Auf Hafen-Tour mit den singenden Seefrauen
Frauen und Shantys? Aber sicher! „Franz Albers und Käpt’n Kruse“machen „derben Schlager“
Von MARLENE BORCHARDT
Sie singen Shantys, machen Seefrauenmusik. Mit ihrem Schifferklavier, Sehnsucht in den alten Melodien und einer Menge Eigenwilligkeit. Sie, das sind Wiebke Wilhelmine Kruse (27) und Franziska Rademacher (28) – die Köpfe der Band „Franz Albers und Käpt’n Kruse“.
Die MOPO trifft die beiden am Hafen: Dicht gedrängt sitzen auf der Fähre rechts Touristen, links wird ein Junggesellenabschied gefeiert. Es riecht mehr nach Fischbrötchen als nach Freiheit. Wiebke Kruse holt ihr Schifferklavier raus, sie und ihre Partnerin fangen an zu singen: „Heut geht es an Bord, heut’ segeln wir fort, lustig, heut’ ist heut’...“
Ihre weiten Hosen flattern im Wind. Fischerhemden tragen sie nicht, mögen sich nicht verstellen. Eine Frau stimmt mit ein.
Ihre Leidenschaft, das sind die alten Melodien. „Ich habe einen Stapel alter Noten von meinem Onkel bekommen“, erzählt Wiebke Kruse. „Noch so richtig mit Bierabdrücken drauf.“
So war die Idee vor vier Jahren geboren, so lange singen die beiden schon Shantys. Auch wenn das für Frauen ungewöhnlich ist. Die Sängerinnen kapern die Lieder einfach, machen sie zu ihren. Manche Texte von Freddy Quinn und Hans Albers sind aus weiblicher Sicht ein bisschen schwer verdaulich: „Wir singen nicht zehn Strophen, in denen eine Frau nichts anderes macht, als auf einen Seemann zu warten.“
In dem Lied „Ich liebte ein Mädchen“singen sie: „Ich liebte einen Jungen“und in den Texten finden sie auch mal die Freundin ganz heiß.
Die beiden sind richtig erfolgreich mit ihrer „derben Kurzer Schnack beim Termin mit der MOPO: Die Shanty-Sängerinnen plaudern mit Jörg Bunde (78), der 30 Jahre lang zur See fuhr. maritimen Schlagermusik“, wie sie sie selbst nennen. Sogar in Österreich, hier waren sie gerade mit der Band „Die Strottern“auf Tour.
Generell heißt es im Moment: Back to Dialekt. Bands wie Wanda singen kantigen Pop mit österreichischem Dialekt. BAP ist mit Kölschrock supererfolgreich. Auch Ina Müller brachte ein PlattAlbum raus.
Wie das kommt? „Ich glaube, in einer Welt, in der wir in diesem Moment auch nachschauen können, was in den USA ist, fragen viele nach ihrem Ursprung“, sagt Franziska Rademacher. Außerdem gehe es in den alten Schlagern um Heimat, Fernweh und die Liebe – Gefühle, die jeder kennt.
Die beiden machen vielleicht alte Musik, aber mischen die Texte mit modernen Ansichten und jeder Menge Charme: „Denn das ist unsere heutige Realität“, sagen die beiden, ganz nach Seefrauenmanier eben.