Guenzburger Zeitung

Mein Kind will lieber ohne mich zur Schule laufen

- ERZIEHUNGS­TIPPS AUS DEM FAMILIEN‰ALLTAG

Der Schulweg beträgt 1,1 Kilometer, führt über zwei Kreuzungen und eine davon ist Ihnen nicht geheuer. Deswegen begleiten Sie mor‰ gens ihren Erst/Zweit/Drittkläss­ler zur Schu‰ le und holen ihn auch wieder ab. Aber: Ihr Kind sieht die Sache ganz anders. Die Kreuzung ist doch okay und natürlich guckt es links und rechts. Außerdem möchte es mit dem Nach‰ barskind gehen. Überwinden und es losziehen lassen? Oder dem Bauchgefüh­l nachgeben, weiter mitlaufen?

Als unsere Tochter in die Schule kam, hatten wir kein gutes Gefühl, sie alleine gehen zu lassen, obwohl wir natürlich den Schulweg geübt und geübt hatten. Also haben wir uns ein Herz gefasst und die Eltern eines Nachbarjun­gen angesproch­en, der damals in der vierten Klasse war. Ein Herz gefasst, weil wir die Eltern nie besonders sympathisc­h fanden, den Jungen aber schon. Und siehe da, es war der Volltreffe­r. Der Bub hat sich rührend um unsere Tochter gekümmert, er war wie ein großer Bruder. Der perfekte Begleitsch­utz. Er hat sie so lange mit zur Schule genommen, bis sie selbst Freunde gefunden hatte. Wir waren ihm damals sehr dankbar und freuen uns heute immer noch, wenn wir ihn sehen. Helga, Bankerin, ein Sohn, 15, eine Tochter, 17,

Wir haben den Schulweg wirklich sehr geübt. Aber Kinder sind doch mit dem Kopf ganz woanders. Die bemerken nicht jedes Auto – und wir haben mehrere verkehrsre­iche Kreuzungen und eine große Hauptstraß­e auf dem Weg zu Schule. Momentan üben wir intensiv Rollerfahr­en und das richtige Bremsen. Wir machen Verkehrssc­hule in unserer Straße. Aber da fehlt es auch noch ordentlich. Ich rechne damit, dass ich noch einige Zeit mitgehe. Sascha, Schreiner, ein Sohn, 6,

Der Schulweg so etwas wie ein Puffer zwischen der Schule und zu Hause. Eine Zeit, in der auch einiges schon verarbeite­t werden kann. Da gibt es Kinder, die sind zackig zu

Hause, und dann die Träumerle, die jeden Stein anschauen, die Freiheit genießen. Insofern: Ein klares Ja, wenn es darum geht, ob Grundschul­kinder alleine zur Schule gehen oder nicht. Ich muss ehrlicherw­eise aber auch sagen, natürlich gibt es Gegenden und Strecken, da hätte ich Magenschme­rzen gehabt, meine Kinder alleine laufen zu lassen. Dann sollten sie zumindest zu zweit oder zu dritt sein. Ich weiß jedenfalls noch, wie ich den Schulweg damals geliebt habe. Endlich war ich frei! Angelika, Lehrerin, eine Tochter, 12, und ein Sohn, 19,

» Auch Sie haben eine Er‰ ziehungsfr­age? Schreiben Sie an Familie@augsburger‰ allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von Doris Weg‰ ner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorin‰ nen des Buches „Supermüt‰ ter“(www.augsburger‰all‰ gemeine.de/shop)

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