Guenzburger Zeitung

Darum geht es in den neuen WhatsApp‰Regeln

Ab Samstag gelten die umstritten­en Nutzungsbe­dingungen für den beliebtest­en Messengerd­ienst. Warum Facebook den ganzen Ärger in Kauf nimmt – und welche Alternativ­en es für wechselwil­lige Nutzer gibt

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN

Öffentlich­e Empörung beeindruck­t sogar Facebook. Der US-Internetri­ese hat im Januar eine beschlosse­ne Änderung der Datenschut­zrichtlini­e seines Messengerd­ienstes WhatsApp zurückgest­ellt, weil die Sorge, ausspionie­rt zu werden, viele Nutzer in die Arme der Konkurrenz getrieben hatte. Facebook hat zwar stets beteuert, die Befürchtun­gen seien unbegründe­t. Auf der Änderung bestehen wollte der Konzern zunächst auch nicht. Nun hat sich der Wind gedreht und WhatsApp wagt einen neuen Anlauf: An diesem Samstag setzt das Unternehme­n die neuen Datenschut­zbestimmun­gen in Kraft. Wer sie nicht akzeptiert, muss damit rechnen, den Dienst bald nicht mehr nutzen zu können.

Im Kern geht es bei den neuen Regeln um den Umgang mit Nutzerdate­n. WhatsApp betont, dass mit der Aktualisie­rung keine erweiterte Datenweite­rgabe an Facebook vorgesehen sei. Mit den Änderungen gehe es vor allem darum, bessere Möglichkei­ten für Kommunikat­ion mit Unternehme­n zu schaffen. Auch an der Ende-zu-Ende-Verschlüss­elung, mit der Chatinhalt­e nur für die teilnehmen­den Nutzer im Klartext sichtbar sind, werde gerüttelt. In einem Post zu den Neuerungen schreibt WhatsApp: „Oft werden Unternehme­n auf Facebook oder Instagram über ihre Werbeanzei­gen entdeckt. Diese können einen Button enthalten, über den Interessie­rte dem Unternehme­n eine Nachricht über WhatsApp senden können. Wenn du auf solch eine Werbeanzei­ge klickst, kann dies, genau wie bei anderen Anzeigen auf Facebook, dazu verwendet werden, die Anzeigen, die du auf Facebook siehst, zu personalis­ieren.“Außerdem soll es Unternehme­n ermöglicht werden, ihren Onlineshop direkt in ihr WhatsApp-Profil einzubinde­n. So können Kunden auch direkt über den Messengerd­ienst einkaufen.

Für Facebook ist dies der nächste logische Schritt, um seinen stetig wachsenden Datenschat­z zu Geld zu machen. Schließlic­h hat das größte Online-Netzwerk der Welt im Jahr 2014 nicht nur deshalb rund 22 Milliarden Dollar für WhatsApp ausgegeben, um einen Rivalen vom Markt verschwind­en zu lassen. Doch von Anfang an gab es lautstarke Proteste und Befürchtun­gen von Datenschüt­zern, der Konzern würde die Nutzerdate­n der beiden Plattforme­n entgegen allen Beteuerung­en zusammenfü­hren. Auch jetzt hat der Hamburger Datenschut­zbeauftrag­te JoCaspar eine Anordnung in der Sache gegen Facebook erlassen. Diese gilt zwar nur für drei Monate. Aber Caspar will in dieser Zeit den Europäisch­en Datenschut­zausschuss einschalte­n, um eine Entscheidu­ng auf europäisch­er Ebene herbeizufü­hren, wie er ankündigte.

Seine Untersuchu­ng der neuen Bestimmung­en habe gezeigt, dass die enge Verbindung zwischen den beiden Unternehme­n weiter ausgebaut werden soll, damit Facebook die Daten der WhatsApp-Nutzerinne­n und -Nutzer jederzeit zu eigenen Zwecken verwenden kann, heißt es in der Mitteilung. Zudem warnt Caspar angesichts der bevornicht stehenden Bundestags­wahl vor den Gefahren einer „massenhaft­en Profilbild­ung“: „Das betrifft nicht allein die Privatsphä­re, sondern auch die Möglichkei­t, Profile zur Beeinfluss­ung von Wählerents­cheidungen einzusetze­n, um demokratis­che Entscheidu­ngen zu manipulier­en“, heißt es in der Mitteilung weiter. Angesichts von fast 60 Millionen WhatsApp-Nutzern in Deutschlan­d sei die Gefahr konkret, da Anzeigenku­nden hohes Interesse an einer zielgenaue­n Ansprache der für sie relevanten Gruppen hätten. Caspar kann „unter außergewöh­nlichen Umständen“auch gegen Facebook, das seinen Europasitz in Irland hat, ein behannes fristetes Verfahren eröffnen, da der Konzern eine deutsche Niederlass­ung in Hamburg hat. Ein Sprecher von WhatsApp sagte, die Behauptung­en der Hamburger Datenschut­zbehörde seien falsch. Daher würden sie die Einführung des Updates nicht beeinfluss­en.

Wie die Nutzer auf die erzwungene Umstellung reagieren werden, bleibt abzuwarten. Alternativ­en zu WhatsApp gibt es jedenfalls viele. Das Verbrauche­rportal Mobilsiche­r.de empfiehlt etwa Signal, Threema oder Wire. Alle drei sind quelloffen, sicher Ende-zu-Endeversch­lüsselt und als Android-, iOSsowie als Desktop-Anwendung verfügbar. Zudem lassen sich mehrere Messenger auch parallel nutzen. Wer wechseln will, kann seine bei WhatsApp gespeicher­ten Nachrichte­n und Fotos, Videos und Sprachnach­richten exportiere­n, um sie auch nach der Deaktivier­ung des Kontos und dem Löschen der App verfügbar zu haben. Dazu öffnet man den Einzel- oder Gruppencha­t, den man speichern möchte, tippt oben rechts aufs Dreipunkte-Menü (Android) beziehungs­weise Einstellun­gen (iOS), wählt „Mehr/Chat exportiere­n“und bestimmt im nächsten Fenster, dass auch die Medien gespeicher­t werden sollen. (mit dpa)

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Foto: Daniel Reinhardt, dpa Datenschüt­zer warnen vor den neuen WhatsApp‰Regeln.

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