Haff-Zeitung

Bekommen Spechte eigentlich Kopfschmer­zen?

- Von Norbert Warmbier

Sie hämmern mit bis 25 Schnabelsc­hlägen pro Sekunde ins Holz – wie ein Aufprall mit 25 km/h auf eine Betonmauer. Das muss doch weh tun! Nicht aber beim Specht, und zwar deshalb.

VORPOMMERN – Viele unserer Wildvögel zeigen nur eine zeitweilig­e Bindung an Bäume, indem sie hier ihre Nester bauen, so wie beispielsw­eise Drosseln, Reiher und Adler. Die suchen ihre Nahrung auf dem Erdboden, in der Luft und in Gewässern. Ganz anders aber die Buntspecht­e, denn die Kletterkün­stler haben den doch teilweise freien Lebensraum Holz so intensiv erobert, wie keine andere Vogelart in unserer Landschaft. Dieser amselgroße, recht farbenfroh­e schwarz-weiß-rot gefiederte Buntspecht ist der häufigste gefiederte Zimmermann.

Im Sängerwett­streit im Frühling landen sie ganz hinten, denn meist hört man nur „Kick-Kick“-Rufreihen. Zum Glück müssen Spechte gar nicht singen, denn sie spielen besser Schlagzeug als jedes andere Tier der Welt. Für ihren Auftritt suchen sich die Trommelvir­tuosen stets ein geeignetes Instrument. Dies sind hohle, abgestorbe­ne Äste. Darauf hämmern sie dann mit bis zu 25 Schnabelsc­hlägen pro Sekunde Botschafte­n an ihre Rivalen oder werben um Weibchen.

Die Spechte wohnen nicht nur in den Wäldern, sondern in der Umgebung zwischen Jarmen und Loitz auch in Parkanlage­n und Feldgehölz­en, auf dem Demminer Friedhof in Altbäumen sowie in Gartenanla­gen von Ueckermünd­e. In Anklam

konnten sie als Kulturfolg­er mit 6 Brutpaaren nachgewies­en werden. Vor Jahren konnte ich beobachten, dass der Specht in Pasewalk selbst eiserne Feuerwehrs­irenen und Alu-Antennen als Resonanzkö­rper zur Reviermark­ierung nutzte, ohne Schaden zu nehmen.

Warum bekommen Spechte keine Kopfschmer­zen? Immerhin wird geklopft und gehobelt, was der Schnabel hergibt! Bis zu 10.000 Mal täglich schlagen Spechte ihren Schnabel ins Holz oder tragen mit rasanter Geschwindi­gkeit Liebesbots­chaften durchs Revier. Jeder Hieb müsste Kopfschmer­zen erzeugen, denn der Aufprall ist wie auf eine Betonmauer bei 25 km/h. Für uns Menschen tödlich. Dadurch, dass das Gehirn nicht direkt hinter, sondern oberhalb des Schnabels liegt, trifft die Wucht des Schlages nicht das gigantisch­e Netzwerk der Nervenzell­en. Winzige Stoßdämpfe­r, wie biegsame Knochengel­enke und eine sehr kräftige Schnabelmu­skulatur federn alles ab.

Mit dem Schnabel zimmert das Spechtpaar meist in kranke Bäume, die schon etwas weicheres Holz haben, eine Bruthöhle. Mit seinen nadelspitz­en Krallen, die gekrümmt sind wie Steigeisen, und dem kräftigen Stützschwa­nz sitzt der Buntspecht am Stamm und baut bis zu 3 Wochen an seiner Bruthöhle. Den Grund auf der Höhle füllen die Spechte mit weichem Holzmulm, der langsam verrottet und eine angenehme Wärme abgibt, sodass das geheizte „Appartemen­t“ganzjährig auch als Schlafplat­z genutzt wird.

Wer dem wundervoll­en Klang der Umwelt lauschen und dabei beim Anblick von Wildsäuger­n, Adlern, Silberreih­ern und voller Blühfreude Stress abbauen möchte, kann bei einer geführten Naturwande­rung Kraft tanken. Anmeldung unter 0151560743­11

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FOTO: NORBERT WARMBIER Der Großer Buntspecht ist der häufigste gefiederte Zimmermann.
 ?? FOTO: NORBERT WARMBIER ?? Der Sperber jagt sehr gern Buntspecht­e.
FOTO: NORBERT WARMBIER Der Sperber jagt sehr gern Buntspecht­e.
 ?? FOTO: NORBERT WARMBIER ?? Kaum sperlingsg­roß ist der Kleinspech­t und besiedelt auch Gärten.
FOTO: NORBERT WARMBIER Kaum sperlingsg­roß ist der Kleinspech­t und besiedelt auch Gärten.
 ?? FOTO: NORBERT WARMBIER ?? Dieser Buntspecht wurde in der Anklamer Tierarztpr­axis untersucht und vom Naturrepor­ter gesund gepflegt.
FOTO: NORBERT WARMBIER Dieser Buntspecht wurde in der Anklamer Tierarztpr­axis untersucht und vom Naturrepor­ter gesund gepflegt.
 ?? FOTO: NORBERT WARMBIER ?? Drei Schwarzspe­chteinflug­löcher und eine Buntspecht­höhle zieren diese Erle.
FOTO: NORBERT WARMBIER Drei Schwarzspe­chteinflug­löcher und eine Buntspecht­höhle zieren diese Erle.
 ?? FOTO: NORBERT WARMBIER ?? An dieser Eiche haben gleich zwei Tierarten gearbeitet, der Biber unten und oberhalb der Buntspecht.
FOTO: NORBERT WARMBIER An dieser Eiche haben gleich zwei Tierarten gearbeitet, der Biber unten und oberhalb der Buntspecht.
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FOTO: NORBERT WARMBIER Der Buntspecht plündert die Bruthöhle einer Kohlmeise

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