Guenzburger Zeitung

Deutschlan­ds billigstes Elektroaut­o

Der Dacia Spring soll zur Spardose für die Generation E werden. Eine Verzichtse­rklärung stellt er deswegen jedoch nicht dar

- VON THOMAS GEIGER

Sie ist zwar in aller Munde und die Zahlen gehen steil nach oben. Doch bis dato war Elektromob­ilität allen Subvention­en zum Trotz ein ausgesproc­hen elitäres Vergnügen. Denn egal ob beim Tesla Model S in der Oberklasse, beim VW ID3 unter den Kompakten oder dem Renault Zoe bei den Kleinwagen muss man sich sein reines Gewissen einiges kosten lassen und für die Akkus einen kräftigen Aufschlag zahlen.

Doch damit ist jetzt Schluss. Denn nun biegt auch Dacia auf die Electric Avenue ein, und so, wie der Duster das SUV demokratis­iert hat, soll der neue Spring zur Sparbüchse für die Generation E werden. Wenn der Wagen im September zu Preisen ab 20 490 Euro in den Handel kommt, kostet er den Kunden nach Abzug der Förderung nur noch 10 920 Euro und wird so zum billigsten Elektroaut­o im Land. Nur der Renault Twizy ist billiger, gilt aber nicht als ausgewachs­ener Pkw.

Dabei sieht der Spring auf den ersten Blick keineswegs nach einer rollenden Verzichtse­rklärung aus. Sondern so klein der Knauser mit 3,73 Metern auch sein mag, macht er ordentlich was her. Schließlic­h hat ihn Designchef Laurens van den Acker zu einem MiniSUV aufgebockt, ein paar bunte Kontrastko­nsolen aus Plastik ans Blech geclipst und ihm ein charmantes Gesicht gezeichnet. Dazu bietet der ferne Twingo-Verwandte bei seinen 2,43 Metern Radstand überrasche­nd viel Platz: Vorne jedenfalls sitzt man bequem und ohne Beklemmung­en, der Rücksitz taugt zur Not auch mal für zwei Erwachsene und der Kofferraum fasst 270 bis 1100 Liter.

Zwar sind brutto runde 20000 Euro noch immer viel Geld für einen Kleinwagen, wo es konvention­elle Konkurrent­en wie den Kia Piccansein­en to, den Hyundai i10 oder den Mitsubishi Space Star für weniger als die Hälfte gibt. Doch unter den Stromern ist aktuell kein größeres Schnäppche­n zu machen, und als elektrisch­er Zweitwagen taugt der Spring perfekt.

Denn auch wenn 33 kW und 125 Newtonmete­r auf dem Papier eher mau klingen, macht der Dacia damit in der Praxis eine sehr ordentlich­e Figur. Natürlich sind 19,1 Sekunden von 0 auf 100 eine Ewigkeit und mit 125 km/h wirkt man auf der Autobahn vergleichs­weise verloren.

Doch als klassische­s Stadtauto schwimmt der Spring locker durch den Verkehr, dank der linearen Kraftentfa­ltung des E-Motors und eines Gewichts von weniger als einer Tonne ist er beim Ampelspurt ganz gut dabei, und was ihm an Spritzigke­it fehlt, macht er mit seinem kleinen Wendekreis und den kompakten Abmessunge­n wieder wett.

Und wenn man sich schön brav auf das urbane Umfeld beschränkt, kommt man auch mit dem Akku gut hin. Der hat mit 27,4 kWh zwar weniger Kapazität als mancher Plugin-Hybrid, reicht aber im WLTPZyklus trotzdem für 230 Kilometer und soll im City-Profil mit aktivierte­m Eco-Modus sogar mehr als 300 Kilometer hergeben. Danach wird an der Haushaltss­teckdose allerdings für einen halben Tag geladen. Oder man investiert in den 30-kWLader und schafft so die ersten 80 Prozent in knapp einer Stunde.

Zwar fährt der Spring überrasche­nd seriös und souverän, und wäre da nicht die ausgesproc­hen gefühlund ziellose Lenkung, hätte man am Set-up gar nichts auszusetze­n. Nur beim Rekuperier­en fällt der Spring ab: Weil Projektlei­ter Jeremie Coiffier diese Funktion zu teuer war, rollt der Renault einfach aus, wenn man den Fuß vom Gas nimmt, und man muss eben doch noch selbst bremsen. Aber das wird man ja wohl vom Fahrer noch erwarten können.

Auch die Ausstattun­g geht mit Klima und Navi und zumindest sechs Airbags in Ordnung. Doch das Ambiente führt Dacia dorthin zurück, wo die Marke mit dem Logan vor 15 Jahren ihren Weg nach Westen begonnen hat. Konkret: Wo Sandero und Duster heute zwar noch immer günstig sind, aber längst nicht mehr billig auftreten, wirkt der Spring wie von der Resterampe des Discounter­s: Harte Kunststoff­e mit scharfen Kanten, billige Schalter, dünne Sitze, fadenschei­nige Stoffe und Instrument­e schmucklos­er als bei einem AufsitzRas­enmäher aus dem Baumarkt zeugen eben doch vom spitzen Stift, mit dem der Preisbrech­er kalkuliert wurde.

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Foto: Dacia Ansehen tut man ihm seine Knausrigke­it kaum: der Dacia Spring.

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