Aber i tua mi fei it räckla
Als unsere Redaktion vor Jahren einen Fototermin mit einer Skifahrerin aus dem Allgäu vereinbarte, lief alles problemlos: Zeit, Ort, wofür die Bilder benötigt werden. Am Ende stutzte die Sportlerin, kurze Pause am Telefon und schließlich der Nachsatz: Aber i tua mi fei it räckla! Wer des Idioms des sympathischen Menschenschlags am Fuß der Berge nicht mächtig ist, dem sei mit der Übersetzung ins Hochdeutsche gedient: Aber ich werde mich nicht räkeln, also posieren. Das „fei“dient der Allgäuerin als Verstärkung. Nein, ganz bestimmt niemals nie nicht.
Juliane Seyfarth denkt in dieser Hinsicht anders und hat es kurz vor der Nordischen Ski-WM im Allgäu getan. Die 31-Jährige hat sich für ein Magazin ausgezogen, das mit P beginnt. Männer kaufen es ausschließlich wegen der tollen Geschichten über Autos und Uhren. Regelmäßig geht die Zeitschrift nach Schema F vor: Man suche eine Sportlerin vor einem Großereignis und stelle sie leicht bekleidet vor die Kamera. Eiskunstläuferin Katarina Witt machte in den 90er Jahren den Anfang. Es folgten Boxerin Regina Halmich oder Fechterin Britta Heidemann.
Selbstverständlich entstanden die künstlerisch wertvollen Aufnahmen nur, weil das Foto-Shooting ein Erlebnis für immer ist. Aufmerksamkeit ist zwar noch garantiert, doch der Aha-Effekt versendet sich im Nachrichtenstrom der Aufgeregtheiten
auf Twitter, Insta, Tiktok, Tacktack und Hauweg. Im Zeitalter des Internets, wo mehr als nur Nacktaufnahmen lediglich drei Klicks entfernt sind, schockieren solche Bilder niemanden mehr. Außerdem posiert jede Frauen-Volleyballmannschaft, die die Teamkasse aufbessern will, leicht bekleidet für den Jahreskalender.
Nur Andreas Bauer zeigt sich mäßig begeistert über die Aktion von Juliane Seyfarth. Verständlich. Denn räckla, so fürchtet der Skisprung-Bundestrainer der Frauen, steht als Konzentrationsübung in keinem Standardwerk der Trainingslehre. Und hat demnach zu unterbleiben.