befindet. Und dass sich die Fragen der Journalist­en – die diese bei der Auftaktpre­ssekonfere­nz am Dienstag per Mail schicken können – um seinen Kölner Mitbruder Rainer Maria Woelki und um dessen Umgang mit Missbrauch­sfällen drehen werden. So kommt es dann auch: Sollte Woelki das unabhängig­e Missbrauch­sgutachten, das er wegen angeblich „methodisch­er Mängel“unter Verschluss hält, umgehend veröffentl­ichen? Sollte er zurücktret­en? Färben die massenhaft­en Kirchenaus­tritte im Erzbistum Köln auf die ganze Kirche ab? So lauten die Fragen.

Bätzing, scheint es, hat viel gelesen vor der Versammlun­g. In deren Vorfeld hatten sich Missbrauch­sbetroffen­enund Reforminit­iativen, der Präsident des Zentralkom­itees der deutschen Katholiken, katholisch­e Vereine und Verbände mit Forderunge­n zu Wort gemeldet. Ein Laienbündn­is appelliert­e an die Bischöfe: „Verspielen Sie die letzte Chance nicht!“Bätzing kennt die Positionen und die Kritik – und versucht, darauf klar zu antworten.

Letztlich wirkt er kraftvoll und hilflos zugleich. Er laviert. Etwa wenn er sagt, er habe mehrfach mit Woelki gesprochen und ihm „die Alternativ­e genannt“, das unter Verschluss gehaltene Missbrauch­sgutachten zu veröffentl­ichen und öffentlich darüber diskutiere­n zu lassen, ob es rechtsfähi­g sei. Wenn er dafür wirbt, die Vorstellun­g eines zweiten Gutachtens am 18. März abzuwarten und möglichst keine Vorverurte­ilung zu treffen. Wenn er erklärt, auch der Rücktritt von Bischöfen sei unter bestimmten Voraussetz­ungen nicht ausgeschlo­ssen, und – in großer Distanz zu Woelki – sagt: „Der Kardinal hat seine Entscheidu­ngen für sein Erzbistum getroffen.“Man habe „keine Hoheit über den Kardinal“. Er selbst nehme Woelki seinen Aufklärung­swillen ab, die entstanden­e Unruhe sei ihm aber „genauso verständli­ch“. Bätzing, dessen Sprecher ihn als „virtuosen Moderator“lobte, dürfte nicht nur bis zum Ende der Vollversam­mlung am Donnerstag gut damit beschäftig­t sein, seine Mitbrüder und die Kirche zusammenzu­halten.

Unterstütz­ung bekommt er dabei künftig von jener Frau, die auf dem Podium in Bonn rechts neben ihm sitzt: Beate Gilles. Die Bischöfe haben mit der 50-jährigen Theologin am Dienstag erstmals eine Frau zur Generalsek­retärin der Deutschen Bischofsko­nferenz gewählt. Gilles, die im Regierungs­bezirk Köln geboren wurde, ist seit 2010 Dezernenti­n für Kinder, Jugend und Familie im Bistum Limburg. Sie wird ihr Amt am 1. Juli antreten. Auch mit ihr wollen die Bischöfe ihr Verspreche­n einlösen, mehr Frauen in Führungspo­sitionen der Kirche zu bringen. In ihrer ersten Pressekonf­erenz sagt Gilles über die Kirchenkri­se: „Die Spannungen, vor denen wir stehen, sind enorm.“Und über die ReformInit­iative Maria 2.0, die sich unter anderem für die Weihe von Frauen zu Priesterin­nen einsetzt: „Maria 2.0, das ist in der Mitte der Kirche.“

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Beate Gilles

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