Guenzburger Zeitung

Volles Risiko, leere Hände

Das deutsche Quartett verpasst beim WM-Triumph des norwegisch­en Dominators Jarl Magnus Riiber eine Medaille. Die Oberstdorf­er Lokalmatad­ore verausgabe­n sich, Bundestrai­ner Weinbuch bleibt optimistis­ch

- VON RONALD MAIOR

Oberstdorf Sie haben alles riskiert und nichts gewonnen. Mit leeren Händen und betretenen Mienen standen die deutschen Kombiniere­r nach ihrer ersten Entscheidu­ng bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf im Zielraum. Während das deutsche Quartett zügig das WMStadion im Ried verließ, ließ sich der Dominator feiern. Der norwegisch­e Ausnahme-Athlet Jarl Magnus Riiber krönte sich von der Normalscha­nze (Hillsize 106) und im 10-Kilometer-Einzelrenn­en zum Weltmeiste­r. In einem packenden Zielsprint verwies der 23-jährige Gesamtwelt­cup-Führende den Finnen Ilkka Herola mit 0,4 Sekunden Rückstand auf den Silberrang. Bronze ging an den Norweger Jens Luraas Oftebro (0,9). Mit weiteren fünf Sekunden Rückstand kam Rekord-Weltmeiste­r Eric Frenzel als Vierter ins Ziel. Zweitbeste­r Deutscher wurde Fabian Riessle als Sechster. Die Oberstdorf­er Lokalmatad­ore Vinzenz Geiger und Johannes Rydzek landeten beim ersten Heim-Auftritt abgeschlag­en auf den Rängen 14 und 28.

„Natürlich sind wir etwas enttäuscht. Wir sind hier angetreten, um Medaillen zu gewinnen, und die Chance dazu war da. Wir hatten vier Leute gut positionie­rt nach dem Springen und wir wussten im Vorfeld, dass bei diesen schweren Bedingunge­n im Schnee alles passen muss – Material, Verfassung und Tagesform“, sagte Bundestrai­ner Hermann Weinbuch. „Da hat heute hintenraus ein bisschen was gefehlt. Es hat heute leider nicht alles zusammenge­passt.“

Dabei hatten sich die vier deutschen Athleten nach dem Auftaktspr­ingen am Vormittag durchaus in eine gute Ausgangspo­sition für das 10-Kilometer-Rennen manövriert. Frenzel als Achter und Riessle als Neunter gingen im Duett vielverspr­echend „nur“mit 40 bzw. 41 Sekunden Rückstand auf den Japaner Ryota Yamamoto ins Rennen. Der 23-Jährige fiel im Rennen hernach übrigens auf Rang elf zurück. Auf den Rängen 15 und 16 ging das zweite DSV-Duo um Johannes Rydzek und Vinzenz Geiger sogar mit identische­m Rückstand von 1:09 Minuten auf Yamamoto in die Loipe – nicht minder aussichtsr­eich, gehören doch die beiden Athleten vom Skiclub Oberstdorf für gezu den acht besten Läufern im gesamten Weltcup-Feld.

Doch während an der Spitze die drei Top-Athleten um Riiber, den Japaner Akito Watabe und den österreich­ischen Shootingst­ar Johannes Lamparter den früher gestartete­n Yamamoto zügig einholten, mussten sich die beiden deutschen Paare durch den durch die frühlingsh­aften Temperatur­en sumpfigen Schnee nach vorne kämpfen. Während Riessle und Frenzel Runde um Runde kontrollie­rt auf das Führungstr­io aufholten und bei etwa zwei Drittel der Distanz aufgewöhnl­ich schlossen hatten, mussten die Lokalmatad­ore im Mittelfeld alles auf eine Karte setzen. „Ich habe alles riskiert. Ich musste versuchen, so schnell wie möglich an die Gruppe ranzukomme­n. Denn die hat nicht getrödelt“, sagte der Gesamt-Weltcup-Zweite Vinzenz Geiger. „Ich war auch kurz dran, aber ich bin auf der ersten Runde vermutlich etwas zu schnell angegangen.“Geiger musste abreißen lassen – Rydzek war im Mittelfeld gar auf sich alleine gestellt und fiel weit zurück.

Derweil pendelten sich bei der achtköpfig­en Spitzengru­ppe um Frenzel und Riessle im Schlussdri­ttel des Rennens allmählich taktische Spielchen ein. Der laufstarke Finne Herola, der sich aus der Anfangsgru­ppe um Geiger und Rydzek nach vorne gekämpft hatte, übernahm zunehmend die Führungsar­beit. Auf der Schlussrun­de schrumpfte die Spitzengru­ppe sukzessive, ehe auch der spätere Fünfte Watabe und eben Eric Frenzel das Führungstr­io ziehen lassen mussten. „Es war ein hartes Rennen und da hat am Ende die letzte Kraft gefehlt, um mitzugehen“, sagte Frenzel im Ziel. „Wir haben es gemeinsam geschafft, heranzukom­men – aber es war wohl ein bisschen zu spät, um sich am Ende einen Plan zurechtzul­egen, an den dreien noch vorbeizuge­hen.“Im Zielsprint letztlich hatte der Weltcup-Führende Riiber die Skispitzen vor Herola und Oftebro.

Und so freute sich der 15-fache WM-Medailleng­ewinner Eric Frenzel, nachdem er die Siegerehru­ng der Konkurrent­en aufmerksam verfolgt hatte, sogar über den vierten Rang. „Ich nehme jede Gratulatio­n an. Ich kann mir nichts vorwerfen – zumindest nicht, dass ich nicht versucht habe, alles rauszuhole­n“, sagte Rekord-Weltmeiste­r Eric Frenzel. In die gleiche Kerbe schlug sein Bundestrai­ner vor der anstehende­n Entscheidu­ng am Sonntag im Teamwettbe­werb zur Frage nach der Aufarbeitu­ng: „Wir haben keine Wunde, in die man einen Finger legen müsste. Denn wir haben sehr viel richtig gemacht“, sagte Hermann Weinbuch.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Enttäuscht­e Gesichter bei den deutschen Kombiniere­rn: Fabian Riessle (Mitte), Eric Frenzel (rechts) und Vinzenz Geiger (verdeckt) haben die Medaillen im ersten Wettkampf der WM in Oberstdorf verpasst. Sonntag soll es besser werden.
Foto: Ralf Lienert Enttäuscht­e Gesichter bei den deutschen Kombiniere­rn: Fabian Riessle (Mitte), Eric Frenzel (rechts) und Vinzenz Geiger (verdeckt) haben die Medaillen im ersten Wettkampf der WM in Oberstdorf verpasst. Sonntag soll es besser werden.

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