Der Stadt fehlen Flüchtlinge
Millionen für Hallen gezahlt, die leerstehen MEINE MEINUNG Schließung der Balkan-Route führt zu ungenutzten Gebäuden und zu Arbeitsmangel bei Sachbearbeitern
Von STEPHANIE LAMPRECHT
Kaum Flüchtlinge im nagelneuen „Ankunftszentrum“in Meiendorf, gähnende Leere in der Riesenhalle in Lohbrügge, die die Stadt im Februar für 7,5 Millionen Euro gekauft hat. Der Senat erwartete 2016 40 000 neue Flüchtlinge. Inzwischen steht fest: Die Zahl ist viel zu hoch – doch das Erstellen neuer Prognosen gestaltet sich schwierig.
Im Ankunftszentrum in Meiendorf kümmern sich derzeit 20 Sachbearbeiter des Bundesamtes für Migration (BAMF) um Asylanträge. Demnächst soll die Zahl auf 64 erhöht werden, heißt es aus der BAMF-Zentrale in Nürnberg. Doch es kommen im Schnitt nur täglich 30 „Antragssteller“, wie das BAMF mitteilt. An manchen Tagen nicht einmal 10.
41,5 Millionen Euro hat das moderne Zentrum gekostet, das am 1. Juni offiziell den Betrieb aufnahm. Binnen fünf Tagen sollen bis zu 1000 Asylbewerber gleichzeitig hier durch das Verfahren geschleust und dann gleich auf Folgeunterkünfte Die Stadt hat für 7,5 Millionen Euro ein Sportcentrum gekauft. Toll für den Verkäufer. So viel hätte wohl niemand sonst für eine Halle unter einer Starkstromleitung bezahlt. Ist der rot-grüne Senat im „Panikmodus“, wie die CDU-Opposition sagt? Man kann sich wundern, warum im Februar, als sich die Schließung der Balkanroute schon abzeichnete, noch Millionen für eine weitere Erstaufnahme auf den Tisch gelegt wurden. Aber es ist wohlfeil, Verschwendung anzuprangern, wenn man selbst nichts entscheiden muss. Die CDU hat das Glück, dass sie in dieser einmalig schwierigen Situation in der Opposition ist. Ja, der Senat hält Plätze vor, die er vielleicht nie braucht. Nicht optimal, aber besser als wieder so ein Chaos wie im Herbst 2015.
STEPHANIE LAMPRECHT
stephanie.lamprecht@mopo.de verteilt werden. Während ihr Asylverfahren läuft, sollen die Flüchtlinge in der „Zentralen Erstaufnahme“auf dem Gelände wohnen.
Die Schließung der Balkanroute führt zu massivem Leerstand. In Hamburger Erstaufnahmen sind fast 4000 Plätze unbelegt. Und ob in dem einstigen „DimaSportcenter“in Lohbrügge jemals wie geplant 1000 Flüchtlinge einziehen werden, weiß niemand. Für längeres Wohnen ist die 7,5Millionen-Euro-Halle unter der Starkstromleitung ohnehin nicht geeignet. „Der Kauf der Halle war bereits im Februar total abwegig“, kritisiert der CDUBürgerschaftsabgeordnete Dennis Gladiator, „da wurden Millionen rausgeworfen. Der Senat ist im Panikmodus.“Das weist Flüchtlingskoordinator Anselm Sprandel weit von sich: „Im vergangenen Jahr wurde uns vorgeworfen, dass wir auf die große Zahl von Flüchtlingen nicht vorbereitet waren“, sagte er auf einer Podiumsdiskussion vom Naturschutzbund, „jetzt wirft man uns vor, dass wir Plätze vorhalten, auch wenn wir sie zurzeit nicht brauchen.“
Die Erwartung von 40 000 neuen Flüchtlingen sei aber überholt, räumt Sprandel ein: „Wir erarbeiten derzeit eine neue Prognose. Aber das ist extrem schwierig.“
„Wir erarbeiten eine neue Prognose der Flüchtlingszahlen.“Koordinator Anselm Sprandel