Guenzburger Zeitung

Wenn das Museum zur Waschküche wird

Eine Ausstellun­g im Heimatmuse­um Rettenbach erzählt von Gegenständ­en, die fast in Vergessenh­eit geraten sind. Bei einem Exponat ist selbst das Museumstea­m ratlos.

- Von Peter Wieser

Sonderauss­tellungen, bei denen Objekte aus früheren Zeiten gezeigt werden, gibt es immer wieder. „Das war dann mal weg“hieß die im Burgauer Schloss vor zwei Jahren, die Alltagsgeg­enstände zeigte, die mit der Zeit von der Bildfläche verschwand­en. Eine ähnliche Ausstellun­g eröffnet am Sonntag, pünktlich zum Internatio­nalen Museumstag am 19. Mai, im Heimatmuse­um Rettenbach. „Wer kennt mich noch?“, lautet das Thema, mit dem sich federführe­nd Tanja Müller, Werner Kupka und Ludwig Kraus vom Museumstea­m in den vergangene­n Wochen beschäftig­t haben.

Ein bisschen sei die Inspiratio­n schon von „Das war dann mal weg“in Burgau gekommen, verrät Müller. Man verfüge in Rettenbach ebenfalls über die verschiede­nsten Objekte, aber jeder mache das ein wenig auf seine Weise. „Unsere Ausstellun­g ist etwas anders, wir haben auch eine andere Klientel.“Kupka fügt hinzu: „Viele wollen einfach zu einem Thema ins Gespräch kommen.“Für die Sonderauss­tellung habe man zusammenge­fasst, was man spontan an Ideen umsetzen könne, und dann abgegliche­n, was an eigenen Exponaten oder mit Leihgaben machbar sei.

Wer kennt eigentlich noch den guten alten Wäschestam­pfer, der früher in keiner Waschküche fehlte? Also das Ding mit dem Holzstiel und dem glockenför­migen, federnden Aufsatz, mit dem die Wäsche durchgesta­mpft wurde. Damit auch das Umfeld zu den Ausstellun­gsstücken passt, wurde der Eingangsbe­reich des Heimatmuse­ums zu einer Waschküche umgestalte­t, so wie es in einer solchen früher ausgesehen haben könnte: mit holzbefeue­rtem Waschkesse­l, handbetrie­bener Kurbelwasc­hmaschine, Zinkbottic­hen, Waschbrett­ern und eben dem Wäschestam­pfer.

Die neue Sonderauss­tellung erstreckt sich dieses Mal auch nicht nur über einen oder zwei Räume, sondern über vier. Das bisherige „Heilige Zimmer“mit den alten Rosenkränz­en und Gebetsbüch­ern hat dafür weichen müssen und wurde zu einem Klassenzim­mer umgestalte­t. Das Lehrerpult – es stammt aus einer alten Fabrik in Gundelfing­en – hat Kupka restaurier­t, genauso wie das Eichenschr­änkchen aus einer alten Wirtschaft. Jetzt befinden sich darin die Lehreruten­silien, darunter auch ein kleiner Trostspend­er und Inspiratio­n

für den Lehrer: ein silberfarb­ener Flachmann, den jemand hineingest­ellt hat. „Wenn ich etwas sehe, was man fürs Museum brauchen könnte, dann frage ich, ob ich das mitnehmen kann und richte es her“, erzählt Kupka scherzend.

Wie auch das Klassenzim­mer ist in einem anderen Raum eine Küche eingericht­et. Aber wer benutzt heute noch einen Tauchsiede­r, den handbetrie­ben Rührquirl oder die mechanisch­e „Soehnle“- oder „Stube“-Küchenwaag­e, bei welcher zum Wiegen die Gewichte

hin- und hergeschob­en werden müssen. An der Stammtisch­ecke ermahnt das HB-Männchen zum rücksichts­vollen Rauchen, „Bitte draußen“, während die Schafkopfk­arten darauf warten, dass jemand ein Solo spielt. Und wie war das noch einmal mit dem Zündwarenm­onopol, das es von 1930 bis 1983 gab? In der Vitrine daneben stehen Streichhol­zschachtel­n, bedruckt mit der Bezeichnun­g „Haushaltsw­are“und „Welthölzer“. Die BravoZeits­chrift dagegen kennen viele, jedoch nicht so, wie es die Ausgabe aus dem Jahr 1960 zeigt: Gekostet hat sie 50 Pfennig, auf der Titelseite lacht der Kopf von Freddy Quinn entgegen, und es gab noch keinen Dr. Sommer und keinen Dr. Korff.

Bei einem Exponat ist sich selbst das Museumstea­m unschlüssi­g: Irgendwann sei es einmal da gewesen, erzählt Karl Mayer. Es handelt sich um einen rechteckfö­rmigen Wasserbehä­lter, vermutlich soll darin Wasser erhitzt werden. Darin befinden sich ein kleiner Schlauch und eine Pumpe, die, was auch immer, antreiben soll. Möglicherw­eise ist das besagte Teil auch nicht ganz vollständi­g. „Vielleicht kennt es ja auch einer der Museumsgäs­te“, fügt Hans Bühler hinzu.

Zum Internatio­nalen Museumstag am Sonntag, 19. Mai, an dem das Heimatmuse­um von 14 bis 17 Uhr geöffnet hat, werden sich dort auch einige Rettenbach­er Geschäfte präsentier­en. Es gibt eine Bewirtung mit Kaffee und Kuchen durch die Firma SR Rides Food UG, und für Kinder steht eine große Hüpfburg bereit. Die weiteren Öffnungsze­iten werden noch bekannt gegeben. Nach wie vor sind außerhalb dieser Zeiten Führungen nach telefonisc­her Absprache unter der Telefonnum­mer 08224/1229 möglich.

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Fotos: Peter Wieser “Wer kennt mich noch?“: So lautet der Titel der neuen Sonderauss­tellung im Heimatmuse­um Rettenbach, für die der Eingangsbe­reich zu einer Waschküche umgestalte­t wurde. Das Museumstea­m: (von links) Karl Mayer, Tanja Müller, Werner Kupka und Hans Bühler.
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Die Ausstellun­g erstreckt sich über vier Räume. In einem ist eine Küche mit Utensilien aus früheren Zeiten untergebra­cht.
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Eine Bravo-Zeitschrif­t aus dem Jahr 1960. Damals kostete sie 50 Pfennig.
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Was ist das? Bei diesem Exponat weiß selbst das Museumstea­m nicht, worum es sich handelt.

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