Plagen Sie Albträume, Herr
MOPO-Kolumnist Reiner Calmund im Gespräch mit dem AufsichtsratsBoss des HSV Bayern – HSV
Die Vorfreude auf den Bundesliga-Auftakt zwischen dem FC Bayern und dem HSV hat was von Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen. Und wie ein Kind kann ich es kaum erwarten, heute Abend gemeinsam mit Michael Ballack und dem ehemaligen Top-Schiedsrichter Dr. Markus Merk in München für „Sky“dabei
zu sein.
BUNDESLIGA Natürlich sind die Bayern der haushohe Favorit. Zumal der HSV nach einer Vorbereitung, die durchaus positiv stimmte, in der vergangenen Woche mit dem Pokal-Aus in Jena und der Rucksack-Affäre krachend in zwei ganz große Fettnäpfchen trat.
Das muss nun verdrängt werden und ich fand es okay, dass die Hamburger ihren Sportdirektor Peter Knäbel nicht der Öffentlichkeit zum Fraß vorwarfen, aber trotzdem mit allen Mitteln diesen ungewöhnlichen Vorfall lückenlos aufklären wollen. HSV-Aufsichtsratschef Karl Gernandt wollte sich zu diesem Vorfall nicht weiter äußern. Er hat mich aber vor dem Spiel in München an seinen Gedanken und Wünschen schnuppern lassen.
Herr Gernandt, der Saisonstart ist Ihnen sicherlich bitter auf den Magen geschlagen. Roland Kaisers Gassenhauer „ Ich glaub', es geht schon wieder los“passt seit Jahren wie die Faust aufs Auge nach Hamburg. Wie erklären Sie sich die PokalBlamage gegen den Viertligisten Jena? Karl Gernandt: Ich bin vom Auftritt unserer Mannschaft ebenso enttäuscht wie unsere Fans. Trotzdem gilt für uns alle: Hinfallen kann man – aufstehen muss man. Für den weiteren Saisonverlauf bin ich dennoch zuversichtlich, zumal Bruno Labbadia mit seinem Team erfolgreich die Bundesliga erhalten hat und eine gute Saison-Vorbereitung absolviert wurde. Zum Bundesliga-Auftakt zwischen dem FC Bayern und dem HSV sitzen Anhänger aus aller Welt vor dem Fernseher. Plagen Sie Albträume? Oder spüren Sie trotz der Pokalpleite noch ein bisschen Vorfreude? Ich bin natürlich aufgeregt, aber ich freue mich auch auf das große Fußballfest. Wir haben in München nichts zu verlieren, die Bayern sind haushoher Favorit. Wichtig ist, dass alle HSV-Spieler 90 Minuten Disziplin und Kampf zeigen, vielleicht haben wir dann sogar eine Mini-Chance. In den letzten zwei Jahren waren mit Sicherheit der Papst und der liebe Gott große HSV- Fans. 2014 wurde von den letzten elf Partien nur eine gewonnen, 2015 rettete Marcelo Díaz in letzter Sekunde mit einem Freistoßtor Ihre Hamburger vor dem Absturz. Weiß jeder beim HSV, dass es so nicht weitergeht? Spieler, Trainer, Mitarbeiter und Vereinsführung standen in der Schlussphase unter einem enormen Druck. Verletzungspech, fehlender TeamSpirit, schwache Spiele, schlechte Ergebnisse, berechtigte Kritik und mangelndes Selbstvertrauen hemmte die Mannschaft enorm. Der Sieg in Karlsruhe war der Impuls für eine unglaubliche Explosion an Emotionen, Freude und Erleichterung. Darauf wollen und müssen wir mit Demut und harter Arbeit auf allen Ebenen aufbauen. Jena hat gezeigt: Bei jedem muss spätestens jetzt der Wecker klingeln. Es reicht nicht, Besserung zu geloben. Es muss besser werden! Wie haben Sie im Aufsichtsrat mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Dietmar Beiersdorfer und Sportdirektor Peter Knäbel die katastrophale Saison analysiert? Beide starteten ja mit einer Menge Vorschusslorbeeren. Wir haben alle Probleme klar und deutlich besprochen. Es gab berechtigte Erklärungen, wie die vielen Verletzten. Es war aber auch sicherlich keine Ruhmestat, vier Trainer in einer Bundesligarunde einzusetzen. Dabei sind Fehler von uns allen gemacht worden, auch ich habe zu lange auf den Neuaufbau mit Thomas Tuchel gehofft. Dass wir den Absturz in die Zweitklassigkeit verhindern konnten, haben wir in erster Linie Bruno Labbadia zu verdanken. Er hat unserer Mannschaft im letzten Augenblick den richtigen Team-Spirit und neues Leben eingehaucht. Liegt der Bazillus nicht in der Vereinsführung? Der HSV investierte in der vergangenen Saison knapp 40 Millionen Euro in neue Spieler. Die konnten zwar allesamt eine ordentliche Vita vorweisen, versagten aber als Team in Hamburg auffallend oft. Was ist mit mehr Fußball- Kompetenz in der Führungsebene? Horst Hrubesch war als Spieler eine HSV- Legende, hat aber nach der