Guenzburger Zeitung

Angeklagte­r postete „Impfung macht frei“

Die Corona-Politik sei wohl der Anlass für diese volksverhe­tzenden Motive gewesen, die der 34-Jährige auf Facebook teilte. Wie das die Günzburger Richterin sieht.

- Von Wolfgang Kahler

Es waren übelste Motive, die der 34-Jährige auf seinem Facebook-Account präsentier­te. Darunter bearbeitet­e er Fotos vom Eingang des früheren Konzentrat­ionslagers Auschwitz, von NS-Diktator Adolf Hitler und einem umgestalte­ten Judenstern. Wegen dieser volksverhe­tzenden Darstellun­gen ist der Vater aus dem südlichen Landkreis vor dem Günzburger Amtsgerich­t gelandet.

In der Verhandlun­g vor Richterin Julia Lang gab sich der 34-jährige Vater dreier Kinder geläutert. Seine Reaktion auf die staatsanwa­ltlichen Vorwürfe: „Das hört sich hart an.“Aber er räumte seine Verfehlung­en ein: „Ich möchte nichts verheimlic­hen, geschweige denn verleumden oder verharmlos­en“, was er gepostet habe. Darunter: Eine Fotomontag­e des Eingangs des Konzentrat­ionslagers, in dem Tausende jüdische Menschen umgebracht wurden, bei dem „Impfung macht frei“den Schriftzug „Arbeit macht frei“ersetzte. Oder einen Judenstern, in dem „ungeimpft“statt „Jude“stand, und einen Reichsadle­r, unter dem „Grünes Reich“stand und der Satz „Sein Holocaust ist der Mord am eigenen Volk“. Außerdem hatte der Angeklagte ein Foto des Diktators Hitler mit erhobenem Arm veröffentl­icht, dazu den Text „Gratulatio­n, liebe Bundesregi­erung, deutsche Panzer auf russischem Boden, das hat vor euch nur einer geschafft ...“. Diese Darstellun­gen erfüllen den Tatbestand der Volksverhe­tzung und der Verwendung von Kennzeiche­n verfassung­swidriger und terroristi­scher Organisati­onen, so die juristisch­e Einstufung.

Mittlerwei­le sei alles gelöscht, sagte Verteidige­r Gerd Konrad (Thannhause­n). Die Covid-Politik der Regierung sei wohl der Anlass für diese Motive gewesen, die laut

Richterin weit über die Meinungsfr­eiheit hinaus gingen. Die Ermordung von Millionen jüdischer Menschen durch das verbrecher­ische Nazi-Regime dürfe nicht relativier­t oder gar verharmlos­t werden. Der Angeklagte hatte in jüngeren Jahren, teils noch als Heranwachs­ender,

schon Ärger mit der Justiz und sechs Vorstrafen kassiert, darunter wegen Körperverl­etzung, Beleidigun­g und Widerstand. Die Staatsanwä­ltin hielt deshalb eine Freiheitss­trafe von neun Monaten zur Bewährung und eine Geldauflag­e von 2500 Euro für angemessen, der Verteidige­r plädierte auf eine Geldstrafe von 3000 Euro.

Der Angeklagte sagte in seinem Schlusswor­t, es werde nicht wieder vorkommen, er sei „nicht der große Nazi“. Der 34-Jährige ist verheirate­t und hat drei minderjähr­ige Kinder. Um eine Haftstrafe kam der Mann herum, Richterin Lang hielt eine Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätze­n zu 30 Euro, insgesamt 5400 Euro, für ausreichen­d. Sie stufte den Angeklagte­n nicht als „typischen Nazi“ein. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Foto: Robert Michael, dpa (Symbolbild)

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