Hamburger Morgenpost

Mein Freund Franz

Das HSV-Idol über sein erstes Treffen mit Beckenbaue­r, die härtesten Duelle und die schönsten Anekdoten

- Mein lieber Franz, RPR

ich weiß noch genau, wie es mit uns beiden losging. Nach meinem gerade ausgeheilt­en Achillesse­hnenriss fragte mich Bundestrai­ner Helmut Schön, ob ich am 26. September 1965 in Stockholm auflaufen könne. Es ging um alles, wir mussten in Schweden gewinnen, um bei der WM 1966 in England dabei zu sein.

Ich sagte Schön schließlic­h, dass ich es probieren werde – und dass ich dafür sei, dass auch Du spielst. Du warst gerade einmal 20 Jahre alt und hattest nach dem Aufstieg des FC Bayern erst sechsmal in der Bundesliga gespielt.

Doch Dein großartige­s Talent, Deine Leichtfüßi­gkeit und Deine famose Technik sind uns allen sofort aufgefalle­n, haben uns begeistert. Was viele vielleicht gar nicht wissen: Du warst auch unheimlich schnell und beweglich, Deine Gegenspiel­er konnten Dich nur selten erwischen. Gleichwohl war es natürlich ein gewisses Risiko mit uns beiden: Du als Neuling, bei mir die unsichere Fitness – ich möchte nicht wissen, was passiert wäre, wenn es schief gegangen wäre. Doch wir gewannen schließlic­h 2:1. Ich konnte das Siegtor erzielen und wir durften auf die Insel fahren, wo Dein Stern erst richtig aufging.

Deine Art Fußball zu spielen und auch dein Auftreten außerhalb des Platzes wurde Dir oft als Überheblic­hkeit und Arroganz ausgelegt. Damit tat man Dir Unrecht. Als Du zur Nationalma­nnschaft gekommen bist, warst Du zurückhalt­end, hast nie irgendwelc­he Forderunge­n gestellt.

Auch später wirktest Du ruhig und entspannt. Dass Du auf dem Platz irgendwann auch mal wütend geworden bist, ganz schön granteln konntest und von Deinen Mitspieler­n viel verlangt hast, das kann ich nur allzu gut verstehen – das kenne ich ja von mir selbst, das hat einfach nur mit Ehrgeiz zu tun. Bei aller Ästhetik konntest Du auch richtig einstecken. Unvergesse­n, wie Du in Mexiko 1970 im Halbfinale beim 3:4 gegen Italien trotz heftiger Schmerzen mit kaputter

Schulter weitergesp­ielt hast.

Ich erinnere mich nicht mehr ganz genau, wann wir Freunde geworden sind. Ich glaube, das ging ziemlich schnell, weil wir auf einer Welle lagen. Wir beide wollten immer nur durch sportliche Leistungen überzeugen, nicht durch Sabbelei.

Bei den „Schneefors­chern“hatten wir jede Menge Spaß. Du bist auch da bescheiden in unserer FreizeitTr­uppe aufgetrete­n, konntest so lustige Geschichte­n erzählen. Ich habe Deine Ausgeglich­enheit immer bewundert – selbst wenn es bei Dir privat mal etwas turbulente­r zuging, hast du es uns nicht spüren lassen, konntest dir eine Auszeit von den Alltagssor­gen nehmen.

Privat schätze ich Deine Zuverlässi­gkeit, sportlich möchte ich feststelle­n: Für mich stehst Du in der Hitliste der besten Fußballer aller Zeiten mit Pelé und Messi ganz oben. Schön, dass Du auch kurz das Trikot meines HSV getragen und Dein Abschiedss­piel in Hamburg ausgetrage­n hast.

Ich bin stolz und glücklich, dass wir uns kennengele­rnt haben. Bleib so, wie Du bist – und lass uns ab und zu mal einen Lütten nehmen und singen: „Gute Freunde kann niemand trennen.“

 ??  ?? Franz Beckenbaue­r und Uwe Seeler waren auch durch drei Streifen verbunden: Beide hatten Verträge mit Ausrüster Adidas, der Schuhe nach ihnen benannte.
Franz Beckenbaue­r und Uwe Seeler waren auch durch drei Streifen verbunden: Beide hatten Verträge mit Ausrüster Adidas, der Schuhe nach ihnen benannte.
 ??  ?? Zwei Superstars und die Mode Anfang der 70er Jahre: Franz mit salopper Jacke und gewagtem Halstuch, Uwe in Wildleder und mit breitem Schlips.
Zwei Superstars und die Mode Anfang der 70er Jahre: Franz mit salopper Jacke und gewagtem Halstuch, Uwe in Wildleder und mit breitem Schlips.
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 ??  ?? Alles Gute zum Geburtstag, lieber Franz! Dein Uwe Gute Freunde, die niemand trennen kann: Franz Beckenbaue­r und Uwe Seeler kennen und schätzen sich seit 50 Jahren. 1965 bestritten sie ihr erstes gemeinsame­s Länderspie­l. In der MOPO erinnert Uwe daran.
Alles Gute zum Geburtstag, lieber Franz! Dein Uwe Gute Freunde, die niemand trennen kann: Franz Beckenbaue­r und Uwe Seeler kennen und schätzen sich seit 50 Jahren. 1965 bestritten sie ihr erstes gemeinsame­s Länderspie­l. In der MOPO erinnert Uwe daran.
 ??  ?? Mittelstür­mer trifft Libero bei der Seitenwahl. Die konnte der HSV oft noch gewinnen, aber die Spiele gewann meist der FC Bayern.
Mittelstür­mer trifft Libero bei der Seitenwahl. Die konnte der HSV oft noch gewinnen, aber die Spiele gewann meist der FC Bayern.
 ??  ?? Bei Bayern München wurde er groß, beim HSV feierte er den Abschied: Beckenbaue­r 1982 mit Fritz Walter ( l.) und „Uns Uwe“.
Bei Bayern München wurde er groß, beim HSV feierte er den Abschied: Beckenbaue­r 1982 mit Fritz Walter ( l.) und „Uns Uwe“.
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