Kurzarbeit bei mehreren Unternehmen
Eine schlechte Auftragslage für zu viel Personal oder zu wenig Personal für die gute Auftragslage: So geht es regionalen Firmen aus unterschiedlichen Branchen.
Einen Haken hinter das Jahr 2023 möchte Fabian Walz setzen. Für seine Firma Ludo Fact, die Puzzles, Brett- und Kartenspiele herstellt, war zumindest das erste Halbjahr „mit Abstand das schlechteste“im Vergleich zu den Vorjahren, sagt der Geschäftsführer auf Nachfrage unserer Redaktion. Der Firma blieb nichts anderes übrig, als für Teile der Belegschaft Kurzarbeit anzumelden. Ludo Fact ist jedoch nicht das einzige Unternehmen im Landkreis Günzburg, das zu diesem Mittel greifen musste, um nicht Stammpersonal zu entlassen. Der Trend zieht sich durch mehrere Branchen.
Bürokratie, Politik, Energiepreise, Inflation, Fachkräftemangel: Diese Begriffe nannten Betriebe in der Herbst-Umfrage der Industrieund Handelskammer (IHK) im Landkreis am häufigsten, wenn sie nach den Risiken für die Geschäftsentwicklung ihres Unternehmens aufgrund der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen gefragt wurden. Die Firma Ludo Fact hat mit einem anderen Problem zu kämpfen. In der Coronakrise sei die Nachfrage nach Spielen extrem hoch gewesen, „Puzzles und Spiele liefen außergewöhnlich gut“, sagt Fabian Walz. Das Verkaufsniveau sei auch heute nicht schlecht. Der Knackpunkt sei, dass die Großkunden zu hohe Lagerbestände angehäuft hätten.
Vor allem zu Beginn des Jahres 2022 sei zu viel nachbestellt und nur gelagert worden. Im Laufe des Jahres sei dann die Nachfrage nach „großen Spielen“, die in der Herstellung aufwendig, aber für die Firma besonders wichtig seien, eingebrochen.
Die Folge bei Ludo Fact: Im Dezember vergangenen Jahres arbeiteten Teile der Belegschaft keinen einzigen Tag. Auch heuer sei das Personal zum Teil schlecht beschäftigt gewesen, „aber wir haben bewusst kein Personal abgebaut“, betont Walz. Seit November und vorsichtshalber noch bis 31. März ist Kurzarbeit angemeldet, laut Walz ist derzeit aber nur eine zweistellige Mitarbeiterzahl betroffen. Er ist überzeugt, dass sich die Lage normalisiert.
Die Vorzeichen für das neue Jahr sähen viel besser aus. „Wir laufen aus der Krise heraus, den Tiefpunkt haben wir hinter uns gelassen.“Fabrice Rousseau legt die Karten offen auf den Tisch. „Für unsere Branche war es ein schlechtes Jahr, die gesamte Sonnenschutz-Branche ist rückläufig“, sagt der gebürtige Franzose, der seit einem Jahr Geschäftsführer bei der Firma Erhardt Markisenbau in Burtenbach ist. Ihm sei klar gewesen, dass es nach dem Rekordjahr 2021 nicht so weitergehen könne. Während der Corona-Pandemie seien viele Menschen ins Homeoffice gewechselt und hätten in ihr Haus investiert. Schon im vergangenen Jahr habe sich aber abgezeichnet, dass die Nachfrage zurückgeht. Heuer sei das Kaufverhalten der Kunden noch zurückhaltender geworden.
Auf „Komfortprodukte“wie Markisen und Terrassendächer verzichte man eben in wirtschaftlich schweren Zeiten leichter. In gewöhnlichen Jahren ist es laut Rousseau normal, dass SonnenschutzHersteller im Winter weniger zu tun haben. Dies werde kompensiert, indem man im starken Sommer-Geschäft
Zeitarbeiter einsetzt. Heuer war das nicht der Fall, „die Saison lief anders“. Der Firma Erhardt blieb nichts anderes übrig, als von den 200 Mitarbeitern zum 1. Oktober an die 120 in Kurzarbeit zu schicken. Während die Innendienstler seit Anfang Dezember wieder normal arbeiten, befindet sich die Produktion mit 90 Mitarbeitern zumindest an einem Tag in der Woche noch immer in Kurzarbeit. Am Freitag schließt der Betrieb, ab Januar soll alles wieder normal laufen. Doch Rousseau sagt ehrlich: „Auch nächstes Jahr erwarten wir kein Wunder.“
Was 2024 auf die Baubranche zukommt, vermag keiner zu sagen. Christoph Ost, Geschäftsführer der Ichenhauser Baufirma Abenstein, sagt nur so viel: „Wir befürchten Schlimmes. Die Verunsicherung ist groß.“Dieses Jahr sei ein gutes gewesen, „obwohl es immer hieß, dass es schlecht wird“. Die Stammmannschaft, insgesamt 85 Leute, habe voll durchgearbeitet. Lediglich zehn Zusatzkräfte habe die Firma nicht weiter beauftragt. Man könne auf jeden Fall gut ins neue Jahr starten, in den ersten Monaten könnten noch ausstehende Aufträge abgearbeitet werden.
Eines weiß Ost aber jetzt schon: „Es wird nicht mehr so weitergehen wie bisher.“Trotzdem ist er guter Dinge, dass die Baufirmen im Landkreis Günzburg einer Krise standhalten können. „Wir sind darauf vorbereitet.“
Aufträge gibt es zwar für den Krumbacher Automobilzulieferer Indorama genug, wie Personalchefin Gabriele Glaser-Däubler berichtet. Die Firma ist nicht nur auf das Herstellen von Airbags ausgelegt, sondern produziert zum Beispiel auch Textilien für Fallschirme oder Heißluftballons. Kurzarbeit aufgrund der wirtschaftlichen Situation gebe es nicht. „Bei uns ist eher das Gegenteil der Fall. Wir haben im Schnitt 25 bis 30 vakante Stellen, die nicht besetzt sind.“
Oliver Stipar, Regionalgeschäftsführer für Westschwaben, sagte kürzlich zur positiven Arbeitslosenquote von 2,1 im Landkreis Günzburg: „Die Kehrseite der Medaille ist, dass der Mangel an Arbeitsund Fachkräften unverändert zu den größten Risiken der Unternehmen gehört.“(mit sohu)