Ein bittersüſser Rap-Engel
Angel Haze (23) hat viel erlebt und kommt bald ins Mojo Laibach live im Knust: Wenn aus den Zuschauern Soldaten werden
Heute werden die Club-Awards im Uebel und Gefährlich verliehen! Neben dem besten Konzertprogramm, dem Konzert des Jahres, der besten Newcomer-Förderung und weiteren Kategorien gibt’s auch einen Publikumspreis. Molotow? Mojo? Hasenschaukel? Hafen-
Als Kind hat meine Mutter mehrmals versucht, mich umzubringen.“Uff ! Rapperin Angel Haze – mindestens genauso schön und grazil wie Aaliyah – hat krasse Geschichten zu erzählen. Sie reagiert mit schwarzem Humor darauf und freut sich, noch am Leben zu sein. Mit ihren 23 Jahren hat sie ein bewegtes Leben hinter sich. Als Raykeea Roes Wilson wächst sie in Detroit (Michigan) auf – zutiefst unglücklich, sexuell missbraucht. Ihr Umfeld ist fanatisch religiös und verbietet ihr alles: Spaſs, Musik, Mode, Jungs, Inspirationen. Zum Glück macht ihre Familie einen vernünftigen, radikalen Schnitt und zieht nach New York.
Von Brooklyn aus entdeckt Angel Haze die Welt – und die Popmusik. Sie fängt an, selbst Schon der MerchandiseStand lieſs vermuten, dass das kein normales Konzert am Dienstagabend im Knust werden würde: weiſse Armbinden, politische Abzeichen, sozialistische Propaganda-Plakate. Die slowenische Band Laibach provoziert zu gern mit dem Fragwürdigen. Oder ist das Ganze nur Satire? Die Band spielte sogar schon in Nordkorea, Kim Jong Un ist offenbar Fan.
An eine Diktatur erinnert auch Laibachs Auftritt: Das Publikum ist gefangen. Blitze, Stimmengewirr, verängstigtes Atmen, Schreie, Schüsse – der Bass klingt nach Erdbeben. Ist das brachialer Techno oder herrscht hier Krieg? Texte zu schreiben. Sie verarbeiten natürlich ihre Vergangenheit, aber handeln auch von ihrer neu gewonnenen Freiheit: „I run New York“, rappt sie selbstbewusst und erhebt sich damit mal eben über den Geburtsort von HipHop, The Notorious B.I.G. , Jay Z und all die anderen groſsen Rapper, die daher kommen.
Mixtapes folgen, sie unterzeichnet bei einem Major-Label und gewinnt Preise. Weil sie sich von der Plattenfirma nicht angemessen unterstützt fühlt, leakt sie 2013 ihr sehr poppig geratenes Debütalbum „Dirty Gold“aus Rache vorzeitig online. Ihr aktuelles Projekt heiſst „Back To The Woods“. Was ihr auf ihrem Plastik-Debüt verwehrt blieb, lebt sie nun aus: düstere Wums-Beats, brachiale Ehrlichkeit und echtes Rap-Können. Der kiffende Engel tritt Dienstag im Mojo-Club auf. Sänger Milan Fras verkündet im tiefen Befehlston: „Now you will pay!“Aus den Zuschauern werden Soldaten. Die Stille und das Klatschen zwischen den Songs sind pure Erleichterung. Nach einer
Mojo-Club: 26.1., 20 Uhr, 23 Euro
Pause, in der ein Walzer vom Band läuft, folgt das hysterische, aber vom Pop angehauchte Finale. Sängerin Mila Spiler indoktriniert mit einem Megafon. Kein Konzert, sondern Schwerstarbeit!