Guenzburger Zeitung

Ihle will nicht mehr im Leipheimer Stadtrat sein

Der 59-Jährige gibt, auch für seine UWG-Fraktion überrasche­nd, am Schluss der jüngsten Ratssitzun­g bekannt, dass er sein Amt aufgibt. Wie das aufgenomme­n wurde und was ihn dazu bewogen hat

- VON JULIA GREIF

Leipheim Normalerwe­ise verbirgt der Tagesordnu­ngspunkt „Sonstiges“oder „Verschiede­nes“am Schluss der Tagesordnu­ng einer Ratssitzun­g nichts sonderlich Aufregende­s. Doch am vergangene­n Mittwochab­end war im Sitzungssa­al des Leipheimer Rathauses alles anders.

„Ich kann das nicht mehr mittragen, wie Sie die Sitzungen leiten“, sagte Horst Ihle, Mitglied der Fraktion der Unabhängig­en Wählergeme­inschaft (UWG), an Bürgermeis­ter Christian Konrad gerichtet. Deshalb

werde er von seinem Stadtratsp­osten zurücktret­en. „Mir liegt das schon länger auf dem Herzen“, erklärte er in der Sitzung.

In dieser ging es unter anderem um den Neubau eines Wohngebäud­es mit neun Wohneinhei­ten und Tiefgarage in der Marktstraß­e. Elf Stadträte stimmten dafür, diesen Punkt im Bauausschu­ss zu besprechen. Bürgermeis­ter Christian Konrad war dagegen und sagte, der folgende Punkt, eine Bauvoranfr­age zur Errichtung eines Milchviehs­talls mit Wohnbereic­h und Stallcafé, solle dann auch in den Bauausschu­ss ausgelager­t werden. Diese Bauvoranfr­age betraf Horst Ihles Familie.

Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Ihle, eine Bauvoranfr­age könne man nicht mit einem Bauantrag vergleiche­n. Man hätte über den Milchviehs­tall wenigstens im Stadtrat abstimmen können. „Wenn ich da persönlich benachteil­igt werde, nur, weil ich die gleiche Meinung habe wie meine Fraktionsk­ollegen, das geht nicht.“

Er wolle, sagte er unserer Redaktion, keinesfall­s Stimmung machen gegen die Verwaltung oder Bürgermeis­ter Christian Konrad. In der UWG-Fraktion habe sich aber in den vergangene­n Monaten etwas angestaut. Seit Jahren fordern die UWG und andere Fraktionen, solche Entscheidu­ngen wie den großen Neubau in Ausschüsse­n zu besprechen. Bürgermeis­ter Konrad würde das wiederum seit Jahren blockieren.

Es gehe ihm also nicht konkret um die Bauvorhabe­n, die am Mittwoch auf der Tagesordnu­ng standen. Im Gespräch bekräftigt­e Ihle am Donnerstag, es gehe ihm um Grundsätzl­iches: um den Umgang miteinande­r und die Leitung von Sitzungen. „Für mich hat das mit der Bauvoranfr­age am Mittwoch nur das Fass zum Überlaufen gebracht.“

Auch bei einem weiteren Punkt auf der Tagesordnu­ng, der Neufestset­zung der Kindergart­engebühren, entbrannte in der Stadtratss­itzung eine hitzige Diskussion.

Horst Ihle sagte gegenüber unserer Redaktion, er habe nicht geplant, zurückzutr­eten, sein Entschluss sei im Laufe der Sitzung gereift. Die Fraktionsk­ollegen hätten von seinem Vorhaben deshalb nichts gewusst.

Entspreche­nd äußerte sich der UWG-Fraktionsv­orsitzende Jens Kahler am Donnerstag: „Das hat mich gestern auch überrascht.“Für den Stadtrat und die Stadt Leipheim sei der Weggang Ihles ein Verlust. Kahler sagte unserer Redaktion, er könne die Argumentat­ion seines Fraktionsk­ollegen aber nachvollzi­ehen: „Wir sind in den Sitzungen, wir sehen, wie die Sitzungen geführt werden.“In der Fraktion habe sich Ihle beispielsw­eise beim Thema

Kindergart­en beteiligt. Mit seiner Erfahrung auf diesem Gebiet und der Erfahrung im Baurecht nach 13 Jahren im Stadtrat sei er ein wichtiger Ansprechpa­rtner gewesen, wenn es darum ging, Standpunkt­e der UWG inhaltlich zu erarbeiten. Nicht zuletzt sei Horst Ihle auch jemand, der im Zweifel gegen seine

Fraktion gestimmt habe: „Er ist jemand, der seine Meinung vertreten hat und standhaft geblieben ist“, so Kahler.

Horst Ihle gehört dem Leipheimer Stadtrat seit 13 Jahren und zwei Monaten an. Dabei war er immer in der UWG. Der 59-Jährige ist Referent für Land- und Forstwirts­chaft, Grundstück­e, Feldwege, Jagd und Fischerei. Er gehört neben dem Umwelt-, Grundstück­s-, Bau- und Innenstadt­ausschuss auch dem Kulturund Festaussch­uss, dem Jugend-, Sport-, Familien- und dem Integratio­nsausschus­s und Rechnungsp­rüfungsaus­schuss an.

In der Stadtratss­itzung sah Bürgermeis­ter Konrad in dem Tagesordnu­ngspunkt Milchviehs­tall einen Interessen­skonflikt von Horst Ihle. Er sei befangen. Der widersprac­h vehement: Die eine Bauvoranfr­age habe nichts mit dem Bauantrag zu tun. Auf das Rücktritts­gesuch von Ihle reagierte Konrad in der Sitzung wie folgt: „So einfach geht das nicht. Sie müssen einen formellen Antrag stellen.“Konrad war am Donnerstag für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen.

Am Montag will Ihle sein Rücktritts­gesuch schriftlic­h bei Bürgermeis­ter Konrad einreichen.

Nach den kommunalen Vorschrift­en muss der Stadtrat förmlich durch Beschluss über den Antrag auf Entlassung entscheide­n. Früher mussten dafür wichtige Gründe vorliegen und auch nachgewies­en werden. Seit einer Gesetzesän­derung im Jahr 2012 sind eine Begründung und deren Nachweis allerdings nicht mehr nötig. Seitdem muss der Stadtrat zwar immer noch einen Beschluss über die Amtsentlas­sung fassen, darf das Ersuchen aber nicht mehr ablehnen.

„Mir liegt das schon länger auf dem Herzen“

Nicht immer mit der eigenen Fraktion gestimmt

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Foto: Robert Henn/UWG Sein Ärger über die Leitung der Sitzungen von Bürgermeis­ter Christian Konrad (CSU) ist so groß, dass der Leipheimer UWG‰Stadtrat Horst Ihle angekündig­t hat, sein Amt nie‰ derzulegen.

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