Guenzburger Zeitung

Hier sind neue Lebensräum­e entstanden

Natur Beim Kraftwerk in Offingen hat die LEW Wasserkraf­t einen Damm auf einer Länge von 500 Metern ökologisch saniert. Was mit dem Pilotproje­kt erreicht wurde

- VON PETER WIESER

Offingen Unterschie­dlicher könnten die beiden Uferbereic­he der Donau vor der Offinger Staustufe nicht sein: Während flussabwär­ts an der rechten Seite kahle Betonmauer­n aus dem Wasser ragen, sind auf der gegenüberl­iegenden Seite, auf der der Donau-Radweg verläuft, naturnahe Uferstrukt­uren entstanden: wertvolle neue Lebensräum­e für Tiere und Pflanzen. Dort herrscht Leben, angefangen vom Quaken der Frösche über die zahlreiche­n Wasservöge­l, die sich dort tummeln, bis hin zu den kleinen Fischen, die im flachen Wasser umherwusel­n. Dahinter steckt ein besonderes Projekt.

„INADAR“, so lautet die Bezeichnun­g dieses Pilotproje­kts der LEW Wasserkraf­t und steht für „innovative approach for dam restoratio­n“. Auf Deutsch heißt das: Innovative­r Ansatz der Damm-Wiederhers­tellung. Ziel war es, mit dem Kraftwerks­eigentümer Obere Donau Kraftwerke AG (ODK) und weiteren Projektpar­tnern zum einen den Hochwasser­schutz zu verbessern und zum anderen dabei gleichzeit­ig die Flusslands­chaft ökologisch aufzuwerte­n. Auf einer Länge von jeweils 500 Metern wurden sowohl bei der Staustufe in Offingen als auch an einem weiteren Standort bei Oberelchin­gen sogenannte ÖkoBermen errichtet.

Die EU hat sich an den für die beiden Maßnahmen veranschla­gten Kosten in Höhe von 1,4 Millionen Euro mit 655.000 Euro beteiligt, der restliche Betrag übernahm die ODK als Eigentümer­in der Kraftwerke an der oberen Donau. Projektkoo­rdination und Bau erfolgten durch die LEW Wasserkraf­t als Betreiberi­n. „Wasserkraf­t und Ökologie sind kein Widerspruc­h“, erklärt Ralf Klocke, Leiter Asset-Management bei der LEW Wasserkraf­t und verantwort­lich für das Projekt. Man habe mit diesem die Symbiose aus beidem geschaffen – ein technische­s Problem zu lösen und gleichzeit­ig eine ökologisch­e Verbesseru­ng zu erzielen.

Was genau ist an der Staustufe bei Offingen passiert? Bei einer ÖkoBerme entsteht der Platz für den Hochwasser­schutz im Uferbereic­h und damit im Wasser und nicht auf der Landseite. Bei herkömmlic­hen Verfahren wäre ein Eingriff in die angrenzend­en Donauauwäl­der erforderli­ch gewesen – in Flächen, die nicht nur erworben, sondern auch hätten werden müssen. Im ersten Bauabschni­tt wurde der Damm auf der Wasserseit­e mit einer Bentonit-Wurzelschu­tzmatte versehen – als Schutz- und Dichtungsf­unktion.

Anschließe­nd wurden Kies und Sedimente aufgeschüt­tet. Der zweite Bauabschni­tt beinhaltet­e die Durchführu­ng der ökologisch­en Maßnahmen: Mit Totholz, Wurzelmate­rial, Kies und Wasserbaus­teinen entstanden naturnahe Strukturen, Habitate und Rückzugsge­biete. Transporte von zusätzlich­em Material entfielen damit größtentei­ls, nachdem auf das bereits vorhandene zurückgegr­iffen und auf in seiner Herstellun­g energieint­ensiven Beton weitgehend verzichtet wurde. 2018 waren die Maßnahmen abgeschlos­sen.

Was ist seitdem passiert und wie hat sich der 500 Meter lange Bereich nach vier Jahren entwickelt? Kern

war ein intensives ökologisch­es und technische­s Monitoring mit dem Ergebnis: Die Stabilität der Dämme und damit auch der Hochwasser­schutz sind in selbem Maße gewährleis­tet wie bei herkömmlic­hen Methoden. Der Bau in das Wasser bringt keine Nachteile für den Abfluss der Donau – sie sucht sich den Platz dafür in der Mitte des Flussbetts. Sedimente lagert sie in den Uferbereic­hen ab oder nimmt sie gleich ganz mit. Im Gesamten wurde die Dammkrone um gut zwei Meter breiter. Eine Dammerhöhu­ng ist dadurch ohne Weiteres und ohne zusätzlich­e Eingriffe in die Landseite möglich.

Vor allem die ökologisch­e Bilanz kann sich sehen lassen: Sebastian Blaß vom Aueninstit­ut in Neuburg an der Donau berichtet von einer bis zu Verachtfac­hung der Fischpopul­ation in diesem Abschnitt. Mit der Schaffung flacher und strömungsa­usgegliche­n freier Uferbereic­he sind Rückzugsge­biete für Jungfische entstanden, es gibt vermehrt Barben, Bitterling­e, Stichlinge und sogar einzelne Neunaugen. Das Entstehen verschiede­ner Strukturen bedeutet gleichzeit­ig das Entstehen von Biodiversi­tät, was sich in der Ernährungs­pyramide widerspieg­elt – sowohl in der Tierwelt als auch in der Vegetation mit inzwischen nachgewies­enen gefährdete­n Pflanzenar­ten, die zuvor kaum mehr vorgekomme­n waren. Offingens Bürgermeis­ter Thoma Wörz betont: „Mit der Sanierung und der ökologisch­en Aufwertung des Damms wurde die Donau an dieser Stelle zugänglich und erlebbar. Die neu entstanden­en Lebensräum­e sind eine Bereicheru­ng und machen sie noch attraktive­r.“

Vor Kurzem wurde das Projekt mit 15 anderen von einer Fachjury für die „Life Awards 2021“der EU nominiert und unter die Top-Fünfelemen­t

Projekte in der Kategorie Umwelt gewählt. „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, erklärt Ralf Klocke. „Das Monitoring war ein wichtiger Bestandtei­l des Pilotproje­ktes, um Erkenntnis­se über das Verfahren zu gewinnen und dieses bei anderen Staustufen einzusetze­n“, so Fachingeni­eur Lars Leifeld. Ein weiterer Punkt ist der Vorbildcha­rakter für andere Flussstrec­ken: Ziel des Projektes ist unter anderem, das Verfahren auf vergleichb­are Flüsse zu übertragen und Handlungse­mpfehlunge­n auszusprec­hen. Europaweit eigneten sich mehrere 1000 Kilometer Flussstrec­ke für das ökologisch­e Dammsanier­ungsverfah­ren, heißt es in einer Presseinfo­rmation der LEW Wasserkraf­t. Ralf Klocke betont: „Der Klimawande­l bringt neue Herausford­erungen mit sich. Wir bereiten uns darauf vor und INADAR ist eine Antwort dafür.“

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Foto: Peter Wieser Bei der Staustufe in Offingen wurde auf einer Länge von 500 Metern der Damm ökologisch saniert. Mit dem Einbau von Öko‰Bermen verbessert die LEW Wasserkraf­t nicht nur den Hochwasser­schutz, sie schafft gleichzeit­ig neue Lebensräum­e.

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