Die Personalsituation ist „brutal eng“
Schulamtsdirektor Thomas Schulze freut sich über den Neustart in den Schulen. Welche Herausforderungen es gibt und welche kritischen Anmerkungen er hat
Landkreis Zurück in die Schule – viele Schüler haben sich am Montag ganz einfach gefreut. Auch Schulamtsdirektor Thomas Schulze ist die Erleichterung über den Neustart anzumerken. „Wir sind alle froh, dass das so gut gelaufen ist“, sagt er. Doch ein „Selbstläufer“war dieser organisatorische Kraftakt nicht. Schulze blickt mit Sorge auf die Personalsituation im schulischen Bereich: Es sei „brutal eng“.
Im Gespräch mit unserer Redaktion findet Schulze auch deutliche Worte der Kritik am Kultusministerium. „Kommunikation und Informationsfluss“seien alles andere als optimal gewesen. „Wir fühlen uns zu wenig eingebunden.“
Wer Schulze kennt, der weiß, dass er besonnen und nachdenklich argumentiert. Doch jetzt spricht er immer wieder davon, dass für den Neustart, den Übergang vom Distanzin den Wechselunterricht in den Grundschulen und die Rückkehr von Abschlussklassen in die Schule, „nur zwei Werktage Zeit“gewesen sein. Massiv kritisiert wurde dies zuletzt auch in einem „Brandbrief“des Bayerischen Schulleitungsverbandes für Grund-, Mittel- und Förderschulen an Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Schulleiter, die die Vorgehensweise des Kultusministeriums kritisieren: Das ist keine alltägliche Situation. Und das lässt ahnen, wie angespannt die Situation im schulischen Bereich in ganz Bayern derzeit ist.
Schulze spricht von den zahlreichen Detailvorbereitungen auf den Wechselunterricht, die in nur zwei Werktagen zu erledigen gewesen seien. Beispielsweise die Reihentests von rund 400 Lehrkräften in zwei Tagen (Schulze ist froh, dass sich dabei kein Corona-Fall ergeben hat). Eine Herausforderung sei auch die Abstimmung des Einsatzes von Fachlehrern, die an zwei bis drei Schulen unterrichten. Eltern hätten sich beklagt, dass die Informationen so spät an sie gekommen wären. Aber man könne ja auch nur die Informationen weiterreichen, die man selbst bekomme, sagt Schulze.
Bei den Eltern habe er Verunsicherung gespürt. Bei einem längeren Vorlauf wäre dies zu vermeiden gewesen. Hilfreich wäre es wohl auch gewesen, wenn man die Faschingsferien (sie wurden in Bayern gestrichen) zur Vorbereitung hätte nutzen können. Doch dank des großen Einsatzes in den Schulen vor Ort in kürzester Zeit sei die Rückkehr in die Schulen am Montag ein schlichtweg hervorragender Start gewesen.
Vor der Einführung des Distanzunterrichts gab es bekanntlich immer wieder Klagen von Eltern, dass Schulbusse zu dicht besetzt seien. Zu diesem Thema habe er nach dem Start des Wechselunterrichts am Montag bislang keine negativen Rückmeldungen von Eltern erhalten, sagt Schulze.
Deutlich werde in diesen Tagen allerdings immer wieder, wie „brutal eng“die Personalsituation sei. Das Staatliche Schulamt mit Sitz in Krumbach ist für insgesamt 36 Grund- und Mittelschulen und etwa 700 Lehrer im Kreis Günzburg verantwortlich. Das Amt koordiniert maßgeblich auch die Arbeit der Schulen mit Blick auf die CoronaKrise. Mittlerweile sei die Lage bei den Lehrkräften so, dass es im Kreis Günzburg „keine flexible mobile Reserve mehr gebe“. Bedenken müsse man, dass im schulischen Bereich die Notbetreuung nach wie vor weiterlaufe. In manchen Schulen gebe es mit 20 bis 30 Prozent einen hohen Präsenzanteil. Deutlich erhöht seien die Anforderungen beim Thema Aufsicht.
Noch gar nicht abzusehen sei, wie sich die Krise mit all ihren Folgen auf die Psyche vieler Kinder ausgewirkt habe und auswirke. Auch dies erhöhe den pädagogischen Betreuungsbedarf. Bei der Entscheidungsfindung des Kultusministeriums würden zurecht immer wieder Vertreter von Eltern und Schülern eingebunden. Aber die praktische Erfahrung vor Ort, die in den Schulämtern gebündelt werde, würde zu wenig berücksichtigt. Ihm sei bewusst, vor welch schweren Entscheidungen die Politik in dieser nicht enden wollenden Krise stehe. Umso bedauerlicher sei es, wenn es bei vielen inzwischen das Gefühl gebe, auch im schulischen Bereich würden Entscheidungen ein bisschen zu spät kommen und die Menschen würden nicht mitgenommen werden.
Bei allen kritischen Anmerkungen betont Schulze im Gespräch aber auch immer wieder, dass es trotz aller Probleme wichtig sei, opbekanntlich timistisch zu bleiben. In den vergangenen Monaten sei viel erreicht worden. Zum Beispiel bei der technischen Organisation des Distanzunterrichts. Da wird seit einigen Monaten die Online-Plattform Microsoft Teams genutzt, die weitgehend reibungslos funktioniert. Das sei unterm Stich hervorragend gelaufen. Schüler, Eltern und Lehrer hätten hier gleichermaßen Herausragendes geleistet. So manche Erkenntnis des Distanzunterrichts könne weitergenutzt werden, wenn die Corona-Krise ihr Ende gefunden habe. Aber Schulze sieht auch die Kehrseiten des monatelangen Distanzunterrichts. Mutter und Vater im Homeoffice, dazu bisweilen mehrere Kinder im Homeschooling: Die Atmosphäre zu Hause sei da bisweilen angespannt.
Der 49-jährige Thomas Schulze und seine Frau Beate (sie wohnen in Babenhausen) haben zwei Kinder. Sohn Paul besucht die siebte Klasse des Krumbacher Gymnasiums – er ist nach wie vor im Distanzunterricht zu Hause. Sohn Emil ist in der dritten Klasse in der Grundschule Babenhausen. Er habe sich natürlich gefreut, am Montag in die Schule zurückzukehren, sagt Schulze. Seine Frau Beate betreut im Distanzunterricht eine achte Klasse der Mittelschule Krumbach. Schulze sagt, dass Schüler natürlich besser lernen, wenn sie zusammen in der Gruppe seien.
Mit der Rückkehr in den Wechselunterricht wieder ein großes Thema: Wer trägt jetzt welche Maske? Der Landkreis Günzburg hat bekanntlich 40.500 OP-Masken für die Lehrer zur Verfügung gestellt. Aber bekanntlich sind FFP2-Masken effektiver als OP-Masken. Doch Lehrer würden immer wieder betonen, dass es im Unterricht nicht möglich sei, dauerhaft über mehrere Stunden FFP2-Masken zu tragen. Bei OP-Masken sei dies möglich. Bei den Schülern seien OP-Masken keine Pflicht, Schulze verweist auf die generelle Skepsis einzelner Eltern gegenüber der Maskenpflicht in den Grundschulen. Was sich Schulze wüscht: Eine baldige Impfung für die Lehrkräfte und breit angelegte Schnelltests. Da den Schulen selbst die Kapazität dafür fehle, könnten hier verlässliche Selbsttests eine große Hilfe sein. Schulze hofft, dass sie bald verfügbar sind.