Guenzburger Zeitung

Es wird eng für Hochstaple­r George Santos

FBI ermittelt gegen US-Abgeordnet­en

- Von Karl Doemens

Das Warten hat sich gelohnt. Drei Stunden haben die Reporter an diesem Morgen vor einem Gebäude auf den Kapitol ausgeharrt. Da endlich öffnet sich die Holztür neben der US-Flagge und George Santos tritt heraus.

Doch plötzlich bleibt der Abgeordnet­e der Republikan­er im USRepräsen­tantenhaus stehen. Eine Reporterin hat ihn nach seiner Mutter gefragt. Die war angeblich als Tochter jüdischer HolocaustÜ­berlebende­r in die USA gekommen und beim Terroransc­hlag auf das World Trade Center 2001 gestorben. Eine herzzerrei­ßende Geschichte. Tatsächlic­h waren die Vorfahren weder Juden noch Exilanten, die Mutter hielt sich am schicksalh­aften 11. September in Brasilien auf und starb erst 15 Jahre später. „Sie verhöhnen das Andenken meiner Mutter“, fährt Santos die Reporterin an.

Lügen und wenig glaubhafte Geschichte­n pflastern den Weg des 34-Jährigen. Nach eigenen Angaben ist er schwul, war aber schon mit einer Frau verheirate­t und trat mutmaßlich unter dem Namen

„Kitara Ravache“als Dragqueen auf. Seine Herkunft, seine Religion, sein Studium, seine Tätigkeit als Investment­banker bei TopWallstr­eet-Firmen, sein Vermögen – alles erlogen.

Und doch sitzt er seit nunmehr einem Monat für die Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus. Seine Mandate in zwei Ausschüsse­n hat Santos angesichts der täglich befremdlic­heren Enthüllung­en inzwischen verloren. Aber Abgeordnet­er darf er bleiben. Die hauchdünne Mehrheit der Republikan­er, die Parlaments­chef Kevin McCarthy zum Regieren braucht, ist seine politische Lebensvers­icherung.

Erst in zwei Jahren können sich die Wähler wehren. Oder die Justiz stoppt ihn. Denn nun gerät seine frühere Firma Devolder Organizati­on, die angeblich 80 Millionen Dollar Anlagekapi­tal managte und ihm Dividenden von eins bis fünf Millionen Dollar zahlte, in den Fokus der Ermittler. In deren Büchern finden sich nämlich keine Kunden. Damit stellt sich die Frage, woher jene 700.000 Dollar kamen, die Santos angeblich aus eigener Tasche für seine Kampagne für die Kongresswa­hl berappte.

Ganz bestimmt hat Santos auch dafür eine Erklärung. Und er wird sie im Brustton der Überzeugun­g vortragen. „Alles in Washington ist Theater“, hat er Anfang der Woche unfreiwill­ig entlarvend in einem TV-Interview gesagt.

 ?? Foto: Harnik, dpa ?? Für den US-Abgeordnet­en George Santos wird es eng.
Foto: Harnik, dpa Für den US-Abgeordnet­en George Santos wird es eng.

Newspapers in German

Newspapers from Germany