CoronaSelbsttests sollen Weg aus Lockdown ebnen
Produkte können auch von Laien angewandt werden
Berlin Es ist eine der wenigen positiven Nachrichten in der an Rückschlägen so reichen Anti-CoronaPolitik. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat drei Schnelltests auf das Coronavirus zugelassen, die auch von Laien angewandt werden können. Im Kampf gegen die Ausbreitung des Erregers ist dies ein wichtiger Fortschritt. Denn er ebnet den Weg für weitere Lockerungen. Selbsttests würden Schritt für Schritt helfen, „ein Stück mehr Freiheit wieder zu haben“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn im Bundestag. Sie könnten perspektivisch dazu dienen, Besuche von Theatern oder anderen Veranstaltungen zu ermöglichen.
In den Handel kommen Tests der Firmen Siemens Healthcare, Technomed Service und Lissner Qi. Bei allen drei Tests müssen die Proben durch einen Abstrich im vorderen Nasenbereich entnommen werden. Dieser könne nach den von den Herstellern vorgelegten Studien jeweils durch Laien sicher durchgeführt werden, erklärte das Bundesinstitut. Trotzdem empfehlen Experten, zur Sicherheit parallel auch weiterhin auf die sogenannten PCRTests zu setzen – das sind Tests, die von medizinischem Personal durchgeführt werden. Laien-Tests gelten als weniger zuverlässig. Viele falsch positive oder falsch negative Ergebnisse könnten „im schlimmsten Fall zu chaotischen Zuständen führen“, warnt die Virologin Sandra Ciesek.
Wann die Selbsttests in Geschäften erhältlich sein werden, ist bislang noch unklar. „Das wird jetzt natürlich nicht gleich verfügbar sein“, sagte Spahn. Noch wisse man auch nicht, wie teuer sie seien. Da die Produktion der Präparate allerdings deutlich einfacher sei als die des Impfstoffs, dürfte die Herstellung aber nun Fahrt aufnehmen. Zudem stehen auch andere Hersteller kurz vor der Genehmigung durch das Bundesinstitut. Zuletzt war immer wieder Kritik laut geworden, dass die Zulassung der Laien-Tests nicht schnell genug vorangeht. Beim deutschen Bundesinstitut waren mit Stand 12. Februar fast 30 Anträge auf eine Sonderzulassung entsprechender Tests gestellt worden. Damit die Tests von Laien sicher angewendet werden können und einen wirksamen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten, sei Sorgfalt das oberste Prinzip in den Prüfverfahren, erklärte das Bundesinstitut.
Überwunden ist der Konflikt über den Zugang zu Tests damit allerdings noch längst nicht. Gesundheitsminister Spahn hatte angekündigt, dass ab 1. März das Angebot für alle Bürger kommen soll, sich kostenlos von geschultem Personal mit Antigen-Schnelltests – einer dritten Test-Kategorie – testen zu lassen. Kanzlerin Angela Merkel bremste ihren Minister aus und will darüber erst bei den nächsten Bund-LänderBeratungen zur Pandemie am 3. März sprechen. Hinzu kommt, dass die Zahl der durchgeführten PCRTests pro Woche seit dem Jahreswechsel in Deutschland stetig gesunken ist; derzeit wird nur rund die Hälfte der Laborkapazität für Tests ausgeschöpft – zu wenig, wie Wissenschaftler kritisieren. Denn Tests seien nicht nur gut, um das Infektionsgeschehen abzubilden, sondern auch, um neue Erkenntnisse über die Infektionsketten zu gewinnen. „Testungen auf SARS-CoV-2 sind ein wichtiger Baustein zur Kontrolle der Pandemie“, sagt die Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum in Braunschweig. „Um die Fallzahlen zu senken oder einen erneuten Wiederanstieg zu verhindern, müssen Infektionsketten frühzeitig erkannt und durch die richtigen Maßnahmen unmittelbar unterbrochen werden.“
Lesen Sie dazu auch den Kommen tar. Um die zunehmende Kritik an Gesundheitsminister Spahn geht es auf der Seite Politik. Wie Schnelltests funktionieren, erklärt
Die Packung öffnen, ein Stäbchen in die Nase einführen – und kurz darauf ist das Testergebnis da: So sollen die neuen Corona-Selbsttests funktionieren, die in den kommenden Tagen auf den Markt kommen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat am Mittwoch die Zulassung für die ersten drei Hersteller solcher Tests vergeben. Für Verbraucher ist das ein großer Durchbruch, denn bisher durfte nur geschultes Personal Corona-Tests durchführen. Schnellund Selbsttests würden Schritt für Schritt helfen, „ein Stück mehr Freiheit wieder zu haben“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Bundestag.
Insgesamt haben etwa 50 Hersteller einen Antrag auf Zulassung ihrer Selbsttests gestellt. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist sich sicher, dass bald weitere Tests auf den Markt kommen werden. „Ich gehe davon aus, dass wir schon nächste Woche weitere genehmigen können“, sagte der CDU-Politiker dem ZDF-Morgenmagazin und ergänzte: „Die Tests wird es in den nächsten Tagen auch im Discounter, in Geschäften verfügbar geben, also auch niedrigschwellig erreichbar.“
Antigen-Schnelltests gelten neben den Impfungen als ein wichtiger Baustein bei der Eindämmung der Pandemie. „Es gibt Modellierungen, dass eine Testung zweimal pro Woche die Anzahl der Ausbrüche um ungefähr 50 Prozent reduzieren kann“, sagte die Virologin Sandra Ciesek zuletzt im NDR-Podcast „Coronavirus-Update“. Aber wie läuft ein Test genau ab? Und kann man sich wirklich auf das Ergebnis verlassen?
Bei den Selbsttests handelt es sich um sogenannte Antigen-Schnelltests. Während bei PCR-Tests in Labors das Erbgut des Virus nachgewiesen wird, werden bei AntigenTests Eiweißteilchen aus der Hülle des Virus erkannt. Dafür werden bei allen drei zugelassenen Selbsttests Abstriche in der Nase genommen. Hersteller von Gurgel- und Spucktests haben allerdings ebenfalls eine Zulassung beantragt.
Ist das Virus im Abstrich enthalten, reagieren Eiweißbestandteile mit dem im Test enthaltenen Teststreifen und eine Verfärbung wird sichtbar, ähnlich wie bei einem Schwangerschaftstest. Wichtig ist aber laut Robert-Koch-Institut, dass die Proben aus der Nase korrekt genommen werden. Jedem liegt deshalb eine Bedienungsanleitung bei, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sorgfältig geprüft wurde.
Nach etwa 15 Minuten ist ein Ergebnis sichtbar. Ein Antigen-Test führt also wesentlich schneller zu Ergebnissen als ein PCR-Test und ist zudem günstiger, da für die Auswertung kein Labor benötigt wird. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums muss ein positiver Selbsttest jedoch immer durch einen zusätzlichen PCR-Test bestätigt werden, da Antigen-Tests öfter falsch positiv oder falsch negativ sein können als PCR-Tests. Sie eignen sich also vor allem dafür, infizierte Personen schnell zu finden – etwa in der Schule oder vor größeren Veranstaltungen. Jens Spahn sagte, Selbsttests könnten Sicherheit in konkreten Situationen geben: „Bevor man eine Veranstaltung besucht, sich die Haare schneiden lässt oder ins Theater geht.“
Nach einem positiven Selbsttest besteht erst einmal nur der Verdacht, dass eine Corona-Infektion vorliegt. Eine positiv getestete Person soll sich deshalb nach Angaben des Robert-Koch-Instituts eigenverantwortlich in Quarantäne begeben und auf das Ergebnis eines zusätzlichen PCR-Tests warten. Außerdem muss der Hausarzt kontaktiert werden.
Das RKI betont, dass auch ein neTest gatives Testergebnis nur eine Momentaufnahme sei – und sich Getestete trotzdem weiter an die Hygieneregeln halten müssen.
Antigen-Tests sind beim Erkennen von Viren weniger sensibel als PCR-Tests. Laut Robert-Koch-Institut schlagen Laien-Tests nur an, wenn die Viruslast in den oberen Atemwegen sehr hoch sei. Eine solch hohe Viruslast besteht in der Regel ein bis drei Tage vor sowie fünf bis sieben Tage nach dem Auftreten von Symptomen.
Wie teuer Selbsttests sein werden und ob Bund oder Länder einen Anteil übernehmen, ist noch unklar. Gesundheitsminister Jens Spahn erwägt einen Zuschuss – wie hoch der sein wird, will er von den Marktpreisen abhängig machen.
In Österreichs Schulen gehören zweimal wöchentlich durchgeführte Antigen-Selbsttests bereits zum Alltag. Mit einer Zuverlässigkeit von 40 Prozent sind die Tests allerdings nicht besonders genau. Es sei jedoch besser, Tests mit einer geringen Zuverlässigkeit durchzuführen als gar keine Tests, betonte der österreichische Bildungsminister Heinz Faßmann zuletzt. Ab 1. März verteilt die Regierung außerdem flächendeckend Selbsttests an ihre Bürger: Jeder Österreicher, der vor 2006 geboren ist, kann monatlich fünf der sogenannten Wohnzimmer-Tests in der Apotheke abholen.