E-Motor statt Einspritzer
Mit Hybridmodellen will Opel die sportliche Submarke GSe wiederbeleben und aufwerten.
Die Welle mit den sportlichen Submarken hat auch Rüsselsheim erreicht. Ähnlich wie Cupra bei Seat, soll GSe bei Opel ein quirliges Eigenleben entwickeln – als dynamische Speerspitze der jeweiligen Baureihe. Den Start machen Astra und Grandland.
GSe-Modelle gab es in der Vergangenheit immer wieder bei der Marke mit dem Blitz. Damals aber noch mit einem großen E. Schon 1968 sorgte der Commodore GSE mit seinen bis zu 160 PS für Furore, später gab es auch den Monza als Grand Sport Einspritzung, und den legendären Manta GSi (i für injection). Das kleine e steht heute für „elektrisch“. Ein Vierzylinder-Benziner, kombiniert mit einem oder zwei E-Motoren. Damit zählen Grandland und Astra GSe zur Kategorie der Plug-in-Hybride (PHEV).
Beide schaffen rein elektrische Distanzen zwischen 60 und 80 Kilometern. Der Astra hat eine E-Maschine als Helfer an Bord, der Grandland sogar zwei. Neu ist das beim großen SUV nicht, weil es den Vorgänger schon in dieser Antriebskonstellation gab. Der Grandland X Hybrid 4 brachte es auch schon auf insgesamt 300 PS. Jetzt sieht er als GSe ein wenig schärfer aus, weil die Frontpartie mehr Charakter aufweist, das Heck ziert ein charakteristischer Diffusor. Die Sprintleistung bleibt mit 6,1 Sekunden von 0 auf 100 auf dem gleich hohen Niveau, das beim Preis jedoch deutlich zulegt. Mit 57.600 Euro kostet das stärkste Grandland-Modell nun rund 4.000 Euro mehr.
Etwas mehr Neuigkeiten als der Grandland hat der Astra GSe zu bieten. Das fängt bei der Leistung an. Im Vergleich zum bisherigen Spitzenmodell (180 PS) stehen jetzt sogar 225 PS zur Verfügung. Damit schließt der kompakte Opel fast zum Golf GTI (245 PS) auf. Beim Sprint von 0 auf 100 allerdings trennen die beiden ewigen Konkurrenten mehr als 1,3 Sekunden. Der Astra braucht 7,5 Sekunden, der GTI nur 6,2. Das Drehmoment liegt hüben (Opel) bei 360 Nm und drüben (Volkswagen) bei 370 Nm. Neu ist auch das Fahrwerk der Astra-GSe. Es wurde um 10 Millimeter abgesenkt. Während
so mancher Konkurrent mit adaptiven Dämpfern arbeitet, greifen die Opelianer auf ein Produkt des Spezialisten KONI zurück, das auf der sogenannten FSD-Technologie (Frequency Selective Damping) aufbaut. Hier richtet sich die benötigte
Dämpfkraft an der Bewegungsfrequenz des Autos aus. Vereinfacht gesprochen heißt das: Bei sportlicher Fahrweise wird das Fahrwerk automatisch härter und straffer. Bei moderatem Handling entsprechend weicher.
Fahrwerk können sie bei Opel. Das merkt man schon auf den ersten Metern. Der Astra schmeißt sich freudig in die Kurven wie die Freundin, die unerwartet und nach gefühlten Jahrzehnten dann doch noch einen Heiratsantrag bekommt.
Der Astra lenkt sich sauber und präzise, vielleicht mit einer etwas zu starken Rückmeldung. Verbrenner und E-Motor arbeiten sauber zusammen. Gemeinsam sind sie stark. Das gilt vor allem bei aufgeladenem Akku, wenn die Elektromaschine
aus dem Vollen schöpfen kann. Ist die Batterie leer, dann muss sich der Reihen-Vierzylinder schon ziemlich abplagen. Ansonsten ist der Antritt kraftvoll und satt. Auch wenn der Golf GTI beim Sprint schneller vom Fleck kommt, der Opel Astra ist zumindest vom Gefühl her eine echte Alternative. Verblüfft schaut man auf die Preise. Denn hier hat unerwarteterweise der Astra die Nase vorn. Das Top-Modell kostet ab 45.510 Euro, der Golf GTI mit Automatik steht mit 41.450 Euro im VW-Konfigurator. Bringt man die beiden Kompakten jedoch auf Augenhöhe bei der Ausstattung, bewegt sich auch der Preis auf Augenhöhe.
Mehr PS, ein feines Fahrwerk und ein cooleres Design. Als GSe ist der Opel Astra tatsächlich mehr als ein dürftiges Marketing-Derivat. Zumal es die schärfere Variante auch für den Kombi (den Sports Tourer) gibt. Beim Verbrauch hat sich das Hybrid-Fahrzeug nur halbwegs wacker geschlagen. 5,6 Liter Benzin verbrannten wir auf 100 Kilometern. Dazu muss man aber noch den Strom rechnen, denn die 12,6 kWhBatterie (Ladezeit knapp zwei Stunden) war leer. Bei einem Preis von 0,40 Cent pro Kilowattstunde kommen noch mal etwas über fünf Euro dazu, oder umgerechnet drei Liter Treibstoff. Das ist nicht wenig, aber auch nicht viel für die beachtliche Leistung. Einen Haken hat dieser Astra jedoch. Nämlich weil er keinen Haken hat, um Jackett oder Jacke aufzuhängen. Eigentlich erstaunlich für ein Auto, das überwiegend als langstreckentauglicher Dienstwagen eingesetzt wird.