Haftstrafe schüchtert 19-Jährigen nicht ein
Ein 19-Jähriger hat erst einen Jugendlichen, später Beamte in Ichenhausen attackiert. Vor dem Schöffengericht sagt er etwa: „So ein Nasenbein bricht schnell.“
Selten wird man einen Angeklagten erleben, der vor Gericht so deutlich erkennen lässt, wie wenig ihn das gesamte Verfahren interessiert. Und das, obwohl er wegen einer widerrufenen Bewährung bereits in Haft sitzt und zusammen mit drei neuen Straftaten eine mehrjährige Haft zu erwarten hat. Bei einem jungen Mann aus dem Landkreis Günzburg war das vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Memmingen der Fall. Der inzwischen 19-Jährige hatte im vergangenen Jahr am Ichenhauser Bahnhof mehrere Polizisten attackiert und verletzt und eine Vorstrafe antreten müssen. Jetzt wurde er aus der Haft der Richterin vorgeführt, aber das schien ihn nicht zu beeindrucken. Stattdessen diskutierte er in einer Verhandlungspause mit der Jugendgerichtshelferin, ob er nach der Haft zur Bundeswehr gehen solle, weil dort ein geregelter Tagesablauf geboten sei. Er meinte dazu, der Zweite Weltkrieg sei ja noch nicht vorbei, aber die Streitkräfte würden ihn wegen seiner Vorstrafen wohl nicht einstellen. Eingangs der Verhandlung ließ er über seine Verteidigerin ein umfassendes Geständnis ablegen, es sei alles richtig, wie es in der Anklage stehe. Im Februar des Vorjahres hatte er einem Jugendlichen das Nasenbein gebrochen. „So ein Nasenbein bricht schnell“, war sein Kommentar dazu. Weiter hatte er den Geschädigten mehrfach mit der Hand, der Faust und einem Fußtritt ins Gesicht traktiert. Einen Monat später hatte er demselben Jugendlichen weitere Faustschläge versetzt. Der in den ersten beiden Fällen Geschädigte trug wenig zur Aufklärung vor Gericht bei. Man hatte als Zuschauer fast das Gefühl, der Zeuge traue sich nicht, gegen den Angeklagten auszusagen. Deshalb und wegen mehrerer Vorstrafen war der Angeklagte zur Festnahme ausgeschrieben. Als ihn eine Polizeistreife im Mai 2023 am Ichenhauser Bahnhof entdeckte, forderten die Beamten gleich Unterstützung an, die sie dann auch dringend benötigten. Als ihm die Festnahme und der Haftbefehl eröffnet wurden, schlug der junge Mann wie wild um sich und beleidigte die vier Polizisten aufs Übelste und fortdauernd. Drei Beamte waren schließlich verletzt, nachdem es ihnen gelungen war, den jungen Mann auf dem Boden zu fixieren und in die Arrestzelle zu bringen.
So war der Fall schnell klar: Vorsätzliche und gefährliche Körperverletzung in mehreren Fällen, Widerstand und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigungen und Sachbeschädigung hatten sich damit angesammelt. Vom Angeklagten war dazu nur zu hören, er wolle aber in den Strafvollzug für Erwachsene, da habe er seine Ruhe und werde nicht wie in der Jugendhaft
immer wieder durch Beratungen belästigt. Den Gefallen taten ihm aber Richterin Rabe und ihre Schöffen nun doch nicht.
Drei Jahre Jugendstrafe unter Einbeziehung der bereits begonnenen Haft, die das Amtsgericht Günzburg vorab verhängt hatte, lautete das Urteil. Er mache einen „wenig erwachsenen Eindruck“, gab ihm die Richterin noch mit auf den Rückweg in die JVA; er habe den „Ernst der Lage nicht erkannt“und wenn die Beratungen in der Jugendhaft nicht erfolgreich verliefen, werde er wohl sein ganzes Leben immer wieder in Haft gehen – aber diese Überlegung sei wohl beim Angeklagten noch nicht angekommen. Alle Parteien nahmen das Urteil sofort an, sodass der junge Mann direkt in die Haftanstalt zurückverlegt wurde.