Es schlägt die Stunde der Gartenvögel
Wie ein Ornithologe aus dem Landkreis die Aktion von Naturschutzbund Deutschland und dem Landesbund für Vogelschutz, die noch bis Sonntag läuft, erlebt. Und was sie bewirken soll
Landkreis Günzburg In der Stunde der Gartenvögel den heimischen Vögeln besondere Aufmerksamkeit schenken, das ist das Ziel der gemeinsamen Aktion des Naturschutzbund Deutschland, kurz NABU, und des Landesbunds für Vogelschutz Bayern, kurz LBV. Und wir alle können mitmachen, wir alle können einen kleinen Teil zum Schutz der kleinen Tiere beitragen.
Und das funktioniert so: Eine Stunde beobachtet man alle Vögel, die sich im eigenen Garten aufhalten. Die Anzahl der gezählten Vogelarten schreibt man auf und meldet sie möglichst zeitnah an den LBV. Die besondere Aktion läuft vom 13. bis 16. Mai. Jeder kann sich seine Stunde zeitlich selbst aussuchen, doch morgens zwischen sechs und zehn Uhr und abends ab 18 Uhr hat man die besten Chancen viele Vögel anzutreffen, lautet die Empfehlung der Experten. Wichtig ist es, ebenfalls den Wetterbericht etwas im Auge zu behalten, da beispielsweise Regen großen Einfluss auf die Aktivität der Tiere habe.
Auch der Biologe und Ornithologe Stefan Böhm, der Vorsitzender der Kreisgruppe Günzburg des LBV ist, macht sich gleich am ersten Tag der Aktion auf Vogelbeobachtungstour. Das Wetter ist gemischt, es nieselt leicht, doch Böhm lässt sich nicht von seinem Vorhaben abhalten. In der linken Hand ein Notizblock, in der rechten Hand ein Fernglas und es kann losgehen. Nebenbei bemerkt: Ohne die Hilfe eines Vogelspezialisten sind Bestimmungshilfen, wie ein Vogelfachbuch oder die Websites des NABU oder LBV, zu empfehlen.
Nach kurzer Zeit entdeckt Böhm bereits den ersten Vogel – eine Amsel. Genüsslich zieht sie sich gerade einen langen Regenwurm aus der feuchten Erde. Zeitgleich sitzt eine weitere Amsel auf einem Kirschblütenbaum und schaut verträumt in den Regen. Mittlerweile hat auch eine dritte den Garten aufgesucht. Freudig hält Böhm nun also drei
Amseln auf seinem Notizblock fest. Ob das wohl schon die maximale Anzahl an Amseln ist, die sich gleichzeitig hier in diesem Garten aufhält? Über diese Frage kann er aber nicht besonders lange nachdenken, da bereits der nächste Vogel über ihn hinfliegt – eine Meise.
Nach kurzer Zeit bemerkt der Experte, dass wohl der aufgehängte Meisenkobel besetzt ist und im Juli Vogelnachwuchs zu erwarten ist. Zwei weitere Meisen vermerkt er auf seiner Liste.
Nach den ersten zwanzig Minuten wird es etwas ruhig, der Regen hat mittlerweile stark zugenommen.
Die Tiere suchen sich wohl gerade Schutz vor der Nässe.
Nachdem sich der Regen wieder etwas beruhigt, nimmt Böhm aus Distanz auch wieder Vogelstimmen wahr.
Durch das Fernglas entdeckt er ein kleines Rotkehlchen, das auf der Spitze des Giebels sitzt. Das Rotkehlchen ist der Vogel des Jahres 2021, erklärt der Experte. Er betont aber auch, dass alle Vögel gleichwertig seien und deshalb auch das Rotkehlchen nicht gesondert gezählt werde. Ein weiteres Rotkehlchen wird seinen Weg an diesem Tag ohnehin nicht kreuzen.
Neben den gewöhnlichen Stammvögeln im Garten huschen kurzzeitig zwei Mauersegler vorbei. Die Zugvögel sind erst seit Kurzem wieder in der Heimat und es scheint, als haben die beiden die lange Reise gut überstanden. Zufrieden notiert Böhm zwei weitere Tiere in seinem Notizblock.
Mit einem Blick auf die Uhr bemerkt er, dass die Stunde Zeit fast schon vorbei ist.
Doch ein Blick nach oben, lässt das Vogelherz noch einmal höherschlagen. Zwischen den Häusern befindet sich eine Stromleitung, auf der sich eine größere Gruppe Vögel versammelt hat. Geschlagene 21 Schwalben haben es sich auf ihr gemütlich gemacht. Stolz hält der Ornithologe nun bei der Gattung Schwalbe weitere 21 Vögel fest.
Dann war die Stunde auch schon wieder vorbei – sie verging wortwörtlich wie im Flug. Insgesamt meldete Böhm dem Landesbund für Vogelschutz letztendlich fünf verschiede Arten und zusammengezählt 29 Vögel.
Übrigens: Studien des vergangenen Jahres haben gezeigt, dass Vogelbeobachtung nachweislich glücklich macht. Dies kann Böhm nur bestätigen.