MV-Osten will bei Investorensuche besser zusammenarbeiten
Die beiden VorpommernKreise und die Seenplatte wollen eine gemeinsame Strategie zur regionalen Entwicklung erarbeiten. Schließlich sollen zu Firmen wie Topregal weitere kommen.
PASEWALK – Mit einer Gesamtf läche von 156 Hektar gehört das Industriegebiet am Stadtrand von Pasewalk zu den größten im Nordosten Deutschlands. Hier produzieren der Sandalenhersteller Birkenstock und das 2022 angesiedelte Unternehmen Topregal aus Filderstadt bei Stuttgart, das inzwischen weitere Neueinstellungen plant und etwa 80 Wohnungen sowie zwei weitere Hallen für den Bau von Solar-Carports errichten lässt. Interesse an Pasewalk bekundete auch ein Betreiber eines neuen, 800 Millionen
Euro teuren Datencenters. Und auch ein Baustoffproduzent aus Hintersee will sich hier ansiedeln.
Dass sich der schwäbische Hersteller von Hochregalen ausgerechnet hier niederließ, ist einem Zufall geschuldet. Pasewalk sei in Süddeutschland kaum bekannt gewesen, sagt ein Firmenmitarbeiter. Erst auf einer Messe sei man auf den Standort aufmerksam geworden.
Inzwischen firmiert der Standort als „Industriepark Berlin Szczecin“. Mit bekannten Namen und der geringen Entfernung zu Berlin (118 Kilometer) und dem größten polnischen Hafenstandort Stettin (37 Kilometer) gleich um die Ecke wirbt der Landkreis Vorpommern-Greifswald nicht nur bundesweit, sondern weltweit. Unter anderem soll der vietnamesische Hersteller von EAutos VinFast, der in Deutschland eine milliardenschwere
Fabrik plant, den Pasewalker Standort in die engere Wahl gezogen haben. Und auch der chinesische E-Fahrzeug-Produzent BYD hatte einst den vorpommerschen Standort auf der Shortlist, ehe er sich dann doch für die ungarischen Stadt Szeged für seine erste Automobilfabrik in Europa entschied.
Der Industriepark habe noch ausreichend freie Kapazitäten, versichert Annemarie Mielke, Leiterin der Stabsstelle Wirtschaft und Investoren in der Kreisverwaltung Vorpommern-Greifswald. Verfügbar seien noch 20 Hektar Fläche mit hoher Zulässigkeit von Emissionen sowie weitere 60 Hektar im zweiten Bauabschnitt, von denen 25 Hektar für Investitionen reserviert seien. Geplant seien zudem 20 Hektar im dritten Bauabschnitt, auf denen zeitlich begrenzt bis 2030 eine Photovoltaik-Anlage betrieben wird.
„Im Unterschied zu anderen
Kreisen mit sogenanntem Flächenleerlauf verfügen wir über vergleichsweise noch große Flächen für Industrieansiedlungen und einem hohen Potenzial für Erweiterungen“, sagt Mielke. Neben Pasewalk werbe der Landkreis Vorpommern-Kreis auch in weiteren vier Modelprojekten in Anklam, Lubmin, Torgelow und Ueckermünde um Investoren.
Für eine noch gezieltere und effektivere Regionalentwicklung hat sich der Landkreis jetzt mit Vorpommern-Rügen und der Mecklenburgischen Seenplatte zu einer internationalen Wirtschaftsregion zusammengeschlossen. Bundesweit werden insgesamt 13 solcher Verbundprojekte vom Bund gefördert. Die nordöstlichste Region erhielt für den Zeitraum bis Oktober 2026 eine Fördersumme in Höhe von 485.300 Euro. Der größte Teil davon soll in die Erstellung eines Strategiekonzepts fließen. In Kooperation mit einer Begleitagentur sollen Entwicklungsprojekte für die nächsten 10 bis 15 Jahre festgelegt werden.
Es gehe um eine gemeinsame Strategie zur regionalen Entwicklung, unterstreicht Mielke. Und auch unter anderem darum, zu klären, in welchem Landkreis welche Ansiedlung Sinn mache. Wo zum Beispiel wäre eine Autofabrik angebracht, und wo seien Wertschöpfungsketten empfehlenswert, zum Beispiel ein Nebeneinander von Energieund Wärmeproduzenten und Abnehmern wie Gewächshausanlagen mit Herstellern von Lebensmitteln wie Nutzpf lanzen, Algen oder auch Insekten.
Während Anklam über Ressourcen für ein Bioökonomiezentrum verfüge, empfehle sich Lubmin mit Unternehmen wie HH2E, APEX, Deutsche Regas und Power-to-X vor allem als Zentrum für erneuerbare Energien. Gemeinsam mit der Seenplatte soll zum Beispiel ein leistungsstarkes Netz von Wasserstoff-Tankstellen entstehen.
Punkten könne der Landkreis Vorpommern-Greifswald, der dem Vernehmen nach gegenwärtig mit zwei großen Investoren im Gespräch ist, zudem mit seiner Nachbarschaft zu Polen. Experten schätzen, dass das Kooperationspotenzial noch bei weitem nicht ausgeschöpft werde. Ein Beispiel für gute Zusammenarbeit liefere der Greifswalder Yachthersteller HanseYachts AG. Der börsennotierte Sportbootproduzent betreibt in einem 405 Hektar großen Industriepark in Goleniów (Golinow) nordöstlich von Stettin ein Tochterunternehmen. Dort werden größeren Yachten hergestellt, die anschließend zur Ausstattung nach Greifswald kommen.