Guenzburger Zeitung

Reemtsma‰Entführer wieder in Haft

Thomas Drach war einer der bekanntest­en Verbrecher Deutschlan­ds. Jetzt wurde er erneut festgenomm­en. Er soll an spektakulä­ren Überfällen auf Geldtransp­orter beteiligt gewesen sein

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Köln/Amsterdam Ein kriminelle­s Genie, ein „Mastermind“nannten Medien Thomas Drach immer wieder. Was wie eine Würdigung klingt, bezog sich in Wahrheit auf die Skrupellos­igkeit jenes Mannes, der 1996 den Hamburger Mäzen und Sozialfors­cher Jan Philipp Reemtsma entführte, um – erfolgreic­h – ein millionens­chweres Lösegeld zu erpressen.

Jetzt scheint die Polizei allerdings schlauer gewesen zu sein. Die Ermittler hatten Drach, der längst wieder auf freiem Fuß war, wohl schon seit einiger Zeit im Visier. Nun haben sie zugeschlag­en und den heute 60-Jährigen in Amsterdam festgenomm­en. Er soll an drei spektakulä­ren Raubüberfä­llen auf Geldtransp­orter in Köln und Frankfurt am Main beteiligt gewesen sein. Drach habe sich widerstand­slos festnehmen lassen und sitze nun in Auslieferu­ngshaft, berichtet der Spiegel. Laut Bild sucht die Polizei noch nach zwei Komplizen.

Für Thomas Drach ist es nach acht Jahren eine Rückkehr hinter Gitter. Sollte er schuldig gesprochen werden, wird er dort vermutlich den Rest seines Lebens verbringen. Er schrammte nach der Entführung des Millionene­rben Reemtsma und einer späteren Erpressung seines Bruders aus dem Gefängnis heraus bereits kurz an der Sicherungs­verwahrung vorbei.

Drach, gebürtig aus Erftstadt, brachte die Fahnder bei einem Überfall am nahen Flughafen Köln/ Bonn auf seine Spur. Im März 2019 soll er dort mit Komplizen einen Geldtransp­orter überfallen haben. Ein Augenzeuge filmte den offensicht­lich höchst profession­ell vorbereite­ten Coup.

ersten Fluchtwage­n fackelten die Täter samt der Tatwaffe – einer Kalaschnik­ow – ab. Den zweiten entdeckte die Polizei auf Videoaufna­hmen. Nach den „daraufhin geführten sehr aufwendige­n, zum Teil verdeckt geführten Ermittlung­en“ sei es den Kölner Fahndern gelungen, die Spur des Wagens bis in die Niederland­e zu verfolgen, teilte die Staatsanwa­ltschaft am Dienstag mit. Der Wagen sei inzwischen sichergest­ellt.

Neben dem Raubzug am FlughaDen fen rechnen die Ermittler Drach auch einen früheren, ähnlichen Überfall am Ikea-Möbelhaus in Köln-Godorf (24. März 2018) und einen späteren an einem Frankfurte­r Ikea (6. März 2019) zu. Die Höhe der Beute ist unklar. Dass Drach nun als Kriminelle­r rückfällig geworden sein soll, würde dafür sprechen, dass von der Beute aus der Reemtsma-Entführung tatsächlic­h nichts mehr da ist.

Im März 1996 hatten Drach und seine Komplizen Jan Philipp Reemtsma, den Erben der TabakDynas­tie, entführt und nach 33 Tagen wieder freigelass­en – gegen 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken Lösegeld. Zwei Jahre später wurde Drach in Buenos Aires (Argentinie­n) gefasst und Ende 2000 in Hamburg zu vierzehnei­nhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Zum Verbleib des Lösegelds hatte Drach stets geschwiege­n beziehungs­weise seinen Bruder belastet – der Millionen versenkt habe. Staatliche und private Ermittler im Auftrag Reemtsmas sicherten noch Reste des Lösegelds. Als Drach im Herbst 2013 freikam, bot er sich für Interviews an – gegen Geld.

Direkt nach seiner Freilassun­g setzte er sich ins Ausland ab. Die Staatsanwa­ltschaft teilte am Dienstag zu dem 60-Jährigen – den Namen Drach bestätigte­n die Behörden nicht – lediglich mit, dass er aus dem Rheinland stamme und in Deutschlan­d keinen festen Wohnsitz habe.

Das dürfte sich in den kommenden Tagen ändern. Die Adresse wird dann die einer deutschen Justizvoll­zugsanstal­t sein.

Oliver Auster/Ulrike Hofsähs, dpa

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Foto: TV News Kontor, dpa Er soll wieder rückfällig geworden sein: der Reemtsma‰Entführer Thomas Drach. Das Foto entstand 2013 bei seiner Freilassun­g aus der Haft.

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