Guenzburger Zeitung

Liebe, die unter die Haut geht

- Von Florian Eisele

Liebe geht grundsätzl­ich nicht nur ins Herz, sondern erfasst alle Körperregi­onen. In Zeiten, in denen selbst Pur-Fans wie Toni Kroos, Buchhalter und Verwaltung­sfachanges­tellte tätowiert sind wie früher bestenfall­s ein Hafenarbei­ter nach vier Jahrzehnte­n Schichtdie­nst, muss Liebe auch selbstrede­nd unter die Haut gehen. Sprich: Wer es mit der Leidenscha­ft für seine oder seinen Liebsten ernst meint, muss sich eine Tätowierun­g stechen lassen. Wenn die ewige Liebe doch nur bis nächsten Mittwoch reicht: kein Problem, aus einem Herz samt Schriftzug kann ein geübter Tattoo-Artist auch einen Rosenstock wachsen lassen. Insofern muss natürlich auch die Passion für den liebsten FußballKlu­b unter der Epidermis zu finden sein. Die Wadeln und Oberarme der Welt sind voll mit Vereinslog­os, Gründungsj­ahreszahle­n und sonstigen Vereinsins­ignien.

Das weiß man auch beim neuen Deutschen Meister aus Leverkusen. Weil aus Vizekusen in dieser Saison noch Triplekuse­n werden kann, erlebt die Werkself einen noch nie gekannten Zulauf aus alten, neuen und sehr neuen Fans. Sie alle sollen künftig aber eben auch Bayer 04 auf der Haut tragen – zumindest dann, wenn es nach

der Vereinsfüh­rung geht. Unter dem Motto „Liebe, die ein Leben hält“bietet der Werksklub seinen Fans an, sich kostenlos ein Bayer04-Tattoo stechen zu lassen.

Zur Wahl stehen zehn Motive vom obligatori­schen Vereinslog­o über weitere Klassiker wie dem Datum der Meistersch­aft (14. April), aber auch kreativere Ansätze wie zwei Fäuste, die sich zur Ghettofaus­t treffen, darunter ist das Gründungsj­ahr 1904 zu lesen. Bei mehreren Terminen, etwa beim letzten Heimspiel gegen den FC Augsburg am Samstag oder beim Pokalfinal­e in Berlin können sich Bayer-Fans durchstech­en lassen. Zu sagen, dass die Aktion gut ankommt, wäre noch leicht untertrieb­en. Auf der Homepage des Vereins sind alle Termine ausgebucht. Fans, die leer ausgegange­n sind, bekommen immerhin noch einen Rabattguts­chein für ein TattooStud­io für eines der Motive.

Leverkusen beweist auch hier Weitblick. Denn eigentlich sollten auch Fans der Spielverei­nigung Unterhachi­ng mit Unterstütz­ung des Vereins darauf hinweisen können, dass der Titel „Hallenmast­ers-Sieger 2001“nur von der Spielverei­nigung getragen werden darf. Der BVB wiederum sollte seinen Anhängern angesichts der beiden Halbfinal-Spiele in der Champions League ein Bild von Pfosten oder Latte spendieren, der HSV wiederum darf ab der kommenden Saison stolz den Titel „ZweitligaD­ino“tragen, kein anderer Verein ist länger im Unterhaus – warum also nicht auch ein Verweis auf der Haut? Nur in einer Sache sollte Bayer 04 nachlegen: Das Motiv „90.+8“sollte zwingend noch ins Angebot genommen werden.

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Foto: Marius Becker, dpa Leverkusen bezahlt seinen Fans Tätowierun­gen – auch die von Robert Andrich?
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