Wer Vögel sucht, findet sie an den ungewöhnlichsten Plätzen
Zur traditionellen Vogelzählung haben sich Tierfreunde wieder auf die Lauer gelegt, um rufende und umher fliegende Vogel zu dokumentieren. Sogar ein Pirol war dabei.
ANKLAM – Die Vögel haben seit jeher uns Menschen fasziniert, ob im Frühjahr als Meistersänger oder zur Zugzeit, die Sehnsucht von Ferne und Freiheit in uns weckt. Immer wieder werden die Betrachter der Zählgruppe von ihrem Formenreichtum, Farbwundern und eindrucksvollen und lautstarken Lebensäußerungen bezaubert. Darüber hinaus sind die Federtiere selbst in unserer pommerschen Kulturlandschaft empfindliche Bioindikatoren für den ökologischen Zustand unserer Natur, so auch im Anklamer Stadtwald.
Ausgerüstet mit Ferngläsern, Fotooptik, Vogelbestimmungsbüchern
und Notizblock, wanderten die Naturfreunde auch in dieser Saison an der deutschlandweiten und zugleich größten biologischen Zählaktion der Bundesrepublik, federführend durch den Naturschutzbund Deutschlands (NABU) initiiert, um die Gartenvögel in einer Kulturlandschaft zu zählen.
Was in Großbritannien schon eine lange Tradition hat, findet seit 2005 auch in Deutschland statt. Die Anklamer Vogelfreunde sind von Anfang an dabei. Geleitet wird die ehrenamtliche Aktion seit 19 Jahren durch den Vogelstimmenexperten Norbert Warmbier. Seit 60 Jahren durchstreift unser Nordkurier-Naturreporter die Landschaften zwischen Kap Arkona, der Insel Usedom, der Ueckermünder Heide und der Uckermark bis hin zur Mecklenburger Seenplatte. „Im Selbststudium habe ich mir alle Vogelgesänge, Rufe und Warnlaute unserer heimischen Vogelarten eingeprägt“, so Warmbier.
Durch die Klimaerwärmung besiedeln immer mehr Südländer auch unsere Region. Und doch haben viele ältere Bürger das Gefühl, „dass es in der guten alten Zeit“mehr Vogelgezwitscher gab als heute. Also darum, liebe Vögelchen, f liegt nicht so schnell, denn es findet gerade eine Inventur statt. Jeder Vogel, ob nun fliegend oder singend, versteckt hinter Blättern, wird notiert. Nur so lässt sich herausfinden, ob es eine subjektive Verklärung längst vergangener Zeiten oder eine Tatsache ist, dass die Population vieler Arten abgenommen hat.
Trillern, trällern, tirilieren, das können die geschnäbelten Sänger immer noch im Stadtrevier. Gesangstalente finden sich hier in jeder Kategorie. Insgesamt wurden im Mai 2024 26 Vogelarten mit 67 Exemplaren registriert. 2023 waren es 25 Arten mit 79 Exemplaren.
Mit bis zu 90 Dezibel schmettert zum Beispiel der Zaunkönig heute sein Lied mit drei Sängern. Der zierliche Kobold mit kaum acht Gramm Gewicht ist zwischen Greifswald, Demmin und Anklam in der Höhlenwahl nicht anspruchsvoll, wie die Fotos belegen. Übrigens brüten in M-V wahrscheinlich 120.000 Zaunkönigpaare, damit hat der oftmals wie eine Maus im Unterholz huschende Vogel zugenommen.
Ähnlich positiv liegen die Verhältnisse bei der Mönchsgrasmücke. Die letzte große Bestandsaufnahme 1998 ergab 150.000 Brutpaare in Mecklenburg-Vorpommern, im Vergleich zu 1982 ein Drittel mehr. Und aktuelle Zahlen zeigen, dass der Trend anhält. Dabei erweist sich als positiv, dass sich die Zugwege dieser Insektenfresser geändert haben. Die gefiederten Freunde verzichten inzwischen auf ihre früheren Reisen ans Mittelmeer, wo sie oftmals in Fangnetzen landeten. Dafür geht es nun nach England, einige Exemplare bleiben auch im Winter in der Mecklenburger Schweiz und im Peenetal.
Bei der hiesigen Zählung hat die Amsel mit zehn Exemplaren den Schnabel ganz vorn. Nach Jahren der Abwesenheit konnten jetzt auch wieder der exotisch anmutende amselgroße Pirol und der Kuckuck nachgewiesen werden. Insgesamt kann der Vogelbestand im Anklamer Stadtwald, trotz vieler Gefahren wie streunender Hunde und frei laufender Katzen, als gut eingeschätzt werden.
Die Ergebnisse der Zählung 11. Mai 2024, 8-9 Uhr Stadtwald Anklam:
Amsel 10; Ringeltaube 7; Nebelkrähe 6; Singdrossel 4; Buchfink 3; Fittislaubsänger 3; Goldhähnchen 3; Mönchsgrasmücke 3; Rotkehlchen 3; Zaunkönig 3; Buntspecht 2; Eichelhäher 2; Gartenrotschwanz 2; Kernbeißer 2 ; Kohlmeise 2; Weidenlaubsänger
2; Sumpfrohrsänger 1; Bluthänfling 1; Gartenbaumläufer 1; Grünfink 1; Kleiber 1; Kuckuck 1; Pirol 1; Sprosser 1; Star 1; Waldlaubsänger 1, insgesamt: 67 Vögel 13. Mai 2024, 9-10 Uhr
Stadtwald Anklam: Amsel 9; Mönchsgrasmücke 6; Nebelkrähe 6; Zaunkönig 6; Buchfink 5; Mauersegler 5; Feldsperling 4; Fittislaubsänger 4; Waldlaubsänger 4; Ringeltaube 3; Star 3; Weidenlaubsänger 3; Blaumeise 2; Bluthänf ling 2; Elster 2; Kohlmeise 2; Singdrossel 2; Sprosser 2; Stieglitz 2; Wintergoldhähnchen 2; Buntspecht 1; Eichelhäher 1; Gartenrotschwanz 1; Kleiber 1; Zaungrasmücke 1; insgesamt: 79 Vögel
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