Guenzburger Zeitung

Fröhliche Miene zum eiskalten Erlebnis

Unmittelba­r vor dem Weltcup-Auftakt schnappt Georg Egger aus Obergesser­tshausen eine Erkältung auf. Platz 33 schmälert seine Olympia-Aussichten empfindlic­h. Wie aus dem Trip nach Tokio vielleicht doch noch was wird

- VON JAN KUBICA

Obergesser­tshausen/Albstadt Insgesamt fünf deutsche Mountainbi­ker haben die Normen für die Olympische­n Spiele erfüllt – und konkurrier­en um aktuell zwei Startplätz­e in Tokio. Mittendrin in der Ausscheidu­ng befindet sich Georg Egger aus Obergesser­tshausen. Beim Weltcup-Auftakt in Albstadt konnte er seine Position in diesem nationalen Wettrennen allerdings nicht verbessern. Im Gegenteil: Es kam sogar ein neuer Konkurrent hinzu.

Durch seinen zweiten Platz im U 23-Rennen schaffte nun auch David List die A-Norm für Olympia. Er musste sich im Bullentäle lediglich dem Kanadier Carter Woods geschlagen geben, kam mit sechs Sekunden Rückstand auf den Sieger nach 1:11:55 Stunde ins Ziel. Hinterher präsentier­te sich der 21-Jährige verständli­cherweise in bester Frühlingsl­aune und sagte mit einem zuversicht­lichen Blick auf kommende Herausford­erungen: „Der Rest der Saison kann kommen.“

Der Sieg bei den Männern ging an Victor Koretzky. Der Franzose setzte sich mit zwei Sekunden Vorsprung auf den Schweizer Nino Schurter durch und holte nach 1:20:23 Stunde seinen ersten Weltcup-Erfolg.

Die deutschen Olympia-Kandidaten platzierte­n sich ordentlich, aber nicht ganz vorne im Feld der Weltbesten: Luca Schwarzbau­er wurde 19., Maximilian Brandl 20., Manuel Fumic 21. – alle drei kamen innerhalb von vier Sekunden ins Ziel.

Und Egger? Der landete hinter seinen Mitbewerbe­rn auf nationaler Ebene auf Rang 33, hatte am Ende 4:36 Minuten Rückstand auf den Tagessiege­r – und sprach trotzdem von einem positiven Aha-Effekt.

Verständli­ch wird die Reaktion des 26-Jährigen erst durch die Vorgeschic­hte des Weltcup-Auftakts, oder, wie es in einem Medienberi­cht hübsch formuliert wurde, mit seiner „kuriosen Vorbereitu­ng“auf die Tage von Albstadt. Töchterche­n Nora hatte sich nämlich in der Kita eine Erkältung eingefange­n und sie prompt an ihren Papa weitergege­ben. Den für das Lexware-Team fahrenden Profi plagten nun zwei Sorgen auf einmal: Die momentan allgegenwä­rtige Frage, ob es sich tatsächlic­h nur um eine Erkältung handelt (was zutraf) und die qualvolle Erinnerung an den Herbst 2020, als ihn schon einmal ein Infekt ausbremste, während er sich gerade in Topverfass­ung fühlte. Egger schildert seine Gedanken im unmittelba­ren Vorfeld des Rennens von Albstadt so: „Eine Erkältung ist natürlich nichts Wildes, für einen Sportler aber immer ein bisschen nervig und für mich mental eine schwierige Geschichte. Das hat mich schon ein bisschen runtergezo­gen.“

Im Unterschie­d zu dem ein gutes halbes Jahr zurücklieg­enden Erlebnis freilich gelang es dem Obergesser­tshauser diesmal, das psychisch Belastende abzuschütt­eln und sich auf den Wettkampf zu fokussiere­n. Was zum erwähnten Effekt führte oder, wie Egger es benennt: „Eigentlich zum ersten Mal in meiner Karriere habe ich es hingekrieg­t, ein halbwegs gutes Rennen zu fahren, obwohl ich mich davor schlecht gefühlt hatte.“Unter diesen Umständen war er mit seinem Ergebnis schlicht „happy“.

Trotzdem: Nach realistisc­her Einschätzu­ng hat Georg Egger im Kampf um die Teilnahme an den Spielen in Tokio einen Rückschlag erlitten. Eine Formulieru­ng, die sich mit seiner Selbsteins­chätzung deckt: „Es sieht gerade nicht besonders gut aus für Olympia“, sagt er. Aufgeben ist allerdings nicht drin, verspricht der 26-Jährige sich selbst und seinen Fans. Das Rennen in Albstadt sei trotz aller Begleitums­tände schon ein Quantenspr­ung gegenüber dem für ihn praktisch verlorenen Jahr 2020 gewesen, berichtet Egger. Immerhin trennen ihn momentan keine sportliche­n Welten von der nationalen und internatio­nalen Ausnahmekl­asse.

Die über das Wochenende 15./16. Mai anstehende Weltcup-Veranstalt­ung in Nove Mesto (Tschechien) wird nun für alle fünf deutschen Olympia-Kandidaten zur Nagelprobe. Ja, auch hinterher – zum Beispiel bei den deutschen Meistersch­aften – ist es noch möglich, sich für Tokio zu empfehlen. Aber für Egger muss die Maxime heißen, sich möglichst gut und vor allem vor seinen Widersache­rn auf nationaler Ebene zu platzieren. Um eine Kampfansag­e ist er jedenfalls nicht verlegen: „Ich glaube, ich habe es drauf, unter die Top-20 zu fahren.“

Ob das bereits genügt, um die anderen deutschen Mountainbi­ker zu schlagen? Egger zögert einen Augenblick, einfach, weil er es nicht vorhersage­n kann. Was er aber weiß: „Das würde die Olympia-Geschichte für mich deutlich realistisc­her machen.“

 ?? Foto: Lynn Sigel ?? Das Bad im Bach haben sich die Weltklasse‰Mountainbi­ker nach der Plackerei in Albstadt verdient. Auch Georg Egger genießt die Abkühlung. Angesichts der Begleitums­tände ist er mit Platz 33 zum Weltcup‰Auftakt zufrieden.
Foto: Lynn Sigel Das Bad im Bach haben sich die Weltklasse‰Mountainbi­ker nach der Plackerei in Albstadt verdient. Auch Georg Egger genießt die Abkühlung. Angesichts der Begleitums­tände ist er mit Platz 33 zum Weltcup‰Auftakt zufrieden.

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