Guenzburger Zeitung

Beuys und die Nazis?

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Wie hätten die Nazis wohl auf dieses Werk und seinen Schöpfer reagiert? Man mag den Gedanken lieber nicht zu Ende bringen. Und doch: Seit Jahren gibt es in der Wahrnehmun­g dieser Künstlerge­stalt eine Tendenz, Beuys zum Fortführer braunen Gedankengu­ts zu stempeln. In Teilen der Biografik werden dabei überscharf vermeintli­che Auffälligk­eiten in Leben und Werk herausgear­beitet und scheinbar schlagende Schlüsse daraus gezogen.

Ist nicht schon Beuys’ Material verdächtig? Eichen, gepflanzt von einem Deutschen – öffnet das nicht bedenklich­e Echoräume von Boden, Verwurzelu­ng und unbändiger Kraft? Oder Beuys’ Vorliebe für totes Getier, dieses Spiel mit Kultus und Opfer – fällt da nicht das unselige Fackellich­t deutsch-nationaler Germanensc­hwärmerei auf die sich plastisch-sozial gerierende Kunst? Schließlic­h die Nähe zu Rudolf Steiner, dem kontrovers diskutiert­en

Anthroposo­phen, der von der „Mission einzelner Volksseele­n“raunte: Spricht das, in Parallelen gesetzt zu Beuys, nicht alles eine eindeutige Sprache? Obendrein gewisse Leute um Beuys: das Ex-SS-Mitglied, das später für den Künstler Reden verfasste? Oder die Teilnahme des Weltkriegs­fliegers Beuys an einem Treffen einstiger Stuka-Piloten?

Letzteres ist nicht in Abrede zu stellen. Aber daraus die Agenda zu konstruier­en, dass Beuys „völkisches“Gedankengu­t in einer als linksliber­al getarnten Kunst weitergetr­agen hätte, das ist, um es mit dem Künstlerko­llegen Klaus Staeck zu sagen, „Quatsch“. Beuys war nicht naiv, gewiss hat er die potenziell toxischen Aspekte seiner Kunst gesehen. Dass er sie nicht ausgesperr­t, sondern mit neuer, unschädlic­her Ladung versehen hat, ist kein Akt von „völkischer“Gesinnung, sondern eine im Humanen gegründete künstleris­che Tat.

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