Tiefschlag vor Olympia
Während des Tests gegen Honduras beklagt DFB-Spieler Jordan Torunarigha rassistische Beleidigungen – es ist bereits das zweite Mal in seiner Karriere. Seine Mitspieler verlassen den Platz
Wakayama/Yokohama Die Olympia-Vorbereitung der deutschen Mannschaft wird von einem Rassismus-Vorfall überschattet. Während der Generalprobe gegen das Olympia-Team von Honduras soll Hertha-Spieler Jordan Torunarigha rassistisch beleidigt worden sein. Das DFB-Team reagierte ebenso prompt wie deutlich: Fünf Minuten vor Spielende brach das Team von Stefan Kuntz die Partie beim Stand von 1:1 (Torschütze: FCA-Spieler Felix Uduokhai) ab und verließ geschlossen den Platz. Das Spiel fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Nähe der Stadt Wakayama statt. Am Sonntag flog die DFBAuswahl weiter und bezog ihr Teamhotel im knapp 600 Kilometer entfernten Yokohama.
Stefan Kuntz, der die deutsche Olympia-Auswahl betreut, nannte den Vorfall „traurig und armselig“. In einer kurzfristig eingerichteten Pressekonferenz schilderte er, wie er die Szene erlebt hatte: „Kurz vor Ende des Spiels gab es ein Gerangel. Ich habe Jordans Mimik und Gestik und bin dann zu ihm gelaufen. Er hat uns mitgeteilt, dass er wiederholt rassistisch beleidigt worden ist.“Der emotional angefasste Verteidiger wurde von seinen Mitspielern zum Trost in den Arm genommen. Schon zuvor sei ihm Torunarighas Gestik aufgefallen, so Kuntz. Auf Rückfrage habe ihm der 22-Jährige aber noch zu Verstehen gegeben, dass alles in Ordnung sei.
Darauf, das Spiel abzubrechen, haben sich die Spieler und der Trainerstab innerhalb kurzer Zeit verständigt, so Kuntz: „Uns war klar: Das verletzt unsere Werte, Rassismus hat keinen Platz im Fußball.“Kurz nach Abbruch habe sich das komplette Team aus Honduras bei der deutschen Mannschaft entschuldigt – deswegen wolle man beim DFB auch auf weitere Schritte verzichten, betont Kuntz: „Damit war das Thema für uns gegessen.“
Mit der Reaktion des Verbandes aus Honduras konnte der Trainer hingegen deutlich weniger anfangen. Auf dem Twitter-Account des Nationalteams wurde der Vorfall allerdings zunächst gar nicht erwähnt, stattdessen wurde das 1:1-Endergebnis vermeldet. Im Nachgang teilte der Verband mit, dass es sich bei dem Eklat um ein Missverständnis auf dem Platz gehandelt habe. Auf Nachfrage dazu sagte Kuntz: „Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, wenn Sie mit einer Sechs nach Hause kamen. Da habe ich zu meiner Mutter auch immer gesagt: Es war ein Missverständnis zwischen der Lehrerin und mir. Das lassen wir am besten mal unkommentiert.“
Für HerthaProfi Torunarigha ist es bereits das zweite Mal, das er im Mittelpunkt eines rassistischen Vorfalls steht: Im Februar 2020 wurde er während eines Pokalspiels gegen den FC Schalke mit Affenlauten beleidigt. Wegen seines emotionalen Ausbruchs danach wurde er kurz darauf mit Gelb-Rot vom Platz geschickt, Schalke erhielt eine Strafe von 50 000 Euro. Wie massiv ihn die Affenrufe persönlich getroffen habe, schilderte Torunarigha in der TVgesehen Dokumentation „Schwarze Adler“: „Ich konnte nicht mehr normal denken. Wütend, traurig, alles auf einmal, das war alles zu viel.“
Torunarigha wurde schon als Kleinkind mit Rassismus konfrontiert. Sein Vater Ojokojo stammt aus Gabun und war beim Chemnitzer FC einer der ersten schwarzen Fußballer in Ostdeutschland. In einem Interview sagte der heute 51-Jährige: „Diskriminierungen waren überall. Ich wurde bei einem Stadtfest durch die Stadt gejagt. Die Polizei half mir erst, als sie erkannten, dass ich ein Fußball-Profi war.“Später zog die Familie nach Berlin. Dort wurden die Anfeindungen weniger. Mit rassistischen Äußerungen sei er aber während seiner komplettem Karriere immer wieder konfrontiert gewesen, sagte der heutige Hertha-Profi vor kurzem.
Torunarighas Mitspieler im Olympia-Kader Max Kruse sagte auf seinem Instagram-Kanal dazu: „Ich glaube, das ist ein Statement, was wir immer bringen müssen, wenn so was passiert – vom Platz zu gehen und auf gar keinen Fall das Spiel weiterzumachen.“