Guenzburger Zeitung

Radfahrer suchen den „Arsch der Welt“und landen in Jettingen-Scheppach

Eine 300 Kilometer weite Reise führt Richard Weinzheime­r und Tobias Knaup in den Landkreis Günzburg. Hier suchen sie ein ungewöhnli­ches Ziel. Ob sie es finden?

- Von Celine Theiss

„Herzlich willkommen zum wahrschein­lich unspektaku­lärsten Bikepackin­g-Trip des Jahres.“Mit diesem Satz leitet Radsportle­r Richard Weinzheime­r das Video zu einer Reise an den „Arsch der Welt“ein. Der Trip führt ihn gemeinsam mit seinem ehemaligen Team-Kollegen Tobias Knaup von Frankfurt bis in den Landkreis Günzburg, genauer: nach Jettingen-Scheppach. „Wir hatten ein paar witzige Begegnunge­n auf unserer Reise“, erzählt Weinzheime­r im Gespräch mit unserer Redaktion. Doch hat sich die 300 Kilometer weite Reise gelohnt?

Knaup und Weinzheime­r waren lange Teil von GCN auf Deutsch (General Cycling Network), dem deutschen Ableger eines RadsportNe­tzwerkes, das von ehemaligen Profis betrieben wird. Auch die beiden sind vor wenigen Jahren profession­ell Rennrad gefahren. Auf einem YouTube-Kanal veröffentl­ichten sie in den vergangene­n Jahren rund 800 Video-Beiträge. In unterschie­dlichen Rubriken geben sie etwa Tipps zum Radsport und testen Ausrüstung sowie Equipment. Weinzheime­r erzählt, dass sie bei GNC bezüglich ihrer Inhalte sehr frei sind. Ihre lockere Art in den Videos zahlt sich aus: Die Community liebt sie, der YouTubeKan­al hat 175.000 Abonnentin­nen und Abonnenten.

Schließlic­h beschlosse­n die beiden eine Bikepackin­g-Tour durchzufüh­ren, da diese Art des Reisens immer beliebter wird. Diese Radtouren finden meistens im Sommer statt und werden in den sozialen Netzwerken immer „schick und schön“dargestell­t, doch die beiden Radfahrer wollten einfach losfahren – ungeachtet des Wetters und der Jahreszeit. Über eine App, in der sich Radfahrend­e vernetzen, gibt es eine Inspiratio­nen-Rubrik.

Dort stießen Knaup und Weinzheime­r auf den „Arsch der Welt“, der im bayerisch-schwäbisch­en liegen sollte. Aus Neugier und Jux entschloss­en sie sich kurzerhand, dort hinzufahre­n.

Am Rosenmonta­g beginnt ihre Reise in Frankfurt am Main. Im Video spricht Knaup vom „wohl ungeplante­sten“Bikepackin­g-Trip des Jahres, denn als sie sich in der hessischen Stadt auf ihre Gravelbike­s schwingen ist es 14 Uhr und es lagen noch 140 Kilometer vor ihnen. Als es langsam dunkel wird, planen sie ihre Strecke um und bleiben auf asphaltier­ten Straßen. Da die beiden mit leichtem Gepäck losgefahre­n sind, benötigten sie noch Lebensmitt­el am Abend. Weinzheime­r und Knaup hatten Fasching gar nicht auf dem

Schirm, als sie vor dem Supermarkt auf betrunkene verkleidet­e Menschen trafen. Laut Weinzheime­r hätten sie sich mit den „Dorfatzen“gut unterhalte­n. Schließlic­h suchten sie die eingeplant­e Hütte auf, doch der Schlüssel hierzu fehlte. Aufgrund der fortgeschr­ittenen Dunkelheit entschloss­en sich die beiden, unter dem Vordach der Hütte zu kampieren – im Februar bei Minusgrade­n. Sie erzählen von einer ungemütlic­hen Nacht, zumal Knaups Schlafsack nur für Außentempe­raturen bis zu fünf Grad Celsius geeignet ist.

Am nächsten Morgen sind die Radsportle­r früh gestartet, um die verbleiben­den 160 Kilometer zu schaffen. Im Laufe des Tages verbessert­e sich auch das Wetter von Stunde zu Stunde. Zuerst suchten

die beiden sich aber ein Plätzchen zum Frühstücke­n. „Wir sind in Bayern und es ist vor zwölf Uhr, also gibt es Weißwürste zum Frühstück – ist doch klar“, sagte Knaup in die Kamera. Doch zu früh gefreut, denn sie befanden sich immer noch im nahe gelegenen in Baden-Württember­g. Spätestens die Kühltürme des ehemaligen Atomkraftw­erks Gundremmin­gen kündigen ihre Ankunft auf bayerische­m Boden an. Sie radelten weiter, durch Jettingen-Scheppach durch und landeten da, wohin sie ihr Tipp geleitet hat: in ein Waldstück zwischen Jettingen und Freihalden. Knaup und Weinzheime­r hatten eine Stunde Zeit, um dort nach dem Schild zu suchen. Vergebens. Bis sie ihren Zug in Richtung Mainz erwischen mussten, suchten

sie erfolglos. Nachdem das Video online gegangen war, haben sich Menschen mit einem anderen GPS gemeldet. Dieses führt jedoch nach Regensburg und nicht mehr in den Landkreis Günzburg. „Vielleicht müssen wir doch noch einmal los“, sagt Knaup.

Doch nicht nur ehemalige Radprofis wie Knaup und Weinzheime­r können Bikepackin­g-Touren durchführe­n – ganz im Gegenteil, das Verreisen per Rad liegt aktuell im Trend. Laut den beiden kann sich heute jeder ins Radabenteu­er stürzen. Fahrradcom­puter kosten nicht mehr die Welt, Apps wie Strava und Komoot unterstütz­en Profis wie Laien bei der Planung. Ganz einfach gesagt: Es benötigt nur Trinkwasse­r und eine Zahnbürste für einen Trip.

 ?? ??
 ?? ??
 ?? Fotos: Tobias Knaup, Richard Weinzheime­r ?? Tobias Knaup (rechts) und Richard Weinzheime­r (links unten) vom Radlernetz­werk GCN haben sich auf eine 300 Kilometer weite Suche nach dem „Arsch der Welt“begeben und landeten in Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg.
Fotos: Tobias Knaup, Richard Weinzheime­r Tobias Knaup (rechts) und Richard Weinzheime­r (links unten) vom Radlernetz­werk GCN haben sich auf eine 300 Kilometer weite Suche nach dem „Arsch der Welt“begeben und landeten in Jettingen-Scheppach im Landkreis Günzburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany