Guenzburger Zeitung

Vorrang für Bildung

- VON CHRISTIAN GRIMM gch@augsburger‰allgemeine.de

Wenn es so ist, dass der Schutz der Alten und die Bildung der Kinder die höchste Priorität in der Pandemie haben, dann müssen dem auch Taten folgen. Während der Staat seiner Pflicht bei den Alten nachkommt und sie als Erste gegen Corona impft, hatte die Bildung der Kinder nur verbal den höchsten Stellenwer­t. Die Praxis war kläglich: Die Kleinen haben einen enormen Preis für die Eindämmung des Virus gezahlt.

Sie durften über Monate nicht in den Kindergart­en oder in die Schule gehen. Sie mühten sich an ihren Schreibtis­chen, weil das Lernen zu Hause von den Schulminis­tern hilflos vorbereite­t war. Der Staat tut deshalb jetzt das Richtige, wenn er in die Impfreihen­folge eingreift. Er priorisier­t Erzieher und Grundschul­lehrer und gibt damit der Bildung das erste Mal die versproche­ne Priorität. Denn es ist ganz einfach: Ohne Erzieherin­nen und Erzieher kein Kindergart­en, ohne Lehrerinne­n und Lehrer keine Schule. Besonders in den Kitas und Grundschul­en stoßen die Hygienekon­zepte an ihre Grenzen. Das Lüften mag noch klappen, aber Abstandhal­ten und ständiges Maskentrag­en sind lebensfrem­d. Kinder sind Kinder. Sie spielen, jagen und toben. Zum Trösten muss man sie in den Arm nehmen.

Ein Gutachten der TU Berlin ist zu dem Ergebnis gekommen, dass in den Klassenzim­mern selbst bei Maskenpfli­cht ein hohes Ansteckung­srisiko besteht. Der Staat tut deshalb auch aus ganz praktische­n Gründen gut daran, Erzieher und Grundschul­lehrer schnell zu impfen. Melden sich aus Furcht vor einer Ansteckung zu viele Pädagogen krank, wird es schwer, den Betrieb aufrechtzu­erhalten. In den Kindergärt­en ist die Personalau­sstattung besonders eng auf Kante genäht. Weil der Impfstoff von AstraZenec­a ohnehin nur bis zum Alter von 64 Jahren zugelassen ist, nehmen Lehrer und Erzieher den Alten auch kein Corona-Gegenmitte­l weg. Das erste Mal haben die beiden höchsten Prioritäte­n bei der Bekämpfung der Pandemie den gleichen Stellenwer­t.

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