Den Wandel aktiv mitgestalten
Gerade die Automobilbranche steht vor großen Umbrüchen, deshalb muss Weiterbildung noch stärker in den Fokus rücken – so das Fazit eines Infoabends des „Bündnisses für Transformation“in Öhringen.
Die Metall- und Elektroindustrie steht an einer Zeitenwende – daran ließ Jochen Kübler, erster Vorsitzender der Bürgerinitiative „Pro Region HeilbronnFranken“, keinen Zweifel: „Die rasante Entwicklung, die sich momentan vollzieht, ist die umfassendste seit der Entwicklung der Dampfmaschine“, sagte der frühere Öhringer Oberbürgermeister diese Woche bei der zweiten Informationsveranstaltung des „Bündnisses für Transformation“in der Sparkasse Hohenlohekreis in Öhringen. Es stellten sich entscheidende Fragen: „Wie nehmen wir die Menschen in der Region mit? Wie geben wir ihnen das Gefühl, dass sie nicht alleine gelassen sind in dem Prozess – sowohl die Beschäftigten als auch die kleinen Unternehmen in ganz Heilbronn-Franken?“
Praktische Unterstützung
Hier setzt das „Bündnis für Transformation“an, dem neben „Pro Region“die Bezirksgruppe Heilbronn/Region Franken von Südwestmetall, die Arbeitsagenturen Heilbronn und Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim, die IG-Metall-Geschäftsstellen Heilbronn-Neckarsulm, Schwäbisch Hall und Tauberbischofsheim sowie die Wirtschaftsförderung Raum Heilbronn angehören: Im letzten Oktober am Campus Sontheim der Hochschule Heilbronn gegründet, soll das Bündnis in eigenen Worten „dazu beitragen, dass gerade die KMU in der Region Heilbronn-Franken praktische Unterstützungsangebote für den in fast allen Bereichen laufenden Transformationsprozess erhalten“. Damit solle ein „Beitrag der Region zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der
Unternehmen und der Arbeitsplatzsicherung“geleistet werden.
Bei der Veranstaltung in Öhringen schlug der stellvertretende Vorsitzende von „Pro Region“, Dr. Rudolf Luz, vor, dass eine Person mit politischem Mandat berufen werden solle, um künftig die Aktivitäten des Bündnisses zu koordinieren. Diese Person sei bereits gefunden: Der Neckarsulmer Oberbürgermeister, Steffen Hertwig, habe sich dazu bereiterklärt, sagte Luz unter großem Applaus. Im Februar soll dann unter federführender Leitung des neuen Koordinators ein Gespräch stattfinden, wie das Bündnis weitergeführt wird.
Die Veranstaltung in dieser Woche sollte nach Jochen Küblers Worten zeigen, „welche Angebote
vorhanden sind, um den Strukturwandel zu gestalten“. Dass dieser in der Tat gravierend ausfallen könnte, zeigte Saskia Drechsel von „e-mobil BW“in ihrem Vortrag: Über 310 000 Menschen beschäftige der direkte Automobilbau in Baden-Württemberg,
knapp 470 000 seien es im gesamten Automotive-Cluster, berichtete die Referentin für Mittelstandsthemen bei der Landesagentur für neue Mobilitätslösungen und Automotive. Diese stünden vor gewaltigen Veränderungen: Die Welt werde „immer smarter, immer vernetzter“, die Innovationszyklen immer kürzer. Hätten sie in der klassischen Automobilindustrie durchschnittlich sieben Jahre betragen, lägen sie in der digitalen Industrie bei höchstens einem Jahr. Auch nehme die Konkurrenz zu: Neue Player – etwa Energieerzeuger, Ladesäulendienstleister und Anbieter von Cloud-Diensten – würden auf den Markt drängen. „Auf welchen Wandel müssen wir uns einstellen?“, fragte Drechsel und fasste zusammen: „Es sind einige sehr komplexe Veränderungen.“Es gehe nicht nur um den Antriebsstrang, sondern um „viel, viel mehr“.
Wie aber können sich die Unternehmen und ihre Beschäftigten auf solch komplexe Veränderungen vorbereiten? Mit stetiger Weiterbildung, meinte Dr. Stefan Baron. Der Geschäftsführer der „Agentur Q“, welche landesweit die berufliche Weiterbildung in der Metall- und Elektroindustrie fördert, sprach sich für mehr informelle und über fachliche Weiterbildung, für Anpassungs qualifizierungen und einlern förderndes Umfeld in den Unternehmen aus. „Nicht jeder Beschäftigte muss sich mit Künstlicher Intelligenz und Robotik auskennen“, meinte er. Es könne aber gerade ungelernten Beschäftigten die Arbeit erleichtern, wenn man ihnen Grundwissen über Roboter vermittele. Barons optimistisches Resümee: „Ich glaube, der Arbeitsmarkt ist zu gestalten.“
Wie Weiterbildung vor dem Hintergrund des digitalen Wandels konkret aussehen kann und welche Förderungs möglichkeiten es gibt, erklärte Stefan Schubert, operativer Geschäftsführer der Arbeitsagentur Schwäbisch Hall-Tauber bischofs heim, anhand des Qualifizierungs chancen gesetzes. Das Anfang 2019 in Kraft getretene Gesetz ermöglicht Beschäftigten–unabhängig von Ausbildung, Alter und Unternehmens größe–einen erweiterten Zugang zur Weiter bildungsförderung: Sie können einen Berufs abschluss nachholen oder sich weiterbilden und werden dabei von der Arbeitsagentur unterstützt, welche die Weiterbil dungs kosten übernehmen kann und einen Zuschuss zum Lohn zahlt.