„IS will Flüchtlinge diskreditieren“
Interview Der Terror-Experte Stephan Humer über die Strategie der Kopfabschneider-Miliz
Wie groß ist die Terrorgefahr aus den Flüchtlingscamps? Die MOPO sprach mit Dr. Stephan G. Humer über den verhinderten ISTerroranschlag in Düsseldorf. Humer ist im Vorstand des Netzwerkes Terrorismusforschung.
MOPO: Herr Humer, welche Erkenntnisse ziehen Sie aus diesem Ziel? Stephan Humer:
Dass es nicht nur die großen Städte wie Berlin, Hamburg, München als potenzielle Terrorziele gibt, sondern auch mittlere Städte wie Düsseldorf. Es gibt keine ruhigen Räume ohne Terrorgefahr.
Aber warum gerade Düsseldorf?
Im Kopf der Täter könnte es eine Rolle gespielt haben, dass es in Nordrhein-Westfalen und im Rheinland eine sehr aktive Salafisten-Szene gibt. Vielleicht hat man auf Helfer gehofft, wenn es darauf ankommt. Haben Polizei und BKA die Gefahr aus den Flüchtlingsheimen unterschätzt? Nein, das war denen schon klar. Aber es könnte sein, dass die Politik die Gefahr unterschätzt hat.
Was steckt hinter dieser Strategie des IS?
Man will nicht nur einen Terroranschlag verüben, sondern auch die deutsche Hilfe für Flüchtlinge diskreditieren und die Stimmung aufheizen. Stellen Sie sich vor, welcher Effekt entstünde, wenn herauskäme, dass Terroristen als vermeintliche Flüchtlinge die Hilfe und das Sozialsystem ausgenutzt hätten. Das ist aus Sicht des IS ein lohnendes Ziel.
Bei den Anschlägen von Paris und Brüssel war Deutschland für die Islamisten ein Rückzugsraum und Transitland, ein Ort zur Waffenbeschaffung. Bleibt das so?
Nein, alle Experten sind sich darüber einig, dass es Terroranschläge geben wird, es ist nur die Frage wann. Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es auch bei uns nicht.
Sind die deutschen Terrorfahnder wirklich so gut aufgestellt, wie sie gerne behaupten?
In vielen Bereichen ja. Allerdings gibt es bei der Suche nach dem IS im Internet große Versäumnisse, der Kompetenzmangel bei der Fahndung im digitalen Raum ist erschreckend. Das Interview führte DIERK ROHWEDDER