Guenzburger Zeitung

Haftstrafe schüchtert 19-Jährigen nicht ein

Ein 19-Jähriger hat erst einen Jugendlich­en, später Beamte in Ichenhause­n attackiert. Vor dem Schöffenge­richt sagt er etwa: „So ein Nasenbein bricht schnell.“

- Von Wilhelm Schmid

Selten wird man einen Angeklagte­n erleben, der vor Gericht so deutlich erkennen lässt, wie wenig ihn das gesamte Verfahren interessie­rt. Und das, obwohl er wegen einer widerrufen­en Bewährung bereits in Haft sitzt und zusammen mit drei neuen Straftaten eine mehrjährig­e Haft zu erwarten hat. Bei einem jungen Mann aus dem Landkreis Günzburg war das vor dem Schöffenge­richt des Amtsgerich­ts Memmingen der Fall. Der inzwischen 19-Jährige hatte im vergangene­n Jahr am Ichenhause­r Bahnhof mehrere Polizisten attackiert und verletzt und eine Vorstrafe antreten müssen. Jetzt wurde er aus der Haft der Richterin vorgeführt, aber das schien ihn nicht zu beeindruck­en. Stattdesse­n diskutiert­e er in einer Verhandlun­gspause mit der Jugendgeri­chtshelfer­in, ob er nach der Haft zur Bundeswehr gehen solle, weil dort ein geregelter Tagesablau­f geboten sei. Er meinte dazu, der Zweite Weltkrieg sei ja noch nicht vorbei, aber die Streitkräf­te würden ihn wegen seiner Vorstrafen wohl nicht einstellen. Eingangs der Verhandlun­g ließ er über seine Verteidige­rin ein umfassende­s Geständnis ablegen, es sei alles richtig, wie es in der Anklage stehe. Im Februar des Vorjahres hatte er einem Jugendlich­en das Nasenbein gebrochen. „So ein Nasenbein bricht schnell“, war sein Kommentar dazu. Weiter hatte er den Geschädigt­en mehrfach mit der Hand, der Faust und einem Fußtritt ins Gesicht traktiert. Einen Monat später hatte er demselben Jugendlich­en weitere Faustschlä­ge versetzt. Der in den ersten beiden Fällen Geschädigt­e trug wenig zur Aufklärung vor Gericht bei. Man hatte als Zuschauer fast das Gefühl, der Zeuge traue sich nicht, gegen den Angeklagte­n auszusagen. Deshalb und wegen mehrerer Vorstrafen war der Angeklagte zur Festnahme ausgeschri­eben. Als ihn eine Polizeistr­eife im Mai 2023 am Ichenhause­r Bahnhof entdeckte, forderten die Beamten gleich Unterstütz­ung an, die sie dann auch dringend benötigten. Als ihm die Festnahme und der Haftbefehl eröffnet wurden, schlug der junge Mann wie wild um sich und beleidigte die vier Polizisten aufs Übelste und fortdauern­d. Drei Beamte waren schließlic­h verletzt, nachdem es ihnen gelungen war, den jungen Mann auf dem Boden zu fixieren und in die Arrestzell­e zu bringen.

So war der Fall schnell klar: Vorsätzlic­he und gefährlich­e Körperverl­etzung in mehreren Fällen, Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte, Beleidigun­gen und Sachbeschä­digung hatten sich damit angesammel­t. Vom Angeklagte­n war dazu nur zu hören, er wolle aber in den Strafvollz­ug für Erwachsene, da habe er seine Ruhe und werde nicht wie in der Jugendhaft

immer wieder durch Beratungen belästigt. Den Gefallen taten ihm aber Richterin Rabe und ihre Schöffen nun doch nicht.

Drei Jahre Jugendstra­fe unter Einbeziehu­ng der bereits begonnenen Haft, die das Amtsgerich­t Günzburg vorab verhängt hatte, lautete das Urteil. Er mache einen „wenig erwachsene­n Eindruck“, gab ihm die Richterin noch mit auf den Rückweg in die JVA; er habe den „Ernst der Lage nicht erkannt“und wenn die Beratungen in der Jugendhaft nicht erfolgreic­h verliefen, werde er wohl sein ganzes Leben immer wieder in Haft gehen – aber diese Überlegung sei wohl beim Angeklagte­n noch nicht angekommen. Alle Parteien nahmen das Urteil sofort an, sodass der junge Mann direkt in die Haftanstal­t zurückverl­egt wurde.

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(Symbolbild) Foto: Alexander Kaya In Ichenhause­n hat ein damals 18-Jähriger Widerstand gegen Polizeibea­mte geleistet.

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