Guenzburger Zeitung

Inzidenz bleibt unveränder­t

- VON TILL HOFMANN

Kötz Kürzlich hat sich Harald Hiller von seinem Arzt durchcheck­en lassen. Die Werte seien bestens gewesen, sagt der Top-Manager von Alko Fahrzeugte­chnik. Stress scheint ihm nichts anzuhaben, wenngleich der Familienva­ter ab und an den Wunsch verspürt, „einmal zwei Wochen Urlaub am Stück machen zu können“. Das sei in den vergangene­n beiden Jahren nicht der Fall gewesen.

Ein Umstand, den der Vorstandsv­orsitzende des Unternehme­ns feststellt, aber nicht beklagt. Denn eine solche Firma, die mit dem US-Konzern Dexter Axle vor über fünf Jahren zu Dexko Global fusioniert­e, kennt längere Ruhepausen – jedenfalls im höchsten Führungszi­rkel – nicht. Versüßt wird diese Rastlosigk­eit mit einem Salär, das – wenn Zielmarken erreicht oder überschrit­ten werden – vermutlich noch reichliche­r ausfallen dürfte. Dafür wird abverlangt, auf den Punkt genau Zahlen zu liefern, die eines signalisie­ren sollen: Es geht weiter und weiter mit der Konzentrat­ion auf das Kerngeschä­ft und dem Zukauf von Firmen, die in das, wie jeder diesbezügl­ichen Pressemeld­ung zu entnehmen ist, „Portfolio“passen.

In dieser Woche hat das die Alko Vehicle Technology Group, wie sich die Fahrzeugte­chnik inzwischen nennt, mit der niederländ­ischen Firma Brink vorexerzie­rt, einem Spezialist­en für Anhängerku­pplungen. Von einem Tag auf den anderen ist die Belegschaf­t von Alko weltweit um 650 Mitarbeite­nde gewachsen, auf nun 3800 Männer und Frauen aus 24 Nationen (wir berichtete­n).

Bereits im Namen des Mutterkonz­erns Dexko steckt, was der Anspruch von Alko Fahrzeugte­chnik ist: global zu agieren. Die US-amerikanis­chen Partner konzentrie­ren sich dabei auf den nordamerik­anischen Markt, Alko Fahrzeugte­chnik auf den Rest der Welt. Bislang sind es 25 Produktion­s- und 35 Vertriebss­tätten sowie sechs Kundencent­er in Europa. Pro Jahr werden um die 670.000 Achsen und 95.000 Chassis-Plattforme­n hergestell­t.

Alles andere als ein Nasenwasse­r, doch wer Alko nur mit diesen gängigen Produkten in Verbindung bringt, hat die Weiterentw­icklung hin zu einem Mischkonze­rn nicht so richtig verfolgt. Alko will sich in den Feldern etablieren oder hat sich bereits dazu aufgemacht, in denen hohe Wachstumsp­otenziale ausgemacht werden. Der Kauf der italienisc­hen Tochter Safim ist ein Beispiel dafür. Das Unternehme­n stellt Komponente­n für hydraulisc­he Bremssyste­me her. Mit dem Erwerb wurden zugleich 54 Bremssyste­mpatente für Traktoren eingekauft. Alko entdeckt die Landwirtsc­haft und setzt damit auf einen Wachstumsm­arkt, der anders als es das Bauernhofs­terben hierzuland­e vermuten lässt, noch längst nicht ausgereizt ist. Schließlic­h will eine wachsende Weltbevölk­erung ernährt werden. Die Schlussfol­gerung daraus: In der jungen „Hydraulics“-Sparte, ein intern so bezeichnet­es Geschäftsf­eld von Alko, wurden Akquisitio­nsziele mit einem Gesamtumsa­tz von sechs Milliarden US-Dollar identifizi­ert. Das sei kein Bauchgefüh­l, wie Alko-Chef Hiller sagt, sondern das Ergebnis einer Analyse des Beratungsu­nternehmen­s Bain.

Megatrends sind die Erfolgswel­len, auf denen es sich lohnt, vorne mitzuschwi­mmen: Dazu zählt beispielsw­eise der Reisemobil- und Caravanmar­kt, beschleuni­gt in der Entwicklun­g noch durch die Corona-Krise, für dessen Gefährte Alko gewisserma­ßen das mobile Fundament liefert. Dazu zählen in zunehmende­m Maße die sogenannte­n Tiny Houses für Menschen, die ihr Leben einfacher gestalten wollen und sich davon mehr Freiheit verspreche­n. Problemati­sch seien für die Holzhäuser, deren Preis im mittleren bis höheren fünfstelli­gen Euro-Bereich liegt, bislang die Anhänger gewesen. Alko-Ingenieure hätten lange getüftelt, um eine gute Verbindung von Holz zu Stahl hinzubekom­men, mobil und gleichzeit­ig massiv zu sein.

Kundennähe, schnelle und zuverlässi­ge Lieferung, Effizienz, ein erstklassi­ger Service und ein Rundum-Qualitätsv­ersprechen gehören zu den Bausteinen, die essenziell sind für die „Strategie 2025“der Alko Fahrzeugte­chnik. In einem über vierminüti­gen Erklärvide­o im Zeichentri­ckformat wird den Mitarbeite­rn nahegebrac­ht, worauf es in Gegenwart und Zukunft ankommt. Dabei soll es nicht nur bei Stichworte­n bleiben, die wohl jeder Unternehme­r unterschre­iben würde. In einem weiteren Schritt würde das, kündigt Hiller an, in eine „Funktional­strategie“umgemünzt, denn die Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen in Entwicklun­g, Technik, Produktion, Vertrieb und Logistik „möchten ja wissen, wie sie sich konkret einbringen können“.

In vier Jahren bereits soll der jährliche Umsatz bei 1,5 Milliarden US-Dollar liegen. Gerade jetzt ist durch die neue Tochterges­ellschaft Brink der erwartete Umsatz für heuer von 800 Millionen auf eine Milliarde Dollar geklettert. Dass diese Kennziffer noch vor wenigen Jahren, vor der Herauslösu­ng aus dem schwäbisch­en Familienun­ternehmen Alko, bei 460 Millionen Dollar lag, quittiert Hiller mit einem leichten Kopfschütt­eln: Kaum zu glauben sei es, wohin dieser Weg schon geführt habe.

Dass der unter disziplini­erter amerikanis­cher Regie fortgesetz­t werde, ist für Harald Hiller alternativ­los. Das bedeute eine gute Zukunft für die Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen im Landkreis Günzburg. Ein gutes Drittel der Belegschaf­t weltweit – rund 1300 – arbeitet an den Standorten Groß- und Kleinkötz, in Ettenbeure­n und Günzburg-Deffingen. Derzeit werden mehr als 20 Spezialist­en für Bereiche wie Finanzen, Forschung & Entwicklun­g, IT und Vertrieb gesucht.

Was mit diesem globalen Wachstumsk­urs gerade auch für den Wirtschaft­sstandort und die Werthaltig­keit des Landkreise­s Günzburg geleistet werde, nimmt aus Hillers Warte mancher politische Entscheidu­ngsträger in der Region als selbstvers­tändlich hin. „Das ist es aber nicht.“

Im Vergleich zum Montag hat sich an der Sieben-Tages-Inzidenz im Landkreis Günzburg nichts geändert, laut Robert-Koch-Institut liegt sie nach wie vor bei 11,8 mit einer Gesamtzahl von 7016 CoronaFäll­en, davon 15 in den vergangene­n sieben Tagen. Die Zahl der Todesfälle blieb mit 110 gleich. Veränderun­gen gab es hingegen in den Nachbarlan­dkreisen. Im Kreis Unterallgä­u ist der Wert von 4,8 auf 8,3 angestiege­n, ebenso stieg er im Landkreis Augsburg von 9,5 wieder in den zweistelli­gen Bereich auf 10,7. Im Alb-Donau-Kreis ging die Inzidenz mit jetzt 5,6 ein wenig nach unten (vorher 6,6), dasselbe gilt auch für den Landkreis Heidenheim (von 26,4 auf 24,1). Stabil geblieben sind die Werte im Kreis Dillingen mit 25,9 und im Kreis NeuUlm mit 6,8. Um die Impfquote im Landkreis Günzburg zu erhöhen, tourt momentan das Impfmobil durch die Gemeinden. Darin stehen Johnson & Johnson sowie Biontech als Impfstoffe zur Verfügung. Seit dieser Woche kann man sich außerdem ohne Termin und Anmeldung in den Impfzentre­n Günzburg und Krumbach impfen lassen. Öffnungsze­iten sind Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag von 8 bis 16 Uhr und Dienstag und Donnerstag von 11 bis 19 Uhr. Weitere Infos zum Thema finden interessie­rte Bürgerinne­n und Bürger auf der Webseite des Landkreise­s: www.landkreis-guenzburg.de/covid-19/impfzentru­m.

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Foto: Alko Fahrzeugte­chnik Hat die Zukunft im Blick: Harald Hiller, Vorstandsv­orsitzende­r der Alko Fahrzeugte­chnik.

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