Alice Cooper wird 75 – und schockt niemanden mehr
Es gab eine Zeit, da lief es Leuten schon bei der Nennung seines Namens kalt den Rücken runter. Mittlerweile ist ein Konzert des Rockers eher eine Unterhaltungsshow mit Augenzwinkern. Und Guillotine.
New York Unzählige Male kniete Alice Cooper sich hin, beugte sich – das Genick entblößt – vornüber und wurde von einer Guillotine enthauptet. Der Klassiker des Schockrockers, natürlich stets simuliert, brachte Cooper in den 70ern und 80ern weltweite Aufmerksamkeit. Am heutigen Samstag wird die Musiklegende nun 75 Jahre alt und hat gerade eine neue Runde Konzerte angekündigt – die Zeiten des blanken Horrors sind für die Fans aber vorbei.
Coopers Karriere begann dabei eigentlich ganz harmlos. Als Sohn eines Priesters wurde Vincent Damon Furnier 1948 in Detroit im US-Bundesstaat Michigan geboren und zog später mit seiner Familie nach Arizona. Mit Freunden aus dem Lauf-Team nahm Cooper aus Spaß an Talentwettbewerben teil, zunächst noch als Beatles verkleidet. Nach Umbesetzungen, Umbenennungen und Umzug nach Los Angeles bekam die Truppe dann einen Platten-Vertrag. Ein magisches Hexenbrett soll laut Legende den endgültigen Bandnamen „Alice Cooper“ausgespuckt haben.
Frühe Alben verkauften sich nicht schlecht, aber erst der Song „School’s Out“– noch heute ein Dauerbrenner im Radio – brachte 1972 den Durchbruch. Weitere Charts-Bestseller wie „No More Mr. Nice Guy“folgten. Unaufhaltsam
tourte die Band, oft begleitet von heftigen Protesten wegen der gruseligen und von Kritikern als geschmacklos verurteilten Bühnenshows. Doch der Alkohol und der viele Stress führten die Band in einen Streit. Schließlich reklamierte Cooper den Bandnamen für sich alleine und startete solo. Die Namensänderung sei die beste Entscheidung
seines Lebens gewesen, sagte Cooper später. „Welcome To My Nightmare“hieß das erste Solo-Album des Rockers 1975.
Der Erfolg blieb Cooper erhalten, aber auch der Alkohol. „Ich war mein ganzes Leben Alkoholiker, aber all die Autos, Häuser, Frauen, Drogen – am Ende bleibt dir nichts“, sagte der Rocker mit den langen Haaren und den auf der Bühne kohlschwarz umrandeten Augen einmal. „Es gab Phasen in meinem Leben, an denen ich keine Ahnung mehr hatte, wer ich eigentlich war und was ich da machte.“Schließlich wies sich Cooper selbst in eine Entzugsklinik ein.
Geholfen hätten ihm schließlich das Golfen – und ausgerechnet der Glaube. Der Musiker fand in Kirchenbesuchen und beim Lesen in der Bibel halt. Und mit Golf eine neue Sucht, die ihn vom Trinken ablenkte. Obwohl oft als Sport für Snobs, aber nicht Grusel-Musiker verschrien, wurde Cooper ein Golfer, der auf hohem Niveau mithalten kann. Zu Hause ist er eigenen Beteuerungen zufolge immer ein Familienmensch gewesen – gegenüber seinen drei Kindern, die er mit der Tänzerin Sheryl Goddard hat, habe er nie Kraftausdrücke benutzt. Und auch wenn andere Künstler und Bands wie Marilyn Manson und Kiss den Schockrock längst übernommen haben, hat Cooper selbst, trotz fünf Jahrzehnten mit Klapperschlangen, Kunstblut und Knochendeko, auf der Bühne immer noch nicht genug.
Im April, Mai und August wird er in den USA wieder auf Stadiontour gehen – auch wenn seine Bühnenshow keinen Horror mehr ausstrahlt, wie Cooper 2021 der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Unsere Band war mal sehr gefährlich, aber ich weiß, dass ich heute niemanden mehr schocken kann. Die Leute erwarten diese Art Show von mir, aber die Zeiten, in denen wir leben, sind schockierender als alles, was ich jemals tun könnte.“