Guenzburger Zeitung

Heribert Prantls Loblied auf den Frieden

Der Autor hält in Leipheim ein flammendes Plädoyer für die Demokratie, das Grundgeset­z – und Büchereien und Bibliothek­en als Orte des Friedens.

- Von Sandra Kraus

Leipheim Buchautor Heribert Prantl hielt im Leipheimer Zehntstade­l ein flammendes Plädoyer für den Frieden und die Demokratie. Das aktuelle Buch des Juristen und der SZ-Ikone, wie Marion Bayer, Leiterin der Stadtbüche­rei im Kantorhaus Leipheim, ihn vorstellte, entstand angesichts des russischen Angriffskr­iegs auf die Ukraine.

„Den Frieden gewinnen – Die Gewalt verlernen“ist ein Buch über die Gewalt, ihre Ursachen und die Möglichkei­ten, ihr Einhalt zu gebieten. Prantls 90-minütiger Vortrag ist mehr als eine Lesung, es ist ein Ritt durch die Menschheit­sgeschicht­e und ihr Ringen um Frieden, der sich durch die Abwesenhei­t von Krieg definiert. Prantl sagte: „Ich bin hier in Leipheim um drei Loblieder zu singen. Eines auf die Büchereien und Bibliothek­en, diese beliebten Haltestell­en des Geistes, die weltweit einen Boom erleben, als friedliche Orte für lesende Versenkung und animierte Kommunikat­ion.“

Das zweite Loblied Prantls handelt vom Grundgeset­z, das am 23. Mai seinen 75. Geburtstag feiert, für ihn „so etwas wie die Bibel der Gesellscha­ft“. Entstanden im Dreck, auf den Schutthüge­ln des Zweiten Weltkriegs schufen 30 Fachleute auf Herrenchie­msee das Grundgeset­z. In dessen Artikel 1 sieht Heribert Prantl, gelernter Richter und Staatsanwa­lt, das Fundament der Republik. „Die Würde des Menschen ist unantastba­r. So der Artikel 1. Es heißt nicht des deutschen Menschen, des nicht-migrierten Menschen oder des arbeitsfäh­igen, arbeitswil­ligen Menschen.“

Prantl fährt fort, dass es eine rechtsextr­eme Bewegung gebe hier bei uns, die sich aussuchen wolle, für wen dieser Satz gelten solle. Es sei an der Zeit die Waffen der wehrhaften Demokratie zu entrosten. Demokratie sie kein Abstimmsys­tem, kein numerische­s System, sondern ein Wertesyste­m. In der

Präambel zum Grundgeset­z ist das Friedensge­bot verankert. Dem Frieden widmet Prantl sein drittes Loblied, fragt, wie Friedenstü­chtig unser Grundgeset­z ist, ob und wie man Frieden lernen kann, spürte ihm in Geschichte und Gegenwart nach. Die 140 Zuhörerinn­en und Zuhörer folgen im gebannt, nicken oder murmeln in Richtung Sitznachba­r ihre Zustimmung, applaudier­en minutenlan­g. Prantl formuliert klar: „Wir leben in katastroph­alen Zeiten. Die Rettung hält sich an den kleinen Sprung in der kontinuier­lichen Katastroph­e, dort wo das Licht herkommt. Die Zukunft steht nicht fest, sie ist veränderba­r. Der entscheide­nde Moment ist immer jetzt und der Ort etwas zu tun ist hier.“

Auch zu Europa und der am 9. Juni stattfinde­nden Europawahl äußert

sich Heribert Prantl. „Wir müssen das Wunder Europa hüten wie ein rohes Ei. Es ist das Beste, was passieren konnte. Die europäisch­en Verträge sind die Ehe- und Erbverträg­e ehemaliger Erbfeinde. Europa ist wichtig.“Ein unkriegeri­scher europäisch­er Kontinent sei nicht selbstvers­tändlich. Es war eine historisch­e Leistung die Feindschaf­ten zu entfeinden, jetzt müssen die Feindschaf­ten von heute entfeindet werden.

Nachdenken über die Friedensor­dnung von Europa jenseits des Ukrainekri­egs sei unverzicht­bar. „Das Nachdenken beginnt mit dem Gedanken, dass Moskau zu Europa gehört, so wie München, Mariupol, Madrid und Marseille. Madrid gehörte auch zur FrancoDikt­atur zu Europa und die Strahlkraf­t des demokratis­chen Europas

hat dazu beigetrage­n, diese Diktatur zu überwinden. Die Probleme auf dem Kontinent verschwind­en nicht damit, dass man sich Russland einfach aus Europa wegdenkt.“Prantl hat auf jeden Fall „Lust auf Europa“. Er wünscht sich, dass die zwölf goldenen Sterne auf der Europaflag­ge, die für die Werte Einheit, Solidaritä­t und Harmonie zwischen den Völkern Europas stehen, bei der Wahl nicht braun werden.

Vom Vortrag ebenso begeistert wie die Freundinne­n und Freunde der Demokratie im Saal, wie Prantl das Publikum öfter nannte, war Marion Bayer, Leiterin der Stadtbüche­rei im Kantorhaus Leipheim, die zusammen mit der Vhs Günzburg und dem Michaelsbu­nd, dem die Stadtbüche­rei im Kantorhaus angeschlos­sen ist, zu dem Abend eingeladen hatte. Ihr werden vor allem zwei Bilder in Erinnerung bleiben: „Europa als rohes Ei und das Bild von Luthers Apfelbäumc­hen als Symbol für den Wiederaufb­au nach dem 2. Weltkrieg.“

Bayer und ihrem Team war die Freude anzumerken, zusammen mit der Volkshochs­chule und dem Michaelsbu­nd, dessen in Ichenhause­n gebürtige Leiterin der Landesfach­stelle für Büchereien und Bildung Claudia Maria Pecher, Heribert Prantl zu diesem so wichtigen Thema Frieden und Demokratie nach Leipheim holen zu können. Bayer sagte: „Dieses Thema ist uns ein sehr großes Anliegen in Leipheim. Zum Jahrestag der Bücherverb­rennung im November hatten wir den Literaturg­ottesdiens­t, jetzt zum Grundgeset­z-Jubiläum Heribert Prantl. Wir machen weiter!“

 ?? Foto: Sandra Kraus ?? Heribert Prantl begeistert­e in Leipheim mit seinen Gedanken zu Büchereien, zum Grundgeset­z und zum Frieden.
Foto: Sandra Kraus Heribert Prantl begeistert­e in Leipheim mit seinen Gedanken zu Büchereien, zum Grundgeset­z und zum Frieden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany