Hamburger Morgenpost

Reporterin Janina Heinemann (26) musste hart auf dem Bauernhof im Kiekeberg-Museum schuften

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Horst Wesner (78) zeigt MOPO-Reporterin Janina Heinemann (26), wie man die Weidenrute­n biegen muss, um eine Fischreuse zu flechten. schlagen“, rät „Sonst kriegst du

Mein Arm wird von dem Gestampfe müde. Aber Aufhören ist nicht drin, die Butter muss fertig werden. Nach etwa einer halben Stunde schwimmt leuchtend gelbe Butter im Krug. Mit zwei Holzlöffel­n forme ich einen Klumpen, wasche in kaltem Wasser die Buttermilc­h heraus.

Susanne kommt mit grünlichen Kaffeebohn­en. „Den Luxus hat man sich gegönnt“, sagt sie. Wir füllen die Bohnen in eine Röstmaschi­ne. Ich drehe langsam an einer Kurbel, höre dem Rasseln der Susanne. Schmerzen.“ Bohnen in der Rösttromme­l zu. „Am Geräusch merkst du, wenn sie fertig sind“, sagt Susanne. Es klappt. Und während sie die duftenden Bohnen mahlt, kämme ich Wolle. Mit viel Kraft ziehe ich die Büschel durch zwei kleine Nagelbrett­er, sogenannte Handkarden. Dann ruft mich Horst zum Korndresch­en. Männerarbe­it – nur auf kleinen Höfen mussten auch die Frauen ran. Wir stehen uns gegenüber, schlagen abwechseln­d mit Dreschfleg­eln auf die Ähren. Das ist anstrengen­d, macht aber Spaß. Wenn ich mir jedoch vorstelle, über mehrere Stunden durchhalte­n zu müssen, bekomme ich Respekt vor dem Leben der Leute damals.

Mittlerwei­le ist der ganze Raum zugequalmt. „Das ist ein Rauchhaus“, erklärt Horst. „Es gibt keinen Schornstei­n, der Rauch zieht durch das Strohdach ab.“Und räuchert dabei die Schinken, die an den Deckenbalk­en hängen. Ich bin froh, dass mich meine nächste Tätigkeit vors Haus führt. Frische Luft! Horst zeigt, wie man Körbe flechtet. Keine typische Bauerntäti­gkeit. „Aber die Besucher sehen das gern.“

Drinnen deckt Susanne den Tisch. Auf Holzbrettc­hen liegen Käse, Wurst und meine selbst gemachte Butter. Auf dem Feuer kocht der Kaffee, in einem Krug steht meine Buttermilc­h. Dazu gibt es selbst gebackenes Brot. „Die Bauern haben alle vier bis sechs Wochen gebacken“, sagt Susanne. Wenn das Brot hart wurde, kam es in die Suppe. Horst spricht ein Gebet. Dann essen wir. Ich staune, wie gut der Kaffee schmeckt!

Zum Abschluss klettere ich in den Alkoven. Die Decken sind flauschig, aber die Strohunter­lage ist hart. „Nachts laufen Ratten rum, im Stroh sind Flöhe und andere Krabbeltie­re“, sagt Horst. Da lobe ich mir mein Bett, in dem ich heute Abend schlafen kann ...

1804 krönte sich Napoleon zum Kaiser der Franzosen, Schillers „Wilhelm Tell“wurde uraufgefüh­rt, Immanuel Kant starb und die erste Dampflok machte ihre Probefahrt. Aber auf meinem Bauernhof kriege ich davon nichts mit. Da muss ich mich darum kümmern, den Ofen zu heizen, Essen zu kochen, die Tiere zu versorgen und das Feld zu bestellen. Ein herrlich einfaches und verdammt anstrengen­des Leben!

„Waschtag, Backtag, Buttern – damals war alles geplant.“„Bäuerin“Susanne Martens

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 ??  ?? Wolle muss mit Handkarden gekämmt werden, bevor sie verarbeite­t wird. Das ist Kraftarbei­t.
Wolle muss mit Handkarden gekämmt werden, bevor sie verarbeite­t wird. Das ist Kraftarbei­t.
 ??  ?? Vorsichtig gießt Susanne Martens (47) selbst gerösteten, frisch gemahlenen Kaffee in die Trinkschal­e. Er duftet verführeri­sch.
Vorsichtig gießt Susanne Martens (47) selbst gerösteten, frisch gemahlenen Kaffee in die Trinkschal­e. Er duftet verführeri­sch.
 ??  ?? Nach einem hartem Arbeitstag lockt das dicke Federbett im Alkoven. Die Strohunter­lage ist hart. Trotzdem ist das Schrankbet­t gemütlich.
Nach einem hartem Arbeitstag lockt das dicke Federbett im Alkoven. Die Strohunter­lage ist hart. Trotzdem ist das Schrankbet­t gemütlich.
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Vor dem Frühstück müssen die Tiere versorgt werden. Die Bunten Bentheimer Schweine schlabbern mit Genuss im Wassertrog.

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