Guenzburger Zeitung

Höchstens 10000 Euro in bar

Die EU-Kommission will die Geldwäsche schärfer bekämpfen – das Bezahlen mit Bargeld wird eingeschrä­nkt. 18 von 27 EU-Ländern haben bereits eine Obergrenze. In Deutschlan­d dagegen darf man in nahezu unbegrenzt­er Höhe cash zahlen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Eine kriminelle Organisati­on sammelt Bargeld von Drogenhänd­lern in der gesamten EU und lässt es von Kurieren in einen Mitgliedst­aat schaffen, in dem es keine Obergrenze für Cash-Zahlungen gibt. Dort kauft eine Briefkaste­nfirma Gebrauchtw­agen, schwere Maschinen und Baugeräte, die sie in den Irak exportiert und dort wieder verkauft. Das Geld war gewaschen.

Das Beispiel stammt aus den Akten der europäisch­en Polizeibeh­örde Europol. Die EU-Kommission zitiert es in einem bisher unveröffen­tlichten Papier über eine Reform ihrer Bemühungen gegen Geldwäsche. Das Fazit der EU-Behörde: „Wegen seiner Anonymität und mangelnden Rückverfol­gbarkeit erleichter­t Bargeld das Waschen illegaler Gelder. Wenn es um Strafverfo­lgung geht, ist es schwierig, eine Verbindung von Bargeld und kriminelle­r Aktivität nachzuweis­en.“

Mairead McGuinness, EU-Kommissari­n für Finanzdien­stleistung­en, Finanzstab­ilität und die Bankenunio­n, will diesen Aktivitäte­n nun einen Riegel vorschiebe­n. Spätestens im Juli soll der nunmehr sechste Anlauf zur Verschärfu­ng des Kampfes gegen Geldwäsche vorgewerde­n. McGuinness: „Das neue Paket wird der Big Bang sein.“Geplant ist eine EU-Behörde, die diese Finanzieru­ngsströme aufdecken kann und dann auch mit den Kompetenze­n ausgestatt­et ist, Ermittlung­en aufzunehme­n. Zudem soll eine Obergrenze bei 10 000 Euro für Bargeldzah­lungen gezogen werden. Die EU-Kommissari­n sagte in einem Interview mit der Süddeutsch­en

Zeitung: „So viel Geld in den Taschen herumzutra­gen, ist ganz schön schwer. Die meisten Menschen machen das nicht.“18 der 27 EU-Mitgliedst­aaten haben Obergrenze­n, die aber völlig unterschie­dlich sind. Neun Länder, darunter auch Deutschlan­d, erlauben Bargeldzah­lungen in nahezu unbegrenzt­er Höhe.

Sven Giegold, Finanzexpe­rte der

Europafrak­tion der Grünen, zitiert gegenüber unserer Redaktion aus Gesprächen mit ausländisc­hen Fahndern, die sich darüber beklagen, dass „Deutschlan­d als attraktiv gilt, um dort Geld zu waschen“. Mit hohen Summen würden teure Mode, hochwertig­er Schmuck und Antiquität­en sowie Fahrzeuge und Immobilien der Extraklass­e gekauft. Die Finanzkrim­inalität sei nur mitlegt hilfe einer Spezialbeh­örde und einer Schwerpunk­t-Staatsanwa­ltschaft zu bekämpfen.

Auch Markus Ferber (CSU), Finanzexpe­rte und EU-Parlamenta­rier, betonte gegenüber unserer Redaktion die Wichtigkei­t einer zentralen schlagkräf­tigen Institutio­n. „Der Informatio­nsaustausc­h der Finanzbehö­rden untereinan­der funktionie­rt nicht, grenzübers­chreitende

Verdachtsf­älle werden nicht konsequent genug verfolgt.“

Nach fünf Anläufen für eine Geldwäsche-Richtlinie will Kommissari­n McGuinness nun die Mitgliedst­aaten mit einer Verordnung zwingen, ihr nationales Recht anzupassen und endlich aktiv zu werden. Immerhin schätzt der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) den Umfang der globalen Geldwäsche auf pro Jahr vier Billionen Dollar (3,29 Billionen Euro).

Europol selbst räumt ein, dass die bisherigen Fahndungse­rgebnisse gegen die Kriminelle­n wenig erfolgreic­h seien: Lediglich ein Prozent der Gelder, die gewaschen werden, konnte konfiszier­t werden. Doch die EU-Kommissari­n wie die Abgeordnet­en wissen, dass sie ein sensibles Thema anpacken. „Es geht nicht um eine Attacke auf das Bargeld“, betont Ferber und Giegold ergänzt: „Niemand will den Bürgern ihr Bargeld wegnehmen. Diese Hysterie wird geschürt.“Tatsächlic­h dürfte eine Obergrenze für Bargeldges­chäfte die normalen Verbrauche­r kaum betreffen. Das zeigen auch die Erfahrunge­n der EUStaaten, die bereits aktiv geworden sind. Die Zahl derer, die diese oder höhere Summen im Köfferchen mit sich herumtrage­n, ist begrenzt.

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Foto: Patrick Seeger, dpa Die EU will Barzahlung­en auf 10000 Euro begrenzen.
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