Ein Bärendienst an der Politik
Ob der CSU-Politiker Georg Nüßlein gegen ein oder womöglich sogar mehrere Gesetze verstoßen hat, wird die Justiz klären müssen. Doch egal, wie am Ende das Urteil ausfallen wird – alleine der begründete Verdacht trägt zu einer alarmierenden Demoralisierung der Bevölkerung bei. Schon dadurch, dass er sich dem Zweifel aussetzt, hat er auch seiner Partei einen Bärendienst erwiesen. Nie zuvor in der jüngeren Geschichte dieses Landes war die Autorität der Politik so wichtig wie heute. Egal, ob es um Kontaktsperren geht oder irgendwann einmal um Selbsttests – wenn die Menschen das Gefühl haben, sie selbst brächten mehr Opfer als „die da oben“, wird der Regierung diese Pandemie entgleiten. Sie ist in dieser Krise ohnehin so etwas wie ein Scheinriese. Die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin können Geschäfte zusperren und Strafen androhen. Doch spätestens an der Haustür jedes Einzelnen ist Schluss – selbst wenn die Polizei mal einen Kindergeburtstag hochgehen lässt. Das Einhalten der Corona-Regeln im Alltag ist das wichtigste Instrument im Kampf gegen steigende Infektionszahlen, private Kontakte einer der größten Infektionstreiber. Dass ausgerechnet Krisengewinnler – egal, ob legal oder nicht – den Erfolg gefährden, ist eine abstoßende Vorstellung.