Das plant der neue Vorstand der Raiba
Seit Anfang des Jahres hat die Raiffeisenbank Ichenhausen mit Heinrich Müller ein neues Vorstandsmitglied. Zusammen mit Achim Krist verfolgt er ein klares Ziel.
Seine neue Visitenkarte gefällt Heinrich Müller ausgesprochen gut. Er drückt sie gerne Besuchern und Kunden in die Hand, ist doch auf diesem kleinen Stück Karton in wenigen Worten ausgedruckt, was dem neuen Vorstand der Raiffeisenbank Ichenhausen wichtig ist. Denn direkt unter dem bekannten Bankenlogo prangt in blauer und roter Farbe der Slogan: „Die etwas andere Bank“. Bewusst hat sich der 52-Jährige für ein neues Unternehmen entschieden, als er Ende des Jahres die Raiffeisenbank Bissingen verlassen hat. In Ichenhausen sieht Müller die Chance auf ein anderes Arbeiten, das er zusammen mit dem langjährigen Vorstand Achim Krist umsetzen will. Im Gespräch mit unserer Redaktion sprechen die beiden über ihre gemeinsamen Ziele und wie sie einer Fusion gegenüberstehen, wie es vor Kurzem die Sparkasse GünzburgKrumbach vorgemacht hat.
Heinrich Müller ist ein Genossenschaftsbanker durch und durch, tritt aber jetzt zum ersten Mal in der Günzburger Region in Erscheinung. Bisher war er bis auf eine Ausnahme in seinem Dillinger Heimatlandkreis
tätig. 1989 begann er seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der damaligen Raiffeisenbank Aschberg, sammelte dort wichtige Berufserfahrung, bevor er einige Jahre ins Baden-Württembergische wechselte. Zuletzt, seit 2020, war er Vorstand der Bissinger Bank – bis diese im vergangenen Jahr die Fusion mit der Rieser Bank beschloss. Zweimal musste darüber abgestimmt werden, da bei einer ersten Abstimmung die nötige Mehrheit gefehlt hatte.
Heinrich Müller hatte da schon gekündigt. Seiner Meinung nach sei die Fusion für die kleine Raiffeisenbank Bissingen zwar unumgänglich gewesen. Die Schwierigkeiten mit der Personalplanung seien damit gelöst worden. Auf der anderen Seite wäre es nicht sein Ding gewesen, für ein plötzlich viel größeres und nicht mehr so überschaubares Unternehmen zu arbeiten. Eine andere Stelle in Ichenhausen kam ihm da deutlich mehr entgegen. Ein Posten wurde frei, da der bisherige Vorstandsvorsitzende Michael Hösle nach über 38 Jahren, davon 27 Jahre im Vorstand, Ende des vergangenen Jahres ausschied. Der Aufsichtsrat beschloss, künftig auf eine Abstufung im Vorstand zu verzichten und auf zwei gleichberechtigte Vorstandsmitglieder zu setzen.
Einer war mit Achim Krist, 55 Jahre alt und in Kürze seit 22 Jahren in Ichenhausen tätig, schon da. Der andere war mit Hermann Müller schnell gefunden. Aus Krists Sicht ist er der richtige Mann an seiner Seite: „Wir wollten jemanden haben, der zu einem kleinen Haus steht, der operativ mitarbeiten muss.“Etwa 50 Mitarbeitende führt das Duo jetzt an. Müller, der von seinem Wohnort Lauingen herpendelt, ist zwar erst seit wenigen Wochen hier, doch schon jetzt fühlt er sich wohl. Im Gespräch mit unserer Redaktion lobt er die familiäre Atmosphäre. Als Vater zweier vier und sieben Jahre alten Kinder sei Familie ein zentrales Thema für ihn. Etwas, was er bei der Fusion seines alten Arbeitgebers sicherlich vermisst hätte. „Da sind es auf einmal über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewesen, das ist eine ganz andere Welt“, sagt Müller.
Unvorstellbar wäre für ihn eine Fusion wie zwischen den Sparkassen Günzburg-Krumbach und Schwaben-Bodensee, wo künftig über 1400 Mitarbeiter unter einem Namen firmieren. Für den 52-Jährigen gehe durch einen solch gewaltigen Zusammenschluss vieles verloren, in erster Linie das „persönliche Bankgeschäft“. Genossenschaftsbanken stünden in seinen Augen für Kundennähe. Achim Krist ergänzt an dieser Stelle: „Je größer die Banken werden, desto weiter entfernt man sich von den Wurzeln.“Er und Müller betonen unisono, den genossenschaftlichen Auftrag in den nächsten Jahren erfüllen und regional tätig bleiben zu wollen. Von einem Zusammenschluss mit einer größeren Bank nehme man Abstand. „Wir wollen so lange wie möglich selbstständig bleiben“, bekennen sich die beiden zum Standort Ichenhausen. „Wir sind optimistisch, dass uns das gelingt“, sagt Müller. „Unsere Bank ist attraktiv genug.“
Natürlich könne man es mit einer Bilanzsumme von 320 Millionen Euro nicht mit den Sparkassen Günzburg-Krumbach (2,4 Milliarden Euro) und Bodensee (9,5 Milliarden Euro) aufnehmen, weiß Achim Krist. Dafür habe eine kleinere Bank wie Ichenhausen eine andere „Trumpfkarte“. „Wir punkten vor Ort, hier geht es persönlich zu. Die Nähe zum Vorstand ist uns wichtig.“In Ichenhausen könne jeder Kunde auf Wunsch direkt mit diesem sprechen oder sich von diesem beraten lassen. Bei Großbanken
müsse man selbst als Mitarbeitender Wochen im Voraus einen Termin beim Vorstand vereinbaren. „Bei uns ist die Tür immer auf, hier sind die Wege kurz“, sagt Krist. Genau damit gelinge es auch immer wieder, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Konkurrenz „von großen Tankern loszueisen“.
Und das Angestelltenthema ist laut dem Raiba-Vorstand ein sehr großes. Hauptgrund von Fusionen sei der Fachkräftemangel im Bankenwesen. Seit der Bankenkrise habe die Attraktivität des Berufsbildes stark nachgelassen, die Azubi-Bewerbungen seien leider „im Sinkflug“. Ichenhausen stehe derzeit gut da.
Den Eindruck hat Heinrich Müller schon nach wenigen Tagen gewonnen. „Hier sind hoch motivierte Mitarbeiter, die zu ihrer Bank stehen.“Er wird künftig seinen Teil dazu beitragen und sich hauptsächlich um den internen Bereich wie Regulatorik und Bilanzen kümmern. Während er der „ZDF-Typ“sei, dem Zahlen, Daten und Fakten am Herzen liegen, befasst sich Kollege Krist vorzugsweise im Kundengeschäft mit Kreditgeschäften, Bankeinlagen und Wertpapieren. Damit ergänze man sich hervorragend.