Der Mann, der Schill auf die Palme brachte
Hamburgs bekanntester Jugendrichter geht in Pension. Härtere Strafen hält er immer noch für Quatsch
Er war fünf Jahre Jugendstaatsanwalt und 27 Jahre Jugendrichter in Hamburg, immer mit Leidenschaft, oft umstritten. Jetzt ist Achim Katz 65 Jahre alt, hat seine letzten Urteile gesprochen und ist in den Ruhestand gegangen. Die MOPO sprach mit ihm über „Kuscheljustiz“, harte Jungs, ein kleines Mädchen und rumänische Straßenhunde.
Er hat es sogar mal ins Parteiprogramm der Schill-Partei geschafft, damals 2001. „Auflösung und Zerschlagung des Kartells strafunwilliger Verständnispädagogen“stand da als eines der politischen Ziele. Und der Kopf des „Kartells“war in den Augen von Parteigründer Schill eben Jugendrichter Achim Katz.
Auch heute gibt es Polizisten, die sich ärgern, weil Katz einen jungen Kriminellen nicht in den Knast geschickt hat. Eine Wochenzeitung nannte ihn mal „Mister Schlaff“, das fand er unmöglich.
Überhaupt – das ganze Gerede von „Kuscheljustiz“nervt den ehemaligen Jugendrichter: „Milde, Strenge, darum geht es doch gar nicht. Anders als beim Erwachsenenstrafrecht steht beim Jugendstrafrecht der Angeklagte im Mittelpunkt, nicht die Tat. Ich muss die Maßnahme finden, die geeignet ist, weitere Taten durch diesen Angeklagten zu verhindern. Das kann auch eine Entschuldigung beim Opfer oder eine Schadenswiedergutmachung sein.“
Über den stets populären Ruf nach härteren Strafen für junge Täter schüttelt er den Kopf: „Abschreckung funktioniert nicht bei Jugendlichen. Die denken ja nicht nach, bevor sie was machen.“
Wobei sich auch nicht jeder Jugendliche bedankt, wenn ihm Jugendhaft erspart bleibt: „Ich hab’ auch schon erlebt, dass einer sagte ,Lieber gehe ich in den Knast, als mich ein halbes Jahr mit einem Sozialarbeiter absabbeln zu müssen.’“ Achim Katz lacht sein lautes Lachen, das manchmal droht, ins Husten umzuschlagen. Mit dem Rauchen will er jetzt aufhören.
Etwas anderes als Jugendrichter wollte er nie werden. Seit seiner Schulzeit, als er bei seinem Vater, Jugendrichter in Lübeck, in den Verhandlungen saß. Als Student kämpfte er für ein selbst verwaltetes Jugendzentrum in Rellingen, arbeitete mit Jugendlichen, die eben nicht wie er Richterkinder waren. Der Mann, der mit Schill in den Clinch ging, spricht noch in der Gegenwart von seiner Arbeit, so ganz ist er im Ruhestand noch nicht angekommen. Dabei gibt es viel zu tun für den späten Vater: Vor zehn Jahren kam seine Tochter zur Welt – als er sich schon damit abgefunden hatte, dass sein großer Wunsch, Vater
„Abschreckung funktioniert nicht bei Jugendlichen.“
Achim Katz
zu werden, sich wohl nicht mehr erfüllt: „Aber dann kam die richtige Frau und plötzlich gab es eine Familie.“Das kleine Mädchen ist
Eine Wochenzeitung nannte ihn „Mister Schlaff“, das fand er unmöglich.
das „Sahnehäubchen“auf seinem Leben, sagt der stolze Papa.
Er freut sich auch aufs Gassigehen mit dem Familienhund („eine ganz edle Rasse, für die Zucht waren Generationen von rumänischen Straßenhunden nötig!“), auf die vielen Fotos, die endlich sortiert werden sollen. Und dann gibt es ja noch die Idee, ein Buch zu schreiben. Und den Plan, ein Konzept für die Weiterbildung der jungen Kollegen zu erarbeiten. Das Jugendstrafrecht lässt den Jugendrichter a. D. nicht los.