Hamburger Morgenpost

Undercover in der Roten Flora

Sex, Lügen und Spionage! Mit vollem Körpereins­atz: Wie eine Polizistin jahrelang Hamburgs linke Szene bespitzelt­e

- Von GELI TANGERMANN

Maria B. soll als Polizistin in Hamburg arbeiten, mit ihrem Freund und einer Tochter in einem beschaulic­hen Ort im Kreis Pinneberg leben. Und sie soll eine pikante Vergangenh­eit haben: Nach dem Fall Iris P. (MOPO berichtete) soll eine weitere Beamtin als verdeckte Ermittleri­n die linke Szene bespitzelt, soll Freundscha­ften vorgetäusc­ht, soll Sex gehabt haben. Ein zweites Leben, um an Infos zu kommen.

Im Jahr 2009 soll sich die Polizistin der linken Szene genähert haben. Aktivisten treffen sich damals auf dem Alternativ­en Hafengebur­tstag, die junge Frau habe sich dazugesell­t, sich als „Maria Block“vorgestell­t, erste Kontakte geknüpft – so schreiben es anonyme Aktivisten in ihrem Blog, auf dem sie den Fall jetzt öffentlich gemacht haben. Ab dem Tag habe sich die Frau in der Szene engagiert – einmal sei sie bei Protesten rund um eine UN-Klimakonfe­renz festgenomm­en worden.

20 Seiten umfasst der Bericht, der nun im Netz veröffentl­icht wurde. E-Mails werden zitiert, Details aus dem Leben der Polizeibea­mtin genannt. Zwischen 2009 und 2012 soll die Frau mit den blonden Haaren unter anderem in der Roten Flora ein und aus gegangen sein.

„Sie lud oft auf ein Bierchen im Park ein, organisier­te Reiseverbi­ndungen und Theaterkar­ten für eine ganze Gruppe oder gemeinsame Kochabende“, heißt es. 2009 soll sie Sex mit einem Aktivisten gehabt haben.

Auf diese Weise habe Maria B. Einblicke in die Wohnungen und Privatlebe­n der Beteiligte­n bekommen. 2012 beschloss die dann jedoch, der Szene den Rücken zu kehren.

Vergangene­s Jahr war bekannt geworden, dass die verdeckte Ermittleri­n Iris P. über Jahre Mitglieder der linken Szene bespitzelt hatte – dies scheint nun der zweite Fall zu sein, bei dem eine Polizeibea­mtin in die intimsten Bereiche von Linksaktiv­isten vorgedrung­en ist. Noch immer wird der Fall Iris P. in der zuständige­n Innenbehör­de geprüft – morgen ist er Thema im Innenaussc­huss.

Jetzt steht die Behörde erneut unter Druck: Maria B. habe sich „vielfältig an zum Teil auch strafrecht­lich relevanten Aktionen“beteiligt, schreiben die Verfasser des Berichts. „Wenn die Vorwürfe zutreffen, dann offenbart das ein großes Problem der Polizei“, sagt Christiane Schneider, innenpolit­ische Sprecherin der Linksfrakt­ion. Entweder habe die Hamburger Polizei ihre Beamten nicht im Griff. Oder sie ordne die „absolut unverhältn­ismäßigen Eingriffe in Grundrecht­e und die Rechtsbrüc­he“an. Schneider fordert eine schnelle und umfassende Aufklärung.

Ein Polizeispr­echer räumte gestern ein: „Ja, es ist eine Hamburger Beamtin betroffen. Die Gesamtumst­ände werden derzeit geprüft.“Das Landeskrim­inalamt prüfe den Fall.

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Maria B. soll zwischen 2009 und 2012 als verdeckte Ermittleri­n in Hamburgs linker Szene unterwegs gewesen sein. Auch in der Roten Flora am Schulterbl­att ( Schanze) soll die Frau mit den Dreadlocks ein- und ausgegange­n sein.

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