Austausch-Reisen für Schüler bald unbezahlbar
Schulbehörde zahlt nur noch die Lehrer-Kosten für Pflichtreisen. Finanzierung ist künftig Schulsache
Von JANINA HEINEMANN
Es klingt so gut: 600 000 Euro zusätzlich macht die Schulbehörde künftig für Klassenfahrten locker. Lehrer bekommen nun ihre Reisekosten komplett erstattet. Der Haken: Die Regelung gilt nur für sogenannte Pflichtreisen, nicht aber für zusätzliche Fahrten wie Austauschprogramme oder eine zweite Klassenreise in der Mittelstufe.
Viele Schulen stehen deshalb jetzt vor einem Finanzierungsproblem. „Wir haben nicht den Luxus, aus dem Vollen zu schöpfen“, sagt Christian Klug (58). Er ist Schulleiter des Gymnasiums Lerchenfeld und Vorstandsmitglied der Vereinigung der Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS). „Geld, das wir künftig in Austauschprogramme investieren, müssen wir anderswo einsparen.“
Bisher bekam jede Schule den Mittelwert ihrer ReiseAusgaben der vergangenen vier Jahre zugeteilt. „Schulen, die viel Engagement gezeigt Christian Klug (58) ist Schulleiter des Gymnasiums Lerchenfeld.
haben, wurden belohnt“, sagt Klug. „Jetzt geht es Schulen, die mehr als das Pflichtprogramm machen, schlechter.“Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, hingegen nennt Finanzierungs-Möglichkeiten: „Niedrige Kosten bei Pflichtreisen und Rabatte bei Bahntickets werden ins Schulbudget überführt und stehen für andere Reisen zur Verfügung.“Die Schulen könnten so eigene Schwerpunkte setzen.
„Das ist völlig unrealistisch“, sagt Klug. „Ein Austausch kostet mitsamt Hotel, Eintritten und Reisekosten rund 4000 Euro.“Für das Gymnasium Lerchenfeld hieße das beispielsweise, bei anderen Klassenfahrten 8000 Euro für den China- und den Spanien-Austausch einsparen zu müssen. Utopisch. Dabei seien gerade Reisen zu ausländischen Partnerschulen wichtig.
„Die Austausche haben einen hohen Wert. Sie sind eine direkte Begegnung mit fremden Kulturen“, sagt Klug. „Schüler entwickeln Vertrautheit, lernen Rücksichtnahme, relativieren Gewohnheiten, sind stolz, wenn sie den Austausch durchgestanden haben. Das ist eine persönliche Bewährungsprobe.“Er ist davon überzeugt, dass Austauschprogramme zum Bildungsauftrag gehören. Das sieht auch Friederike so.
Die 18-Jährige hat sowohl am Spanien- als auch am China-Austausch teilgenommen. Jeweils zwei Wochen lebte sie in Gastfamilien. „Spanien hat mir sprachlich einen großen Lernerfolg gebracht“, sagt die Abiturientin. „Auch persönlich habe ich einen extremen Entwicklungsschub gemacht. Ich kam mit meiner Austauschschülerin nicht klar, musste lernen, mit der Situation umzugehen.“China hätte sie überrascht: „Ich hatte keinen Kulturschock. Die Themen beim Abendessen waren dieselben wie zu Hause.“
Maria ging es ähnlich. „Ich habe mich in Schanghai verliebt“, sagt die 16-Jährige. „Ich jetzt eine ganz anderen Blick auf China, Deutschland und die Welt.“Gerade diese erweiterte Weltsicht, die Selbstreflektion, zeichnet Austauschprogramme aus. Friederike: „Ein Austausch ist eine super Sache. Es ist völlig unverständlich, dass das Geld gestrichen wird. Gerade jetzt, wo Europa zusammenwachsen muss.“
Klug ergänzt: „Die Beziehungen zu ausländischen Partnerschulen sind sehr empfindliche Konstruktionen.“Über Jahre gewachsen, befürchten die Schulleiter, dass die Partnerschaften nun zerstört werden. „Das alles ist unbefriedigend und eine Missachtung der Aktivität engagierter Lehrer.“