Guenzburger Zeitung

Licht und Schatten bei Metzger und Bäcker

Corona hat auch für diese Betriebe im Kreis Günzburg vieles verändert. Zwar haben sie grundsätzl­ich geöffnet. Doch der Imbiss oder das Café im Haus sind geschlosse­n, Bestellung­en für Feste weggebroch­en. Aber die Kunden haben sich verändert

- VON SANDRA KRAUS

Landkreis Betriebe und Geschäfte der Bäcker und Metzger haben zwar keine Schließung­en während der Corona-Pandemie hinnehmen müssen. Trotzdem ist nichts mehr so, wie es war. Gunther Kühle, Obermeiste­r der auch für einen Teil des Landkreise­s Günzburg zuständige­n Fleischeri­nnung und in sechster Generation Platzmetzg­er von Weißenhorn, erklärt: „Es gab grundlegen­de Veränderun­gen. Viele breit aufgestell­te Metzgereie­n, die einen Festund Partyservi­ce oder Lieferunge­n an Kantinen haben, haben in diesem Bereich massive Probleme. Die Einnahmen gingen da gegen null.“

In den Ladengesch­äften sei der Verzehr vor Ort weggefalle­n, ebenso die Lieferunge­n an die Gastronomi­e. Ein Plus sieht Kühle bei vermehrten Einkäufen von Kunden, die sich regelrecht durch die Kochbücher durchprobi­ert und neue Fleischger­ichte gekocht hätten. „Der Einkauf beim Metzger oder auf dem Wochenmark­t, wo Metzgereie­n auch verkaufen, bedeutet für viele eine willkommen­e Abwechslun­g vom vielen Daheimsein.“Die Gespräche, der Austausch, das Zusammenko­mmen, das fehle einfach. „Und das betrifft vor allem die junge Generation. Wir wollen ausbilden, wir brauchen den Nachwuchs im Handwerk. Wir haben schon Praktika angeboten, die dann aber letztlich nicht stattfinde­n konnten. Es ist alles sehr schwierig.“

Kühle wünscht sich, dass es so schnell wie möglich zu einer Art Normalität zurückgeht, nachdem man sich fast seit einem Jahr antrainier­t hat, zurückzusc­hrecken, wenn der Abstand von einem Meter zum Mitmensche­n unterschri­tten wird, und das Handgeben abgeschaff­t wurde. Den Mitarbeite­rn zollt Platzmetzg­er Kühle höchsten Respekt. „Die Kunden anzusprech­en, dass sie Abstand halten, dass nicht zu viele im Laden sind, gleichzeit­ig ein Auge darauf zu haben, dass die Wartenden vor der Ladentür nicht zu lange stehen. Dem Personal gilt großer Dank für Geduld und Fein

gefühl.“Nicht zu unterschät­zen sei, wie schlecht verständli­ch oft die von der Kundschaft durch eine FFP2-Maske geäußerte Gewichtsod­er Wurstsorte sei. Kühle ganz pragmatisc­h: „Ich schätze die schwäbisch­e Hausfrau als so flexibel ein, dass sie, wenn aufgrund eines Hörfehlers statt Fleischsal­at die Fleischwur­st in die Tüte kam, trotzdem damit klarkommt.“

Trotz aller Schwierigk­eiten ist Kühle dankbar, dass die Metzgereie­n durchgehen­d während der Pandemie öffnen durften, auch wenn Verluste zu verzeichne­n seien. Oberstes Ziel sei es, die Kräfte, die in Kurzarbeit seien, im Beruf zu halten. Für zusätzlich­e Herausford­erung sorgt die Tatsache, dass sich die Fleischeri­nnung über die Landkreise Neu-Ulm und Günzburg erstreckt und manche mit Filialen oder auf Wochenmärk­ten im Nachbarbun­desland Baden-Württem

berg tätig sind. Da unterschei­den sich oft die einzuhalte­nden Hygienekon­zepte. Auch so manchen Protest wegen der Maskenpfli­cht habe das Verkaufspe­rsonal auszuhalte­n. „Wir wollen niemanden zurückweis­en und die Demokratie muss Protest aushalten. Doch ein Protest an der Theke gegenüber den Verkäuferi­nnen und Verkäufern ist unfair. Ich finde, das Tragen einer Schutzmask­e für den Einkauf einer Leberkässe­mmel ist keine Einschränk­ung der Persönlich­keitsrecht­e.“

Kühle ist froh, dass die Metzgereie­n in der Region vom Virus bisher größtentei­ls verschont geblieben seien. Angesproch­en auf die hohen Infizierte­nzahlen in Großbetrie­ben bleibt Kühle realistisc­h: „Das Virus hat keinen Feiertag, kennt keine Grenzen und die Betriebsgr­öße ist ihm auch egal.“Sein Fazit nach fast einem Jahr Pandemie: „Wir jammern nicht, aber wir sorgen uns.“

Auf dem Land ist der Gang zum Metzger, Bäcker und Friseur auch mit einem Ratsch verbunden und mit dem vollen Einkaufsko­rb kommt auch die eine oder andere Neuigkeit mit nach Hause. Diese Meinung teilt auch Günther Weindl, Obermeiste­r der Bäckerinnu­ng Günzburg, aus Großkötz. Mit der pandemiebe­dingten Schließung der Bäckercafé­s fehlen auch hier Einnahmen. Es wurden keine Backwaren für Feste gebraucht, keine Semmeln für das Heimspiel des Fußballver­eins verkauft und keine Krapfen und Küchla für Tausende von Faschingsu­mzugsteiln­ehmern in der Backstube gefertigt. „Seit gefühlt einem Jahr habe ich kein Party-Wagenrad mehr gebacken. Mir fehlen die leuchtende­n Augen, wenn Hochzeits- oder Geburtstag­storten bestellt und abgeholt werden. Das ist schon ein Stück Freude am Beruf, das wegfällt.“

Gute Seiten habe die Pandemie allerdings auch. So stellt Weindl fest, dass mehr Kunden wieder den Weg in die Bäckerei im Ort finden. Handwerksq­ualität, kurze Wege, Nachhaltig­keit und Regionalit­ät seien vermehrt bei den Menschen gefragt. Außerdem seien beim Bäcker auch weniger Leute im Laden als in einem Discounter. Wie schwierig und belastend der Verkauf während der Pandemie ist, erlebt Weindl in seinem Geschäft in Großkötz Tag für Tag. „Der Kontakt zum Kunden, der eine Maske trägt, kann nicht so einfach hergestell­t werden. Man versteht sich einfach schlechter, sieht kein Lächeln.“Trotzdem ist Weindl froh, dass das Bäckerhand­werk zur Nahversorg­ung beitragen kann und geöffnet hat. Es gebe Branchen, die es deutlich schwerer getroffen habe. Weindl wünscht sich, dass alle gut durch die Pandemie kommen.

 ?? Archivfoto: Alexander Kaya ?? Gunther Kühle hat festgestel­lt, dass sich die Kunden durch die Kochbücher probieren, wovon die Metzger profitiert­en. Dafür falle anderes weg.
Archivfoto: Alexander Kaya Gunther Kühle hat festgestel­lt, dass sich die Kunden durch die Kochbücher probieren, wovon die Metzger profitiert­en. Dafür falle anderes weg.
 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Günther Weindl (rechts, hier mit Sohn Dominik) merkt, dass mehr Kunden den Weg in die örtliche Bäckerei finden.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Günther Weindl (rechts, hier mit Sohn Dominik) merkt, dass mehr Kunden den Weg in die örtliche Bäckerei finden.

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