Guenzburger Zeitung

Mit 16 verliebte er sich in die Literatur

Der Österreich­er Clemens J. Setz erhält die wichtigste Auszeichnu­ng für deutschspr­achige Literatur

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Darmstadt Große Pausen sind nicht das Ding von Clemens J. Setz. Wenn der österreich­ische Schriftste­ller über seinen Schaffensd­rang spricht, dann gehören Auszeiten nicht zu seinem Alltag. „Ich mache fast nie Pausen. Ich mache viele Sachen gleichzeit­ig, aber manche funktionie­ren auch nicht“, sagt der 38-Jährige.

Manche funktionie­ren aber umso besser. Nach zahlreiche­n Auszeichnu­ngen für sein literarisc­hes Werk in den vergangene­n Jahren hat ihn die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt am Dienstag als Träger des GeorgBüchn­er-Preises 2021 bekannt gegeben. Setz schreibt vielschich­tig konstruier­te Texte voller Zitate und Metaphern, die ihm bereits in jungen Jahren viel Lob einbrachte­n. „Das war mein liebstes Hobby und das ist es auch heute noch, das Schreiben von irgendwelc­hen Sachen.“Er habe das nie wirklich so als Beruf gesehen. „Dass das jetzt so passiert ist, ist viel Glück und viel gutes Timing.“

2007 erschien sein Debütroman „Söhne und Planeten“, schon 2008 wurde er zum Ingeborg-BachmannPr­eis eingeladen. 2011 erhielt er für seinen Erzählband „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädte­r Kindes“den Preis der Leipziger Buchmesse. Seinen Leserinnen und Lesern mutet er mitunter viel zu: Rund 1000 Seiten hat etwa sein kühner Roman „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, der ihm 2015 den WilhelmRaa­be-Literaturp­reis einbrachte. Vielfach preisgekrö­nt sind seine Geschichte­n, jetzt auch mit der wichtigste­n Auszeichnu­ng für Literatur in Deutschlan­d.

„Mit Clemens J. Setz zeichnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Sprachküns­tler aus, der mit seinen Romanen und Erzählunge­n immer wieder menschlich­e Grenzberei­che erkundet“, heißt es zur Begründung der Jury. Eine Auszeichnu­ng, die Setz als Ehre empfindet. Er habe es eigentlich zuerst gar nicht geglaubt. „Ich hätte nie gedacht, dass es so früh kommt im Leben.“Viele der Preisträge­rinnen und -träger der Vorjahre wie Josef Winkler und Friederike Mayröcker seien seine Vorbilder, ohne die er nie begonnen hätte zu schreiben. „Das ist schon sehr unwirklich.“Dabei habe er erst mit 16 angefangen Bücher zu lesen, erzählt Setz. „Aber dann ist das sich Verlieben in die Literatur sehr schnell passiert. Das war dann eine heftige, eindeutige Sache.“

Der in Graz geborene und heute in Wien lebende Setz studierte dann Germanisti­k und Mathematik. Doch nicht das Studium der Literatur, sondern die Mathematik inspiriert­e ihn zum Schreiben. Da denke man unkünstler­isch. „Man denkt nicht so frei assoziativ, sondern in strengen Formen – und das hat mich eigentlich sehr viel mehr zum Erfinden von Geschichte­n gebracht.“Doch trotz allen Erfolgs: Selbstzwei­fel habe man die ganze Zeit, berichtet Setz über das Schreiben. „Wer das nicht hat, ist meistens ein sehr unangenehm­er, sehr gefährlich­er Mensch.“Seinen Stoff holt sich der 38-Jährige aus Erinnerung­en. Dinge, an die man sich aktiv erinnere, die man nicht notieren müsse. Das Notizbuch sei das Grab für schlechte Einfälle. „Sachen, die man von selbst nicht vergisst, sind Sachen, über die man schreiben sollte.“Seine Intention: Die Kluft zwischen Menschen aufheben. Niemand könne wissen, was er denke und empfinde. Dies wolle er durch komplexe sprachlich­e Aussagen in einer Art Telepathie überwinden und so vielleicht auch verstehen, was andere denken. Und Setz hat noch ein Ziel außerhalb der Literatur. Sein Familienst­and: „Noch unverheira­tet und noch keine Kinder, aber ich arbeite an beidem und hoffe, dass das bald so sein wird.“

Oliver Pietschman­n, dpa

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Foto: dpa

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